Auf dem Aufseßplatz
So feierten die Nürnberger das Straßenfest gegen Rassismus
18.6.2022, 18:22 UhrBeim Straßenfest gegen Rassismus und Diskriminierung auf dem Aufseßplatz bekommt SPD-Stadtrat Michael Ziegler gleich zwei Redebeiträge. Zum einen hat er als Vertreter von Oberbürgermeister Marcus König (CSU), des Schirmherrn der Veranstaltung, das städtische Grußwort zu überbringen.
Auszeichnung für das Fest
Zum anderen spricht Ziegler als Vorsitzender der Karl-Bröger-Gesellschaft. Der Kulturverein hat das Straßenfest wegen seiner Bedeutung heuer mit der Bröger-Medaille ausgezeichnet, die im Gedenken an die Opfer von Rassismus und Faschismus verliehen wird. "Wenn sich die Stadt der Menschenrechte zeigt, dann hier und heute auf diesem Platz", ruft Ziegler den Menschen zu.
NSU-Ausschuss stellt die richtigen Fragen
"Mit diesem Fest sind wir gemeinsam sichtbar." Das sei ein Signal an jene "die geschützt werden müssen". Das System benachteilige systematisch Menschen, sagt Ziegler und verweist zum Beispiel auf Arbeitserlaubnisse für geflüchtete Menschen, die aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht erteilt würden, wie der Erzieher beklagt.
Aber man müsse auch sichtbar sein, um den Rechtsextremen zu zeigen, dass sie nicht für die Mehrheit sprechen. Ziegler lobt in seiner Rede "die richtigen Fragen", die der zweite Untersuchungsausschuss zur Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) im Bayerischen Landtag stelle.
Der Stadtrat sagt, dass die Initiative für das Straßenfest vom Verein "Junge Stimme" ausging, der damit 2015 an die NSU-Opfer erinnern wollte.
Auch Eylem Gün, die später für das Straßenfest-Bündnis spricht, erwähnt diesen Ursprung der Feier auf dem Aufseßplatz. Sie spricht aber auch von Halle, Hanau, dem Mord an Walter Lübcke. "Wir erleben eine Reihe von rechtsextremem Terror, der sich bedrohlich durch dieses Land frisst", sagt Gün, die zwischen 2008 und 2014 für die Linke Liste dem Stadtrat angehörte.
Kritik an Polizei und Militär
Man dürfe nicht von Einzeltätern ausgehen, sondern müsse eine Verbindung "zwischen all den Taten der letzten Jahre" sehen. Sie kritisiert zudem eine Unterwanderung von Polizei und Militär durch rechtsextreme Kreise, "wenn immer wieder Gruppen auftauchen, in denen rassistische Gesinnungen ausgetauscht werden".
Man stehe heute hier, sagt Gün, "weil wir die Opfer nicht vergessen haben und nie vergessen werden". Das Straßenfest sei "nicht mehr aus Nürnberg wegzudenken", das dahinter stehende Bündnis wachse beständig.
Von 30 auf über 50
Michael Ziegler liefert hierzu die Zahlen: Beim ersten Straßenfest seien rund 30 unterstützende Vereine oder Organisationen dabei gewesen. "Heute feiern wir bereits das achte Straßenfest mit über 50 Vereinen, Organisationen, Gewerkschaften und Parteien."
Viele alte Bekannte präsentieren sich denn auch an den Informationsständen. Neu dabei ist jedoch die Fachstelle "Beratung. Unterstützung. Dokumentation" (B.U.D.), die bayernweit Menschen hilft, die rechtsextreme, antisemitische oder rassistische Gewalt erfahren haben. Die Beratung ist kostenlos, vertraulich und auf Wunsch anonym.
"Flagge zeigen"
Kathrin Seebahn, bei B.U.D. für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, sagt, dass sich die Anlaufstelle über Bundes- und Landesmittel finanziere, zudem nehme der Trägerverein Spenden entgegen. Seebahn findet es wichtig, bei dem Nürnberger Straßenfest dabei zu sein "und Flagge zu zeigen" - gerade im Monat Juni, in dem zwei der drei in Nürnberg begangenen Morde des NSU passiert sind.
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Der Integrationsrat Nürnberg wiederum nutzt die Chance, an seinem Stand um Kandidaturen zu werben. Man brauche "Quantität und Qualität" für das Gremium, das am 9. Oktober 2022 neu gewählt wird, sagt der Vorsitzende Ilhan Postaloglu.
Beratendes Gremium
Postaloglu betont die Bedeutung des Gremiums, das den Stadtrat in allen Fragen berät, die Zuwanderinnen und Zuwanderer in Nürnberg betreffen. Kandidieren können Bürger mit ausländischer oder doppelter Staatsangehörigkeit, Asylbewerber, Aussiedler und Eingebürgerte - allerdings müssen sie seit mindestens drei Jahren in Nürnberg gemeldet sein. 2023 werde man das 50. Jubiläum des Rats begehen.
Was kann man selbst tun?
Friedrich Popp, ehemaliger Geschäftsführer des Integrationsrats, ist auch beim Straßenfest dabei. Allerdings in seiner Funktion als Mediator. Die Regionalgruppe Franken des Bundesverbands Mediation hat die Besucher des Straßenfestes gefragt, was sie für ein friedliches Zusammenleben tun könnten. "Ein Blümchen für den Nachbarn", ist auf einer der Antwortkarten zu lesen.
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