"Fair teilen statt sozial spalten"

Sozialbündnis Nürnberg glaubt, den Weg aus der Krise zu kennen

Irini Paul

Lokalredaktion

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5.2.2023, 10:23 Uhr
Arbeit am fließenden Band und dennoch unterbezahlt. Wer im Niedriglohnsektor arbeitet, hat immer weniger Geld zur Verfügung.

© Jens Büttner/picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild, NNZ Arbeit am fließenden Band und dennoch unterbezahlt. Wer im Niedriglohnsektor arbeitet, hat immer weniger Geld zur Verfügung.

Wer heute zum Einkaufen geht, der bezahlt inzwischen erheblich mehr als noch vor einem Jahr. Es ist nur eine Folge des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine. Sie trifft auf alle Menschen hierzulande zu - nur eben nicht auf alle in gleichem Maße. Wer bereits zuvor Schwierigkeiten hatte, mit seinen Mitteln klar zu kommen, den bringt die Preisentwicklung in Not, während Besserverdienende die Mehrbelastung schultern können.

"Es trifft vor allem Beschäftige im Niedriglohnbereich und Menschen, die Transferleistungen beziehen", so Stephan Doll, Geschäftsführer des DGB Mittelfranken. So sei allein in Nürnberg der Anteil der Menschen, die im Niedriglohnsektor beschäftigt seien, auf 16,7 Prozent gewachsen. Mehr als jede fünfte Frau gehört hier zu den Betroffenen. "Wir brauchen endlich eine deutliche Lohnsteigerung, ein Tariftreuegesetz und ein Vergabegesetz", so Doll weiter.

Die Forderungen des DGB sind nicht neu. Doch vor dem Hintergrund der Entwicklungen gewinnen sie zunehmend an Notwendigkeit. Denn die Krise zeigt eine breite Problemlage auf, ob es nun die Preissteigerungen bei Mieten angeht, Wohlfahrtsverbände, die inzwischen selbst auf Hilfe angewiesen sind, oder eine Klimapolitik, die sich von Energieimporten abhängig gemacht hat.

Untätig war die Bundespolitik indes nicht, um hier in den letzten Monaten gegenzusteuern - nur eben falsch beraten, wie andere Mitgliedsorganisationen vom "Sozialbündnis Nürnberg" kritisieren. Dieses hat nun unter dem Motto "Fair teilen statt sozial spalten" zehn Kernforderungen für einen solidarischen Weg durch die Krise aufgestellt.

Keine gezielte Hilfe

So kritisiert etwa Christiane Paulus, Geschäftsführerin von "Der Paritätische" in Mittelfranken, dass gezielte Hilfe für Menschen in Not besser gewesen wäre, als staatliche Gelder im Gießkannenprinzip zu verteilen. Das Bürgergeld sei zudem viel zu niedrig angesetzt worden und würde der Inflation nicht gerecht werden.

Der Geschäftsführer vom Mieterbund Nürnberg, Gunther Geiler, verweist dabei auf ein grundsätzliches Problem. Die Weichen sind schon vor vielen Jahren falsch gestellt worden. Zwar werden immer häufiger Sozialwohnungen gebaut, aber immer mehr Wohnungen fallen aus der Bindung. "Die Wohnungsfrage spaltet die Gesellschaft", so Geiler. Denn längst ist eine harte Konkurrenz um den knappen bezahlbaren Wohnraum entstanden.

"Wir brauchen nicht nur mehr geförderte Wohnungen, sondern auch dauerhaft günstige Wohnungen." Um den außer Kontrolle geratenen Wohnungsmarkt wieder in geordnete Bahnen lenken zu können, müsse auch der Staat auf Landesebene mehr in die Pflicht genommen werden. Dazu gehöre auch die Unterstützung neuer gemeinnütziger Wohnungsunternehmen. "Der Staat darf nicht nur Regulator, sondern muss auch Anbieter sein", so Geiler weiter. Das Wohngeld sieht er vor dem Hintergrund der preistreibenden Spekulationen durchaus auch kritisch, da dieses nicht nur den Bedürftigen zugute komme, sondern auch den Investoren.

Zum Nürnberger Sozialbündnis gehören 54 Organisationen aus Wohlfahrtsverbänden, Kirchen, Verbänden, Gruppen und Gewerkschaften und ist damit bundesweit eines der größten Sozialbündnisse. Es reicht von der Aids-Beratung, der Gewerkschaft der Polizei, dem DGB Mittelfranken, über die katholische Betriebsseelsorge bis hin zum Verein Kassandra.

Entsprechend breit sind die Forderungen des Sozialbündnisses für eine grundlegende Verbesserung der schwierigen, zuweilen bedrohlichen Lebenssituation von Menschen. Dazu gehören unter anderem Rettungsschirme für soziale Einrichtungen, eine "realistische Anpassung" von Transferleistungen, wie höhere Tarifbindungen - auch mit Blick auf Arbeitnehmer mit Migrationsbiografie, die Einführung der Vermögenssteuer, aber auch "mutige Maßnahmen zum Klimaschutz", wie es Anika Herbst von der Humanistischen Vereinigung formuliert. Wenn erheblich mehr Dächer Solarstrom liefern würden, mehr Windräder in Bayern stünden und ein Tempolimit dafür sorgen würde, das man mehr die Bahn nutze, dann müsste ein zugedrehter Gashahn womöglich gar nicht mehr aufgedreht werden, so Anika Herbst.

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