"Palazzo" in Nürnberg legt erneut beste Zahlen vor

25.02.2013, 07:00 Uhr

© Roland Fengler

Noch würde unter der Zeltkuppel kein Gast in Edelgarderobe Platz nehmen wollen: zu kühl. Langsam kuschelig wird es ab 16 Uhr, wenn heiße Luft von unten her ins Zelt geblasen wird. Wer morgens ab sechs Uhr die Tische neu eindeckt, arbeitet im Anorak.

„Unter 15 Grad fällt die Temperatur nie!“, ist sich Jens Göde sicher. Seit drei Jahren ist er in Nürnberg der „Palazzo-Hausgeist“. So betitelt ihn jedenfalls Regionalmanager Matthias Adolph, der inzwischen auch international für das Thema Marketing bei „Palazzo“ zuständig ist. Beide sind vom Zeltaufbau bis zur Übergabe des Platzes an das Liegenschaftsamt am 25. März vor Ort. „Uns bleibt nur eine knappe Woche für den Abbau, auch über 300 gebohrte Löcher müssen im Boden verschlossen werden.“ Adolph kneift die Augen zusammen: „Nicht eben viel Zeit, doch der Platz ist wieder vermietet, sonst hätten wir bis Monatsende verlängert.“

Denn wieder einmal schlägt das „Alexander Herrmann Palazzo“ Nürnberg alle Rekorde: Das neueste, modernste Zelt in Europa, die längste Spielzeit, das erneut mit Abstand erfolgreichste Gourmet-Theater des Unternehmens und mit 35000 Gästen deutlich gesteigerte Besucherzahlen. Wie das geht? Jens Göde und Matthias Adolph blicken sich an. Alles geben. Jeden Tag. Über Monate hinweg. Bis zum letzten Spieltag am 17. März. Die Arbeit für die Show beginnt am frühen Morgen und endet tief in der Nacht.

Das „Crewcatering“ für die Artisten ist der erste Fixpunkt für die Küche: Zwei warme Gerichte, eines davon vegetarisch, schön abwechslungsreich und nachhaltig. „Hochsensibel, wie auch das Feierabendgetränk nach der Show: Beides ist entscheidend für die gute Laune“, betont Adolph, während er hinter der Band-Bühne den Küchenbereich betritt. „Drei Tage ein Essen, das nicht zusagt, dann gibt’s dicke Luft!“

© Roland Fengler



Zehn Leute kochen im Spiegelzelt für täglich rund 400 Gäste das von Sternekoch Alexander Herrmann kreierte Vier-Gang-Menü. Hunderte Schälchen stehen bereit, schon wird geschnippelt und gebraten, werden spezielle Desserts für Allergiker oder vegetarische Vorspeisen angerichtet, stets mit Blick auf den Tagesplan, der an der Wand prangt: Wie viele Gerichte ohne Knoblauch oder Meeresfrüchte kommen an welchen Tisch? Wie viele glutenfreie?

Drei Geburtstagstorten... „Herr Adolph?!“ Der Regionalmanager muss sich kümmern, wie so oft um mehrere Dinge gleichzeitig, weist aber noch rasch den Weg zu den Künstlergarderoben, vorbei an Regalen, die mit sonderbarsten Gegenständen bestückt sind: Diadem, Teddybär, Handschellen... „Ben“, „Svetlana“ oder „Rachel“ steht an den Requisitenfächern – jede Show-Figur hat ihr eigenes.

30 möblierte Appartements, bitte!

© Roland Fengler

Soeben verlässt Graf Voronin alias Yevgeniy Voronin seine Garderobe, die dem Bild vom künstlerisch-kreativen Chaos durchaus nahekommt. Wie in der Show scheint er auch in Freizeitkleidung zu gleiten und entschwindet in Richtung Küche. Nebenan „haust“ Matt de Kran: Comedian, Moderator und Mit-Kreator der Show, die vor fünf Jahren entstand und in München, Wien und Amsterdam zu sehen war.

„Dass wir hier in Nürnberg wieder vorne liegen, ist schön, insbesondere nach dem vergangenen Jahr in Rotterdam, wo es nicht so toll lief. Jede Stadt ist anders“, erklärt der Künstler, der gewisse sprachliche Eigenheiten vor Ort auch in seine Rolle zu integrieren versucht. „Basd scho!“, sagt er und grinst breit, eingerahmt von wirr abstehenden Haaren. Ernst bleiben?

Unmöglich! Kein Wunder, liegen die Bühnenwurzeln des gebürtigen Dresdners doch in der Pantomime und im Clowntheater. „Das Schöne an der Dinner-Show ist, dass die dritte Dimension gebrochen, der Gast zu 360 Grad in die Show integriert wird“, findet Matt de Kran und öffnet die Tür zur Freiluftraucherecke der Artisten. „Am Tisch müssen natürlich grundsätzlich Essen und Getränke unangetastet bleiben!“



Das Show-Team ist bis auf kleine Änderungen seit fünf Jahren stabil. „Alles Profis! Passieren mal Fehler, werden sie notiert und beim wöchentlichen Meeting ausgeräumt. Eifersüchteleien wie am Theater oder der Oper gibt es hier nicht.“ Echt? „Echt!“ Als einziger Deutscher ist der 54-Jährige auch Bindeglied zum mitspielenden Service, der sich weitestgehend nach der Show zu richten hat. „Wer hier arbeitet, muss einen Teil dessen vergessen, was er gelernt hat und trotzdem einen Top-Service bieten!“ So trainiert er mit den Kellnern Einmarsch, Finale und wie man reagieren muss, wenn jemand durchs Publikum läuft. „Künstler bewegen sich eher unberechenbar“, betont er lächelnd.

Wie seine Kollegen wohnt er in einem möblierten Appartement. Insgesamt 30 mussten möglichst zeltnah oder mit guter Verkehrsanbindung gefunden werden. Zwischen 3 und 6 Uhr morgens kommen die Künstler nach der Show zur Ruhe. „Ich habe erst mal das Wohnzimmer umgeräumt“, gesteht der dreifache Vater, der in seiner Freizeit passionierter Bogenschütze und Radsportler ist. Seine zweite Leidenschaft: Kunstobjekte aus Holz und Bambus. „Was ich auf der Bühne mache, ist von Verlust geprägt. Du spielst es, dann ist es weg. Ich sehne mich danach, Dinge zu schaffen, die bleiben. Insgesamt kann ich sagen: Ich lebe meinen Traum!“ Ein Teil davon findet derzeit in Nürnberg statt.

Während der Künstler zum Kajalstift greift, machen drei Akrobatinnen auf der Bühne noch Dehnübungen – vom Vorzelt dringen Gemurmel und Musik herüber, die ersten Gäste sind eingetroffen. Im Backstagebereich riecht es jetzt nach Haarspray. „Matthias – Superstar!“ Matt de Krans Garderobennachbar zeigt auf ihn – und macht ein ehrfürchtiges Gesicht. Sie scherzen hin und her, bis die Stage-Managerin in der Tür steht; vielsagend deutet sie auf die Uhr: „Los geht’s!“ Die Verwandlung beginnt, nicht nur bei Matt de Kran. Heißt es doch bei geheimnisvollem Kerzenschein nun wieder: Willkommen zum „Ball des Grafen“...

Karten für einzelne Tage an allen Vorverkaufsstellen und unter www.palazzo.org oder Tel. 01805/388883


 

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