Suche nach Knalleffekten
19.12.2007, 00:00 Uhr
Endlich, nach drei Tagen intensiver Arbeit ist es geschafft: Filmpremiere! Der von Gürkan Özkan (18), Gürkan Gögebakan (15), seinem Cousin Eraj Gögebakan (15) und Abu Gürdal (13) gedrehte Kurzfilm handelt von den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Kurden und Türken. Ein Mann wird von seinem Kontrahenten kaltblütig erschossen, anschließend trauert die Familie des Getöteten um das Opfer. Dazu läuft ein türkisches Lied, dessen Text von den im Krieg Gefallenen handelt - im Film werden dazu deutsche Untertitel eingeblendet.
Selbstverständlich spielen die Jugendlichen alle Personen, selbst die trauernde Verlobte, selbst. Projektleiterin Ramona Engl (23), von Beruf Sozialpädagogin, erklärt, wie man auf das Thema gekommen ist: «Zuerst haben die Jungs einfach nur mit der Videokamera experimentiert. Dann haben Gürkan und Eraj Gögebakan plötzlich vor laufender Kamera dieses Lied gesungen.» Die kriegerische Handlung habe sich danach von selbst ergeben: «Für manche von uns mag das befremdlich sein. Aber die türkischstämmigen Jugendlichen hier setzen sich sehr viel mit diesen Dingen auseinander.»
Viel Arbeit für Minuten
Zwar dauert der Film nur wenige Minuten, doch es steckt viel Arbeit und Mühe dahinter. Entsprechend stolz sind die Jugendlichen auf ihr Werk: «Ja, es war anstrengend, vor allem die Szenen draußen in der Kälte. Aber es war spannend und hat viel Spaß gemacht», erzählt Gürkan Özkan begeistert. Dabei war man anfangs von der Idee eines Filmprojekts gar nicht so angetan. Abu Gürdal hatte zuerst keine große Lust darauf: «Meine Freunde haben mich dazu überredet. Dann fand ich es aber wirklich toll!»
Dass es manchmal schwierig ist, die Jugendlichen zu motivieren, kann Ramona Engl bestätigen: «Es war nicht einfach, die Jungs zur Teilnahme zu bewegen. Letztlich haben auch ganz andere mitgemacht als die, die sich eigentlich angemeldet hatten.» Christian Bauer (23), Jahrespraktikant bei der Evangelischen Jugend Nürnberg und für das technische Know-how zuständig, fügt hinzu: «Als die Jugendlichen aber einmal motiviert waren, sind sie mit Feuereifer ans Werk gegangen. Sie haben auch bis zum Ende durchgehalten, das hatte ich ihnen anfangs überhaupt nicht zugetraut.»
Doch halt, irgendetwas fehlt noch! Den Pistolenschuss im Film finden die Jungs noch nicht realitätsnah genug - ein echter Knalleffekt muss her. Schon sind alle wieder voll bei der Sache: Tischtennisschläger werden gegeneinander und auf verschiedene Einrichtungsgegenstände geschlagen.
Schließlich findet sich draußen im Gang, dank des Halls, der passende «Sound». Danach legt Praktikant Christian noch letzte Hand an Abspann und Untertitel und fertig ist der Kurzfilm.
Schirmherr des Projekts ist der SPD-Stadtrat Michael Ziegler. Er ist zugleich Vorsitzender des Fördervereins Evangelische Medienzentrale Bayern, der die Aktion aktiv unterstützt hat. «Wir möchten den Jugendlichen im Stadtteil Werderau den Rücken stärken und ihnen klarmachen, dass sie trotz aller Probleme an sich glauben sollen. Der Film hat mir jedenfalls wirklich gefallen.» Da gerade für Jugendliche mit Migrationshintergrund die Situation besonders schwierig ist, kann sich Ziegler auch eine künftige Zusammenarbeit gut vorstellen.
«Nachdem alles so toll geklappt hat, werden wir bestimmt wieder etwas auf die Beine stellen», ist sich auch Ramona Engl sicher. Sehr gerne würde sie auch mal ein Projekt mit ausländischen Mädchen in die Tat umsetzen. «Das wird aber wohl sehr schwierig werden, da gibt es bei vielen Familien leider immer noch eine große Hemmschwelle.» Marco Mora