Feuerwehr immer noch im Einsatz
Nürnberg landunter: Die Nachwirkungen des heftigen Unwetters hielten die Stadt am Freitag auf Trab
18.8.2023, 21:24 UhrDas Unwetter hat am Donnerstag Teile der Innenstadt unter Wasser gesetzt. Der Frankenschnellweg mutierte zum Kanal, geflutete Unterführungen versperrten die Fahrt und U-Bahnschächte liefen voll. Die Feuerwehr sprach am Donnerstagabend von einer "Flächenlage", also einer Situation, die das gesamte Stadtgebiet erfasst.
An einigen Stellen im Stadtgebiet regnete es binnen zweieinhalb Stunden so viel wie sonst in einem ganzen Monat. Auf dem Frankenschnellweg fielen in dieser Zeit beispielsweise 90 Liter pro Quadratmeter. Binnen weniger Stunden arbeiteten die Retter Hunderte Einsätze ab, Keller mussten ausgepumpt, umgestürzte Bäume beseitigt werden. Zwischenzeitlich war sogar der Notruf überlastet.
Da ist zum Beispiel der Hauptbahnhof, der der Feuerwehr zunächst große Sorgen machte. Laut ersten Alarmierungen sei mindestens das Verteilergeschoss überflutet gewesen, womöglich sogar mehr. "Tatsächlich war es etwas weniger wild als befürchtet", sagte ein Sprecher der Feuerwehr. Zwar verwandelte sich der Verkehrsknotenpunkt innerhalb kürzester Zeit in ein Feuchtbiotop, zahlreiche Geschäfte in den unteren Stockwerken hatten mit den Wassermassen zu kämpfen. "Es stand am Ende aber vielleicht einen Zentimeter hoch." Zwei Menschen rutschten aus und verletzten sich. Sie wurden vom Rettungsdienst behandelt.
Auch der Steinbühler Tunnel lief voll. Mindestens drei Autos versanken komplett, sie dürften Schrott sein. Auch eine Straßenbahn geriet zur Hälfte unter Wasser. Der Tramverkehr in Nürnberg musste zwischenzeitlich massiv eingeschränkt werden. Und auch U-Bahnhöfe wurden geflutet. Noch ist unklar, wie hoch der Sachschaden ist - er dürfte jedoch immens sein.
Wassermassen ergossen sich auch in die Nürnberger Lorenzkirche, betroffen waren auch einige Bereiche der Erler-Klinik. Küche, Flur Ost einschließlich aller Nebenräume sowie Physiotherapie und Physikalische Therapie der Klinik sowie das Verwaltungsgebäude Haus 4 wurden überflutet.
Feuerwehr zieht Bilanz: Mehr als 900 Einsätze
Die Pressestelle der Nürnberger Feuerwehr hat eine erste Bilanz gezogen. Rund 900 Mal mussten die Einsatzkräfte bisher aufgrund des Unwetters ausrücken, hauptsächlich wegen Wassereinbrüchen. In einigen Tiefgaragen stand das Wasser teils meterhoch, in Unterführungen mussten Menschen, die von den Fluten eingeschlossen in ihren Autos ausharrten, geborgen werden. Insgesamt gingen bei der integrierten Leitstelle Nürnberg mehr als 1750 Notrufe aus Nürnberg, Fürth, Erlangen und den umliegenden Landkreisen ein.
Schwerverletzte gab es nach Angaben der Feuerwehr glücklicherweise keine. Ein Mann wurde durch einen Stromschlag mittelschwer verletzt, einige Menschen mussten nach leichten Verletzungen behandelt werden, nachdem sie auf überfluteten Treppen oder Gehwegen gestürzt waren. Wegen der anhaltenden Gefahr herabstürzender Äste werden Bürgerinnen und Bürger von der Stadt gebeten, beim Aufenthalt in Grünanlagen und im Umfeld von Straßenbäumen vorsichtig zu sein. Es können noch abgebrochene Äste in den Bäumen hängen oder Äste am Boden auf den Rasenflächen oder Wegen liegen
Die meisten Kapazitäten der Feuerwehr banden vollgelaufene Keller. Die größte Herausforderung hierbei: Heizöltanks. Zahlreiche Tanks wurden von Gefahrguteinheiten der Feuerwehr präventiv leergepumpt. Denn tritt Öl durch beschädigte Tanks aus, muss es aufwändig gebunden werden.
Ende der Einsätze erst im Laufe des Tages
Der Großteil der Einsätze konnte zwischen Donnerstagabend, 18 Uhr, und Freitagmorgen, 2 Uhr erfolgreich beendet werden. Allerdings stehen nach Information der Nürnberger Feuerwehr noch rund 50 Einsätze aus. In der Masse handelt es sich dabei um vollgelaufene Keller. Da das Leerpumpen der Keller viel Zeit in Anspruch nimmt, wird die Feuerwehr wohl noch den ganzen Tag über mit den Nachwehen des Unwetters beschäftigt sein.
Die Feuerwehrleute aus Nürnberg und dem Nürnberger Land jedoch machen nach der intensiven Schicht Feierabend. Sie werden heute durch Kräfte aus Fürth und Umgebung ersetzt, die für die noch ausstehenden Einsätze verantwortlich sind.
Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU) dankte allen Einsatzkräften für das beherzte Eingreifen. "Es ist beruhigend zu wissen, dass wir uns auf die Einsatzkräfte verlassen können", so der Oberbürgermeister.
In Nürnberg ging das Licht aus
Nach Angaben des städtischen Netzbetreibers N-Ergie kam es gegen 18.30 Uhr zu einem großflächigen Stromausfall, vor allem in der Südstadt. Betroffen waren vor allem die Stadtteile Gibitzenhof, Steinbühl und Sandreuth. Eindringendes Wasser sorgte für Ausfälle in zahlreichen Versorgungsstationen, unter anderem im zentralen Umspannwerk im Bereich Pferdemarkt.
Nachdem die Niederschläge nachgelassen hatten, arbeiteten Techniker mit Hochdruck daran, die betroffenen Haushalte wieder mit Strom zu versorgen. Gegen 23 Uhr war rund die Hälfte der betroffenen Wohnungen wieder am Netz, am Freitagmorgen ab 4 Uhr konnten fast alle Kunden wieder versorgt werden. Einzelne Haushalte warten aber immer noch auf Strom: Sie sollen im Laufe des Tages wieder ans Netz angeschlossen werden.
Kalte Dusche für Anwohner: Auch Fernwärmenetz betroffen
Durch den Ausfall des Umspannwerks am Pferdemarkt bekam die Müllverbrennungsanlage keinen Strom mehr. Die Anlage wurde heruntergefahren und konnte keine Wärme mehr ins Fernwärmenetz einspeisen. Nach Informationen der N-Ergie mussten Anlagen im Heizkraftwerk Sandreuth hochgefahren werden. Ab dem frühen Freitagmorgen ist das Umspannwerk Pferdemarkt wieder in Betrieb, seitdem wird auch die Müllverbrennungsanlage wieder hochgefahren.
Weitreichendere Folgen hatte der Ausfall der Fernwärmestationen an der Henry-Dunant-Schule und im Pirckheimer Gymnasium, die durch das eindringende Wasser erheblich beschädigt wurden. Haushalte in den angrenzenden Straßen - vor allem im Neubaugebiet Großreuth Grün - können aktuell nicht mit Heizwärme und Warmwasser versorgt werden. Die N-Ergie arbeitet an einer Notversorgung.
Sturmbedingte Zugausfälle
Auch auf den Gleisen hat das Unwetter für Chaos gesorgt - noch am Freitagmorgen kämpft die Deutsche Bahn mit Sturmschäden. Bei den Linien S 1 und S 2 verzeichnet die DB am Morgen auf dem Streckenabschnitt Nürnberg Hbf - Schwabach/Roth Verspätungen und Zugausfälle.
In Nürnberg-Steinbühl waren die Bahnsteigunterführungen in der Nacht überflutet. Deshalb kann der Bahnhof bis voraussichtlich zum 22. August nicht bedient werden, meldet die Deutsche Bahn. Reisende von und nach Nürnberg-Steinbühl sollen daher ab Nürnberg Hauptbahnhof die öffentlichen Verkehrsmittel, wie die Tramlinien 4 und 6, nutzen. Die Strecke zwischen Pleinfeld und Gunzenhausen war gleich zweimal gesperrt, ist inzwischen aber wieder freigeräumt. Und auch zwischen Nürnberg und Treuchtlingen kam es zu Problemen.
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