Sportschule im „verflixten 7. Jahr“
13.10.2004, 00:00 Uhr
Seit sieben Jahren ist das Bertolt-Brecht-Schulzentrum eine Partnerschule des Leistungssports. Dort versuchen 350 Schülerinnen und Schüler in 18 Klassen Leistungssport und Lernen unter einen Hut zu bekommen. Förderunterricht, Ganztagsbetreuung und Spezialtraining im Sportverein machen es möglich.
„Ein teures Modell“, seufzt Sportbürgermeister Horst Förther. Demnächst müsse die Stadt wieder 800 000 Euro für ein neues Fußballfeld hinlegen. Aber dafür hätten die Nürnberger Sportschüler halt bessere Trainingsmöglichkeiten als die anderen. „Da stecken Millionen drin“, sagt auch Schulleiter Hubertus Fritzsching, der voller Stolz auf die sportlichen Erfolge seiner Schützlinge verweist.
Nur ungern sprach Fritzsching deshalb in einem Elternbrief zum Schulanfang vom „verflixten 7. Jahr“ des Sportprojekts. Er musste den Müttern und Vätern der Sportschüler beibringen, dass sie künftig mit jeweils 45 Euro pro Schuljahr an den „Kosten für Beförderung, Geräte usw.“ beteiligt werden. Darauf haben sich Freistaat, Stadt Nürnberg und Sportverbände zum Ende des letzten Schuljahres geeinigt.
Eine Regelung, die bei den überraschten Eltern offenbar für Diskussionen sorgte. SPD-Stadträtin Christine Grützner-Kanis, deren Sohn eine der Sportklassen besucht, reagierte auf den Unmut einiger Eltern zunächst mit einem Dringlichkeitsantrag. „Die Sporteltern zahlen ohnehin schon die Sportausrüstung und den Vereinsbeitrag, nächstes Jahr auch noch Büchergeld; da sind nochmal 45 Euro mehr für viele schwer zu verkraften“, sagte Grützner-Kanis letzte Woche zum Stadtanzeiger. Von der Verwaltung wollte sie wissen, wofür genau die Eltern eigentlich zahlen sollen, wer die Beförderung der Schüler zu den auswärtigen Sportstätten bisher gezahlt hat und warum Elternbeirat und Schulausschuss nicht über die Neuerungen informiert wurden.
Zur Nagelprobe
Fragen, die Hubertus Fritzsching eher lästig sind. Er fürchtet, dass die Sportverbände schlapp machen und aus dem Modellprojekt aussteigen. Wenn die Eltern nicht zahlen wollen, könnten die Beförderungskosten zur Nagelprobe werden. Laut Vertrag müssten diese zwar von den Verbänden übernommen werden, gezahlt hat bisher allerdings die Stadt Nürnberg. Laut Fritzsching und Förther habe Manfred Schreiner, Chef der städtischen Schulverwaltung, sich beim Modellstart mit damals nur einer Sportklasse dazu bereit erklärt.
Inzwischen sind die Zusatzkosten auf 24 000 Euro pro Schuljahr angewachsen — Ausgaben,die Stadt und Sportverbände in Zeiten knapper Kassen nicht mehr aufbringen könnten und deshalb teilweise an die Eltern weiterreichen müssten, so erläutert Fritzsching. Der Schulleiter will nun nach einem Großsponsor suchen, der die Kosten ab dem nächsten Schuljahr übernimmt. „Die Finanzierung der Sportverbände durch staatliche Zuschüsse wird immer schlechter“, klagt Hans-Michael Primus, Kreisvorsitzender des Leichtathletikverbandes Nürnberg-Fürth-Schwabach. Gleichwohl kann er den Unmut der Eltern verstehen, „weil halt zur Zeit eins zum anderen kommt“.
Am Montag hat die SPD-Fraktion ihren Dringlichkeitsantrag überraschend zurückgezogen, angeblich weil fast alle Eltern die Zahlung akzeptiert hätten und auch der noch amtierende Elternbeirat keine Veranlassung zur Intervention sehe. Grützner-Kanis dementiert gegenüber dem Stadtanzeiger den Verdacht, unter Druck gesetzt worden zu sein: „Die Schulausschussmitglieder der SPD sehen angesichts der Zurückhaltung der Eltern im Moment keine Dringlichkeit mehr, aber wir werden das Thema weiter diskutieren.“