Schnaittacher Mordprozess: Strafe von Stephanie P. wird neu verhandelt

22.4.2020, 09:34 Uhr

Anstiftung zum zweifachen Mord - so lautete der Schuldspruch der 5. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vor mehr als einem Jahr gegen Stephanie P., Ingo P. wurde wegen zweifachen Mordes verurteilt. Am 11. April 2019 war im historischen Schwurgerichtssaal 600 von lebenlanger Freiheitsstrafe die Rede - für Stephanie und für Ingo P.

Nach diesem Urteil legten die Verteidiger Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) ein. Die Revision des Ingo P. hatte keinen Erfolg, das Urteil gegen ihn ist rechtskräftig. Der damals 26 Jahre alte Ingo P. hatte seine Eltern im Dezember 2017 mit einem Zimmermannshammer erschlagen und deren Körper im Anbau der eigenen Garage in Schnaittach eingemauert. Stephanie P., damals 23 Jahre, hatte ihn zu dieser Tat angestiftet, so die Überzeugung der Schwurgerichtskammer.


Neue Folge "Abgründe": Der Doppelmord von Schnaittach


Auch Stephanie P.s Strafverteidiger Alexander Seifert und Michael Spengler legten Revision zum BGH ein - und hatten bei den obersten Karlsruher Richter Erfolg. Das Verfahren wurde zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurück verwiesen - und nun muss sich eine andere Strafkammer erneut mit dem Schnaittacher Doppelmord und dessen Umständen beschäftigen. Zuständig ist nun die 19. Strafkammer, getagt wird mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen. Als Sitzungstage wurden Montag, 13. Juli, Dienstag, 14. Juli, Mittwoch, 22. Juli und Montag, 27. Juli bestimmt. Die Sitzungen beginnen jeweils um 9 Uhr, verhandelt wird im neuen Strafjustizzentrum in der Fürther Straße, im Saal E.006.

Der Grundsatz der Öffentlichkeit gilt auch in diesen Corona-geplagten Zeiten, interessierte Zuschauer können auch diesen Prozess verfolgen, sollten jedoch ein Zeitfenster von 15 bis 30 Minuten für die Einlasskontrollen einkalkulieren. Doch damit kein Missverständnis entsteht: Aus Sicht des BGH liegt nur ein Rechtsfehler im Sinn eines Wertungsfehlers vor, daher wird die Beweisaufnahme nicht vollständig neu aufgerollt. Die Frage in dieser neuen Hauptverhandlung ist nicht, ob Stephanie P. schuldig ist oder nicht. Der Schuldspruch ist bestandskräftig - die Frage ist vielmehr, ob es bei der ausgesprochenen lebenslangen Freiheitsstrafe für sie bleibt, oder ob die Richter eine zeitig begrenzte Freiheitsstrafe verhängen.

In der ersten Hauptverhandlung wurde zwischen Februar und April 2019 eine sehr aufwendige Beweisaufnahme durchgeführt. Stephanie P. hatte bereits im Vorfeld, in ersten Polizeivernehmungen, ihre Unschuld bekundet – ein Mordkomplott, wie es die Anklage formuliert hatte, wies sie zurück. An den beiden Anschlägen auf Ingo P.s Mutter im Herbst 2017 - der Frau wurde ein vergifteter Muffin, Tage später angeblich eine vergiftete Tasse Kaffee gereicht - sei sie nicht beteiligt gewesen.

Und als Ingo P. Mutter und Vater in der Nacht zum 14. Dezember zu Tode prügelte, nächtigte sie bei ihren eigenen Eltern in Burgthann. Sie beschrieb ihren Ehemann (Tage nach der Tat hatten sie geheiratet) schon in einer ersten Vernehmung bei der Polizei als eiskalten Mörder, der ihr seine Verbrechen gestand und sie nach der Bluttat zwang, zu putzen und die Wohnung zu renovieren. Ingo habe sie misshandelt, wie eine Marionette benutzt, Morddrohungen ausgestoßen, und sie mit einem Hammer und einem Messer bedroht. Gegen diese Version sprach unter anderem, dass ausgerechnet eine Überwachungskamera - Ingo P.s Eltern hatten sie zum Schutz vor Einbrechern am Haus installiert - aufgezeichnet hatte, wie einträchtig Stephanie und Ingo P. zusammen gearbeitet haben, als sie die Leichen im Anbau der Garage einbetonierten.

Ingo P. schwieg in der Hauptverhandlung und die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth schenkte den Unschuldsbeteuerungen der Stephanie P. keinen Glauben: Die Richter stellten damals fest, dass Stephanie gefordert habe, dass Ingo P. seine Eltern töten sollte, nur dann würde sie als seine Ehefrau zu ihm in sein Elternhaus einziehen. Bei diesen Feststellungen bleibt es trotz der Zurückverweisung durch den BGH.

Der 1. Strafsenat des BGH stützt sich auf den Paragraf 46 b des Strafgesetzbuches: Demnach wurde die Hilfe zur Aufklärung des Verbrechens, die Stephanie P. geleistet hat, nicht ausreichend gewürdigt, das Landgericht übte seinen Ermessensspielraum nicht erkennbar aus. Gemeint sind damit die Hinweise zu dem Verbrechen, die Stephanie bereits unmittelbar nach ihrer Festnahme den Ermittlern lieferte. Sie wiederholte vor den Ermittlern das Geständnis, das Ingo P. ihr gegenüber abgelegt hatte, sie beschrieb den Tathergang und erklärte, wo die Spurensicherung die Leichen finden würde.


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Rechtsmittel gegen ein Urteil einlegen zu können, ist ein wichtiger Gedanke des Rechtsschutzes. Unser System unterscheidet zwischen Berufung und Revision. Die Berufung ist ein Rechtsmittel gegen ein Urteil aus erster Instanz. Beispiel: Ein Dieb wird vom Amtsgericht verurteilt, die Berufung findet vor dem Landgericht mit einer neuen Beweisaufnahme statt. Neue Tatsachen und Beweise, zum Beispiel Zeugen, können angeführt werden. Gegen die Entscheidung des Schwurgerichts in erster Instanz gibt es keine Berufung. Statthaft ist nur die Revision zum BGH. Statt einer erneuten Beweisaufnahme wird geprüft, ob das Urteil Rechtsfehler enthält. Hier geht der BGH davon aus, dass die Feststellungen des Landgerichts Nürnberg-Fürth Bestand haben. Es handle sich im Strafmaß gegen Stephanie P. um einen "reinen Wertungsfehler".


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