Nürnberg hat endlich eine Technische Hochschule

23.03.2013, 06:53 Uhr
Nürnberg hat endlich eine Technische Hochschule

© Günter Distler

Doch genau das will die bayerische Staatsregierung mit der Vergabe des Titels Technische Hochschule an die Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg erreichen. „Die Frankenmetropole soll international weiter an Bedeutung gewinnen“, sagte Finanzminister Markus Söder (CSU) bei einem offiziellen Festakt, bei dem er und Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) dem NIT-Präsidenten Prof. Michael Braun eine große Urkunde überreichten.

Braun wiederum nennt das gerne „Balsam für die Nürnberger Seele“. Damit habe der Freistaat „einen 150 Jahre alten Fehler zwar spät, aber immerhin doch noch korrigiert“.

Denn um das Jahr 1860 wurden viele polytechnische Schulen in Deutschland zu Technischen Hochschulen aufgewertet. In Bayern bekam indes nur die Einrichtung in München den begehrten Titel, das „Ohm“ in Nürnberg jedoch nicht — offenbar ein Trauma im kollektiven Gedächtnis Nordbayerns.

Ansonsten hat das „Ohm“ – ganz anders als zum Beispiel der 1. FCN — in seiner mittlerweile 190-jährigen Geschichte nur Aufstiege zu verzeichnen: 1823 die Gründung durch Johannes Scharrer, 1833 die Überleitung zum Staatlichen Polytechnikum – verbunden mit der Verpflichtung des späteren Namensgebers für den elektrischen Widerstand, Georg Simon Ohm, als Professor. 1971 dann gehörte das Polytechnikum zu den ersten acht Höheren Fachschulen in Bayern, die den Status des damals neu eingeführten Typs Fachhochschule bekamen. 1983 wurde diese Fachhochschule die einzige in Deutschland mit einem eigenen Namen — dem von Georg Simon Ohm.

Rivalität mit der Uni

Ab 2007 schließlich durfte die Hochschule das ihr inzwischen verhasste „Fach-“ im Namen ablegen und sich „Hochschule für Angewandte Wissenschaften“ nennen. Der englische Begriff dafür, „University of Applied Sciences“, machte die Verwirrung endgültig komplett.

Andererseits schaffte er zumindest sprachlich eine Ähnlichkeit zur benachbarten Universität Erlangen-Nürnberg, mit der das „Ohm“ seit Jahrzehnten – allen Kooperationsabkommen zu Trotz – eine kernige Rivalität pflegt. Die ist zeitweilig geprägt von einer gewissen Herablassung seitens der Uni sowie einer seltsamen Mischung aus Neid und Minderwertigkeitskomplex seitens des „Ohm“ — für beide Positionen gab und gibt es eigentlich keinerlei Veranlassung.

Jetzt werden die Karten neu gemischt — das „Ohm“ bekommt ein paar Trümpfe auf die Hand. Dazu zählt nicht nur das Türschild „NIT“, sondern vor allem mehr Geld.Eine Million Euro pro Jahr zusätzlich gibt es aus dem bayerischen Haushalt. Damit will das „Ohm“ Stellen für einen sogenannten akademischen Mittelbau schaffen, den es an Universitäten seit jeher gibt, an Fachhochschulen eben gar nicht.

Gemeint sind Assistenten, die den Professor bei seinen Lehr- und Forschungsaufgaben unterstützen. Und je besser ein Professor personell ausgestattet ist, umso größer werden seine Chancen, weiteres Geld von Fördereinrichtungen und aus der Industrie einzuwerben.

Mit 12,5 Millionen Euro Einnahmen im Jahr 2012 ist die Ohm-Hochschule schon jetzt die drittmittelstärkste in Bayern und unter den Top Ten in Deutschland. Doch mittelfristig will Präsident Braun mehr — im Konzert der ganz Großen mitspielen.

Dabei schwebt ihm keinesfalls die simple Kopie einer Uni vor, sondern eine „völlig neue Hochschulform jenseits der traditionellen binären Struktur“ von Uni und Fachhochschule. Was das bedeutet, wird sich erst noch zeigen. „Es hat sehr viel Zeit und Mühe gekostet, wirklich TH zu werden“, sagt Braun. „Aber die richtige Arbeit, die fängt jetzt erst an.“

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