Mit dem Finger über Dächer

11.11.2009, 00:00 Uhr
Mit dem Finger über Dächer

© Fengler

Wenn Gustav Doubrava Besucher von außerhalb auf die Burgfreiung führte, dann deutete er mit der Hand bloß in die ungefähre Richtung und verkündete: «Und dies dahinten, das müsste der Noricus sein.» Denn Gustav Doubrava ist blind.

Damit auch Blinde und Sehbehinderte einen Eindruck von dem einmaligen Nürnberg-Panorama erhalten, prangt seit gestern eine Bronzetafel auf der Burgmauer. Einen Meter lang und 30 Zentimeter hoch, präsentiert sie die Ansicht als Tastrelief. Zuunterst hebt sich der Grundriss der Burg vom Untergrund ab. Darüber reiht sich die Kette der Hausdächer unmittelbar vor der Burgfreiung. Und darüber erhebt sich ein Gewirr aus Linien und Hervorhebungen, die das Dachpanorama verbildlichen. Aus diesem Gewirr heben sich noch einmal als erhabene Flächen die Silhouetten der Kirchen, Tortürme und markantesten Bauwerke heraus. Ganz oben stehen die Namen der Bauwerke sowohl in normalen Buchstaben, als auch in Brailleschrift.

Die Idee dazu hatte der «Verein der Gästeführer Nürnbergs» bereits vor zwei Jahren. Der Standort für die Tafel war auch schnell ausgemacht, und die Damen des «Inner Wheel Club Nürnberg», sozusagen die bessere Hälfte des «Rotary Club», steuerten zusammen mit dem Wirtschaftstreferat das Geld für die Tafel bei. Der Künstler Adolf Held fertigte erst einmal Zeichnungen und Modelle für die Tafel an und ließ sie von Blinden abtasten, ob Haptik und Taktilität ausreichten, bevor er zum Bronzeguss schritt.

Doch die eigentlichen Schwierigkeiten bereiteten die Denkmalschutzbehörden. «Wenn etwas Neues an ein denkmalgeschütztes Gebäude, wie die Burg es ist, angebracht werden soll, dann geht der Papierkrieg los», seufzt Karin Ecker, Museumspädagogin und damalige Präsidentin des «Inner Wheel Club». Zur Debatte stand, ob die Tafel auf der Mauer verdübelt werden oder lieber auf einem Tisch vor der Mauer liegen sollte. «Aber fangen Sie mal an, ein paar Löcher in den Burgboden zu buddeln, schon kommen die Archäologen!»

Also einigte man sich salomonisch: Die Bronzetafel liegt zwar auf der Sandsteinmauer, doch die Krampen, die sie halten, sind in die Zementfugen zwischen den Sandsteinen versenkt. «Die Zementfugen sind fester als der Sandstein», verrät Adolf Held. «Und die Bronzetafel dürfte mehrere Hundert Jahre halten!» Mal gucken, wie unsere Urururururenkel die Tafel einst empfinden werden.

Um die Kosten aufzufangen, veranstaltet der «Inner Wheel Club» am Freitag und Samstag, 27./28 November, im Pfarrhof von St. Sebald einen Weihnachtsbasar mit Gebäck, Marmelade und Likör. Also: Kommet und kaufet. Reinhard Kalb

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