Stadtrat will jüdisches Leben in Nürnberg sichtbarer machen
24.3.2021, 20:41 UhrEr sei „ergriffen“, sagte Jo-Achim Hamburger, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg (IKGN), nach dem Votum des Stadtrats: Dieser hat sich einstimmig zu einer Resolution bekannt, wonach jüdisches Leben in Nürnberg „sichtbar“ und „erfahrbar“ werden soll. Das Schriftstück belässt es nicht bei Appellen, sondern nimmt konkrete Maßnahmen in den Blick: So will die Stadt für eine geplante Begegnungsstätte eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben.
Eindringliche Rede
Vor dem Beschluss hatte Hamburger in einer eindringlichen Rede darauf aufmerksam gemacht, dass außerhalb der IKGN mit ihren 2500 Mitgliedern jüdisches Leben in der Stadt kaum wahrgenommen werde und die Mehrheitsgesellschaft wenig über das Judentum wisse: „Welche ethischen Grundsätze prägen die jüdische Religion?“, fragte Hamburger. „Wer kennt zeitgenössische jüdische Literatur? Wer kennt – ja, das ist ernst gemeint – überhaupt einen Juden?“ Hamburger kritisierte, dass „oft über uns, aber nicht mit uns“ gesprochen werde.
Unbeschwerte Begegnung
Ein Ort, an dem es „zu unbeschwerten und selbstverständlichen Begegnungen zwischen Juden und Nichtjuden kommt“, könnte Abhilfe schaffen und jüdisches Leben in der Stadt sichtbarer machen. Und solche Begegnungsmöglichkeiten, das Kennenlernen, seien auch der Schlüssel für einen „Feldzug gegen Antisemitismus“. Erinnerungskultur sei nötig und richtig, aber nicht das erste Mittel zur Antisemitismusbekämpfung, sagte Hamburger.
Keine Verkürzung auf Nazi-Zeit
Zudem dürfe jüdisches Leben nicht auf die Jahre der Nazi-Diktatur verkürzt werden. Die Nürnberger Juden seien nicht nur Leidtragende der Geschichte, sondern „handelnde Subjekte“, „ein aktiver Teil der Stadtgesellschaft“. Und auch Teil des Stadtrats, dem mit Diana Liberova (SPD) ein Mitglied der IKGN angehört, wie Hamburger betonte.