Mehrere Versammlungen
Querdenker-Aufmarsch: Kundgebungen in Nürnberg blieben insgesamt friedlich
20.8.2022, 14:57 UhrNach verschiedenen Demonstrationszügen konzentriert sich das Geschehen an diesem Samstag, 20. August, auf die Wöhrder Wiese. Mit strengen Absperrungen hält die Polizei - samt berittenen Kräften - die einzelnen Gruppen auseinander. Gegen die Versammlung von Corona-Leugnern und Maßnahme-Gegnern aus dem sogenannten Team Menschenrechte, die bis in die Abendstunden dauern soll, protestierten rund 150 Angehörige stark links orientierter Gruppen und rund 300 Menschen aus dem Kern des demokratischen Spektrums, die einem Aufruf der Gewerkschaft Verdi gefolgt sind. Sie prangertn vor allem rechtsradikale Thesen, Tendenzen und Umtriebe in der Querdenker-Szene an. Von verbalen Scharmützeln abgesehen, verliefen die Kundgebungen friedlich, bestätigt Polizeisprecher Marc Siegl.
Zu den ursprünglich rund 800 Teilnehmern der "Team Menschenrechte"-Versammlung waren am Nachmittag noch mehr als 1500 Demonstranten hinzugestoßen, die sich an der Sebalduskirche getroffen hatten, um zur Wöhrder Wiese zu marschieren. Die Verdi-Anhänger waren vom Kornmarkt aus zu dem Versammlungsort gezogen.
Auf dem Querdenker-Podium beklagte beispielsweise der Arzt Rolf Kron ("Ich habe nie geimpft und werde es nie tun") die Behandlung von gleichgesinnten Standesgenossen, die "kriminalisiert" würden. Sogar eine Frau, die als Holocaust-Überlebende vorgestellt wurde, schloss sich dieser Strömung an und wetterte gegen die angebliche Gleichschaltung der Medien "wie bei den Nazis".
"Unerträgliche Verharmlosung"
Als unerträglich wiesen derartige Behauptungen verschiedene Sprecher der Gegenkundgebungen zurück. Mit furchtbaren Details schilderte beispielsweise Roberto Paskowski vom Landesverband der Sinti und Roma, wie die Nazis bei Menschenversuchen vorgingen. Ein Vergleich mit Coronamaßnahmen sei daher eine unerträgliche Verharmlosung der NS-Verbrechen. "Ethische Grundsätze unserer Demokratie mit Füßen zu treten, werden wir nicht dulden", bekräftigte auch JoAchim Hamburger von der Israelitischen Kultusgemeinde.
Bereits am späten Vormittag waren linke Gruppen vom Plärrer in Richtung Innenstadt gezogen. Die Veranstaltung von den Initiativen Organisierte Autonomie (OA) und Antifa Aktionsbündnis verlief ohne Zwischenfälle. Zunächst hatten sich maximal 50 Personen eingefunden, begleitet von fast ebenso vielen Polizisten. Später schlossen sich nochmal so viele Demonstranten an. Sie skandieren: "Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda". Pressesprecher Yuri Hofer sagt: "Wir demonstrieren gegen Geschichtsrevisionismus und NS-Vergleiche". Denn in der Querdenker-Bewegung werden Parallelen zwischen vor allem der Impfkampagne gegen Corona und zynischen Versuchen von Ärzten in der NS-Zeit gezogen.
Der Demonstrationszug verlief über das Ludwigstor, die Ludwigstraße, den Jakobsplatz, die Dr.-Kurt-Schumacher-Straße, die Färberstraße, die Karolinenstraße und die Königstraße bis zum Bahnhofsplatz. Von da ging es weiter über die Gleißbühlstraße, Marienstraße und Badstraße in die Wöhrder Wiese.
Die Teilnehmer der von Verdi angemeldeten Kundgebung zogen ebenfalls durch die Innenstadt zur Wöhrder Wiese. Dort sprachen neben Pastowski auch Alfred Estelmann, langjähriger Vorstandsvorsitzender am Klinikum Nürnberg, sowie der Historiker Eckart Dietzfelbinger. Anschließend bot Ver.di eine "Volksuni" mit Workshops in mehreren Pavillons an, bei der es auch um "Medizin in Zeiten von Corona" geht.
Beim "Team Menschenrechte Nürnberg", das überregional zu seiner Kundgebung aufgerufen hat, handelt es sich um eine Gruppierung die aus der ehemaligen Querdenker-Szene hervorgegangen ist.