Neues Wohnviertel in Wetzendorf: Der Bund Naturschutz sorgt sich
2.5.2021, 05:47 UhrNoch ist nur Acker. Bald aber sollen entlang des Wetzendofer Landgrabens über 3000 Menschen leben. Es ist nach dem Stadtteil, der an der Brunecker Straße entsteht, eines der größten Neubaugebiete in Nürnberg. Neu-Wetzendorf, wie es manche nennen.
Vor 2024 kein Bagger
Bis die Menschen hier aber einziehen können, wird es noch dauern. Als die Stadt 2018 die ersten 1350 Wohneinheiten mit Platz für rund 2800 Bewohner beschließt, ist der Baubeginn für 2022 angepeilt. Dem erteilt Daniel Ulrich jetzt eine Absage.
Noch in diesem Jahr will der Baureferent zwar mit ersten Plänen in den Stadtrat, um das Bebauungsplanverfahren voranzutreiben. Bis daraus aber "echtes Baurecht" werde, würde es noch dauern. "Vor 2024 sehe ich da keine Bagger."
Auch weil der Stadt bei weitem nicht alle Flächen gehören, "inzwischen ist aber eine ausreichend große Menge an Land gekauft, um ein Umlegungsverfahren starten zu können", sagt der Baureferent. Heißt: Die Grundstücke werden getauscht und neu angeordnet. "Das ist noch nicht die ganz große Lösung bis zur Bamberger Straße, es ist aber der lange gewünschte Einstieg rund um den Wetzendorfer Landgraben."
Sorge um Kiebitz und Rebhuhn
Noch vor der "großen Lösung" aber gibt es ein kleines Problem - oder eher viele kleine. Der Bund Naturschutz ist in Sorge um die, die schon jetzt dort leben. "Am Wetzendorfer Landgraben und Seegraben brüten etliche geschützte Vogel- und Fledermausarten", teilt der BN Nürnberg in einer Erklärung mit. Darunter der Kiebitz und das Rebhuhn.
Die Bodenbrüter haben ihre Nester in den Äckern, auch im südlichen Knoblauchsland. Außerdem zählt der Bund Naturschutz vor Ort "elf erfasste Biotope und eine Reihe großer, erhaltenswerter Einzelbäume und Gehölze".
Eine Umweltprüfung vor drei Jahren habe "erheblich nachteilige Auswirkungen auf den Wasserhaushalt und die Tier- und Pflanzenwelt" gezeigt. Stattdessen gehen mit dem Bau landwirtschaftliche Flächen und Biotope verloren, "die nicht durch artenschutzrechtliche Maßnahmen kompensiert werden können".
"Lieber Industrieareale nutzen"
Auch weil Landwirte so gezwungen seien, noch mehr Gewächshäuser zu bauen. Das Fazit des Schreibens von BN-Geschäftsführer Wolfgang Dötsch und der Leiterin der Ortsgruppe Knoblauchsland, Elfriede Kolb-Eisner: "Der Bund Naturschutz fordert daher, auf die Bebauung dieser ökologisch wertvollen Flächen zu verzichten und stattdessen still gelegte Industrieareale zu nutzen."
Das wundert Tobias Schmidt. Der Vorsitzende des Vorstadtvereins Nürnberg-Nord ist zwar nur mit einem kleinen Teil Schnepfenreuths zuständig, dennoch erinnert er sich an zahlreiche Veranstaltungen zu dem Vorhaben. "Seit fünf Jahren wird diskutiert - da hätte man sich längst einbringen können." Schließlich handle es sich um ein "wichtiges Stadtentwicklungsthema".
Sven Heublein hat zwei Infoveranstaltungen zu dem Entwicklungsgebiet organisiert, "dazu sind knapp 200 Leute gekommen", sagt der Vorsitzende des Bürgervereins St. Johannis, Schniegling und Wetzendorf. Gefragt worden sei dabei nach dem viel diskutierten Bypass, aber auch um Kitas und Nahversorgung ging es. "Die Frage an die Verantwortlichen war: Was habt ihr vor? Nicht: Wie könnt ihr das machen?"
Der Wunsch, das Projekt zu stoppen, ist Heublein neu. Zwar wundert auch er sich über den Zeitpunkt, "die Frage aber, was mit Flora und Fauna geschieht, ist legitim". Das sagt auch Daniel Ulrich. Obwohl die Flächen in Wetzendorf seit Urzeiten im Flächennutzungsplan stehen, "sind sie natürlich Freiraum, auch von gewissem ökologischen Wert".
Elf Hektar großer Park
Die Planung aber, betont der Baureferent, soll die Eingriffe mehr als nur auszugleichen. Ziel ist schließlich auch ein elf Hektar großer Park entlang des Landgrabens. "Das ist die größte Park-Neuplanung seit dem Krieg." Ursprünglich sind acht Hektar vorgesehen gewesen, aus ökologischen Gründen aber ist er größer geplant.
Es soll ein Mix kommen aus "naturnahen Flächen, Erholungsflächen und Spielflächen". Oberirdisch werde das Quartier autoarm, mit Car-Sharing, Mobilitätsstationen und einem Radweg am nördlichen Rand. Dort aber werde der "Baumbestand weitgehend geschont".
Die Meinung des BN werde auch einfließen, sagt Ulrich, "so wie die anderer Verbände und Menschen", sagt Ulrich. Das Umweltreferat werde sich dann ein Bild machen. "Sicher ist: Die Verwaltung macht es sich nicht leicht, wenn wir freie Flächen wegen des Stadtwachstums planerisch angehen müssen", sagt Ulrich. Auch das sei ein Grund, "warum das dann doch sehr lange dauert".
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