Scharrer-Schüler spielten Landtag

07.07.2009, 00:00 Uhr
Scharrer-Schüler spielten Landtag

© Niklas

Beim Planspiel «Der Landtag sind wir» versuchen sich neben Andrea noch rund 40 weitere Schüler aus zwei zehnten Klassen des Scharrer-Gymnasiums als Abgeordnete des Bayerischen Landtags. Jeder bekommt eine Biografie zugelost – und so wird aus Andrea Tischler eben die (erfundene) 75-jährige SPD-Volksvertreterin Nadine Gumann. Einige Schüler nehmen zudem die Rolle von Journalisten ein, die über das Agieren der Politiker am Ende in einer kleinen Zeitung berichten.

Und da haben sie ziemlich viel zu schreiben, denn das Planspiel versucht alle Stadien einer Gesetzgebung nachzuzeichnen: von der ersten Lesung über die Diskussionen in den zuständigen Fachausschüssen bis hin zur entscheidenden Abstimmung im Plenum. Das Projekt entstand im Auftrag des Landtags; durchgeführt wird es bayernweit von der Forschungsgruppe Jugend und Europa (FGJE), die am Centrum für angewandte Politikwissenschaft der Ludwig-Maximilian-Universität München angesiedelt ist. Die Sozialkundelehrerin Margit Nahr-Fink hat das Planspiel an das Scharrer-Gymnasium geholt.

Ausgangsszenario ist der Versuch der SPD, ein neues Gesetz zur Bildungspolitik durchzubringen, das unter anderem die Wiederholung von Klassen abschafft und die Grundschuldauer von vier auf sechs Jahre verlängert. In der SPD–Fraktionssitzung lobt Marianne Böhme (FGJE), die die Jugendlichen mit drei Kollegen betreut, die Gruppe um Fraktionschef Daniel Morrison (im echten Leben heißt er Dima Samarsky) für ihre Zugeständnisse. So haben die Genossen sich im Ausschuss mit den anderen Fraktionen geeinigt, dass das Wiederholen nicht ganz abgeschafft, sondern durch freiwilliges Nachlernen in der Sommerpause ersetzt wird – und sich damit eine Chance erhalten, Verbündete zu finden und wenigstens eine eingeschränkte Version ihres Gesetzes durchzubringen.

Die Mehrheitsverhältnisse sind nämlich dem echten Landtag nachgebildet, und da hat die Opposition aus Freien Wählern, Grünen und SPD traditionell schlechte Karten bei der Regierungskoalition aus CSU und FDP. Und letztlich läuft es im Planspiel wie im richtigen Leben, das Gesetz findet keine Mehrheit. Christine Stahl (Grüne), die als einzige der geladenen Landtagspolitiker kam und das Geschehen auch komplett verfolgte, fand trotzdem Unterschiede zum realen Geschehen im Maximilianeum: «Positiv fand ich die Bereitschaft, einander zuzuhören und den Versuch, Kompromisse zu finden.» In der Realität würden viele Anliegen der Opposition sofort abgeblockt.

Stahl spricht dann auch offen aus, dass ihr Beruf einen schlechten Ruf hat: «Viele finden Politik scheiße.» Sie fragt die Schüler nach ihrer Ansicht und findet – auch wenn das Planspiel den meisten gefallen hat – nur wenige hartgesottene Politikfans. Zu ihnen gehört Dima Samarsky (17): «Ich habe schon vor dem Planspiel nicht gedacht, dass Politiker unnötig oder nicht wichtig für die Gesellschaft wären.» Und Markus Wehrl (16), der für einen Vormittag CSU-Fraktionsvorsitzender war, könnte sich später eine berufliche Karriere als Politikberater vorstellen. Er fand das fünfstündige Planspiel sehr interessant und hat nur einen Kritikpunkt: «Wir hätten dafür den ganzen Tag in Anspruch nehmen sollen.»

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