"Sensationsfund" nach 76 Jahren: Toröffner vom Pellerhaus entdeckt
26.5.2021, 19:59 UhrHausherr Martin Peller hatte vor über 400 Jahren eine Metallfratze in Händen, wenn er wuchtigen Messingknopf bewegte. Das verzerrte Gesicht erinnert an mittelalterliche Kirchen, die mit Löwenköpfen aus Bronze am Eingang Dämonen abhalten wollten. Der Pellersche Messingknopf sitzt auf einem kunstvollen, dunklen Metallaufsatz, der mit Mischwesen aus Frauen und Vögeln verziert ist.
Stadt hat zu wenig Geld: Als das Pellerhaus auf der Kippe stand.
"Eine ausgezeichnete Arbeit, das muss ein hervorragender Künstler gefertigt haben. Niemand hat geglaubt, dass der Knauf überhaupt noch existiert", meint Enderle. Eine Replik aus der Zeit des Historismus ist es seiner Einschätzung nach keinesfalls.
Auf alten Zeichnungen zu Details des Pellerhauses ist auch der Türknauf exakt wiedergegeben - Skizze und Werkstück stimmen genau überein. Zumindest damit hätten die Altstadtfreunde ein Original, der von ihnen wieder errichtete Innenhof mit Rückwand ist ja größtenteils Rekonstruktion. Rund fünf Millionen Euro hat der Verein in den Nachbau gesteckt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war nämlich eines der berühmtesten Baudenkmäler Nürnbergs nur mehr Schutt und Asche. Die prächtige Schaufassade ist 1945 auf den Egidienplatz gekippt und in tausende Einzelteile zersprungen.
Doch wie kam es zur überraschenden Rückkehr des imposanten Türknaufs? Susanne Köhler, die Tochter des verstorbenen Architekten Rudo Göschel, hatte ihn als Schmuckstück in ihrer Wohnung hängen. Ihr Vater war nach Kriegsende von der Stadtverwaltung mit der Räumung der Trümmerwüste in der Altstadt beauftragt. Neben dem Abtransport der großen Schuttmengen sollte er die erhaltungsfähige Bausubstanz sichern.
Dabei ließ er für den noch stehenden Treppenturm des Pellerhauses ein Notdach bauen und die Hoffassade sichern. Unter dem Schutt fand er den bis auf wenige Kratzer unversehrten Türöffner. Offenbar hatte er den Einsturz des Gebäudes unter dem zerborstenen Holztor überstanden. Die vielen Sammler, die damals ihren Lebensunterhalt mit der Suche nach begehrtem Buntmetall in den Trümmern der Altstadt bestritten, hatten ihn nicht entdeckt. Sonst wäre er wohl endgültig verloren gewesen.
Köhler übergab nun den Messingknopf als "Dauerleihgabe" an die Altstadtfreunde, die das Unikat künftig in einer Daueraustellung im Pellerhaus zeigen wollen. Außerdem spendete sie dafür 2000 Euro.
Allerdings ist es eine juristische Frage, ob das historische Fundstück nicht eigentlich der Stadt Nürnberg gehört, die das Pellerhaus 1929 erworben hatte. Altstadtfreunde-Vorstand Enderle vertritt die Auffassung, dass das Original zurück an seinen einstigen Ort gehört. Zwar an keine Tür, dafür aber in eine Vitrine. Dort könne man es würdig präsentieren. Ob die Stadt nun Eigentümer des Türknaufs ist oder die Altstadtfreunde Empfänger einer Leihgabe, ist für ihn nicht entscheidend: "Wir sind doch eine große Familie", meint er lachend.
Generalsanierung steht bevor
Wie geht es mit dem Pellerhaus insgesamt weiter? Die Altstadtfreunde haben den Wiederaufbau des Innenhofs abgeschlossen, es sind nur noch kleinere Arbeiten zu erledigen. Allerdings steht nun die Generalsanierung des Hauptgebäudes an, die Stadt schätzt die Kosten auf 34,5 Millionen Euro. Mit der Fertigstellung rechnet Gabriele Moritz von den städtischen Museen erst im Jahr 2027.
Ursprünglich sollte das "Haus des Spiels" bereits 2025 fertig sein. Doch nach dem Scheitern der Kulturhauptstadtbewerbung und der klammen, kommunalen Finanzlage dauert es wohl länger. Auf 6000 Quadratmetern sind neben zwei Veranstaltungssälen, Büros, Gruppen- und Experimentierräumen auch Depots (für das Deutsche Spielarchiv und für das Spielzeugmuseum vorgesehen).
Zu wenig Geld: "Haus des Spieles" auf der Kippe
Der Abriss der Nachkriegsfassade der beiden Architekten Mayer und der Nachbau der Renaissance-Fassade ist derzeit offenbar kein Thema mehr. Die Altstadtfreunde hatten sich für die Rekonstruktion stark gemacht und sind dabei auf erheblichen Widerstand gestoßen. Auf die Pläne angesprochen, meint der 70-jährige Enderle: "Ich bin zwar überzeugt, dass sich die Fassade doch noch ändern wird. Aber ich werde es nicht mehr erleben. Wir widmen uns jetzt anderen wichtigen Aufgaben wie etwa dem Pilatushaus."
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