Ost-West-Doku auf «arte»: Träume und Wirklichkeit

08.10.2009, 00:00 Uhr

«20 Jahre Mauerfall» nennt sich die Themenreihe auf «arte». In diesem Rahmen ging der britische Dokumentarfilmer Paul Jenkins der Frage nach, wie sich das Leben der Menschen im Osten seit dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts verändert hat.

Was ist von den West-Sehnsüchten der Bürger in den ehemaligen kommunistischen Ländern geblieben? Oft bittere Enttäuschung und Resignation, so das Fazit von «Die Kraft unserer Träume». Dabei geht der Blick über den deutsch-deutschen Tellerrand hinaus.

Gerade in Ungarn, wo der Stacheldraht zuerst zerschnitten wurde, mussten sich die Menschen gänzlich neu orientieren. Das führte zwangsläufig zur Wiederbelebung alter Traditionen.

Am Plattensee befindet sich das riesige Ferienlager, das einst das Traumziel Hunderttausender Kinder und Jugendlicher aus dem Osten war. Nach 1989 verkam das Areal zu einer Geisterstadt, wie man sie aus den Western kennt.

«Alles Alte war plötzlich schlecht», erinnert sich ein angegrauter ungarischer Jungpionier. Heute erlebt das Ferienlager eine Renaissance. Danach macht Jenkins eine Stippvisite in einer bulgarischen Großraumdisco. «Ich weiß nichts von früher und denke weder an die Vergangenheit noch an die Zukunft», erzählt dort ein 19-Jähriger. Der arbeitet als Teilzeit-DJ und verdient trotzdem das Dreifache seiner Mutter. Die arbeitet als Lehrerin an einer bulgarischen Grundschule.

Kommunistischer Held oder Jeans und Rock ’n’ Roll? Diese Frage stellte sich Niko in seiner Jugend. Keines von beiden lautet das Fazit, denn längst ist der Mann ein orthodoxer Mönch in einem Kloster. Die Kamera zeigt ihn, wie er in einem von Unkraut überwucherten Freiluftkino sitzt.

«In der bulgarischen Gesellschaft setzten sich die schlimmsten menschlichen Wesenszüge durch. Die Armen blieben arm. Wer heute reich ist, war es schon im Kommunismus», erinnert sich der Mönch mit einem Seufzer. In einem Nebensatz erfährt der Zuschauer, dass er in den 90er Jahren ein erfolgreicher Börsenspekulant war.

Andre Prager verkaufte nach der Wende eine Zeit lang Obst und Gemüse. Danach verwandelte er einen ehemaligen Standort der Roten Armee in einen Abenteuerspielplatz. «Nicht wenige suchen Zuflucht in einem Pseudo-Paradies», sagt Prager. Auch der Mauerfall war für ihn keine große Sache: «Ein paar Handvoll Menschen sind einfach rübergelaufen. Ich hab dabei zugesehen.»

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