Tausende auf Tour
23.09.2012, 19:59 Uhr
Mehr als 6000 Türmchen - sie dienen als Dauerkarten für beliebig viele Einzeltermine – wurden verkauft. Die Summe der gezählten Teilnehmer ergab schon gestern Nachmittag weit über 40.000. Unübersehbar war die Vielzahl der Gruppen in der Altstadt, aber auch in anderen Stadtteilen sowie in Fürth. Kein Wunder: Im Durchschnitt hat jeder Türmchenbesitzer sieben Besichtigungen absolviert, nicht wenige brachten es am Wochenende leicht auf das Doppelte und absolvierten damit ihren individuellen Marathon.
Dabei hatten sie, wie üblich, die Qual der Wahl unter knapp 1000 Einzelterminen. Etliche Touren wurden zum Glück mehrfach angeboten – und waren jedes Mal aufs Neue stark gefragt. Vor allem in kleineren Geschäften wie etwa der Messerschleiferei Chesi zwängten sich die Besucher zum Thema „Handwerk im Wandel der Generationen“ in Etappen durch die schmale Werkstatt.
„Zum Golde drängt doch alles“ galt – wie im Faust – auch bei Juwelier Volker Wegener. Und die Gäste nutzten eifrig die Chance, sich wenigstens mit ein paar Grundlagen aus der Welt von Brillanten und Edelmetallen vertraut machen zu lassen. In vielen Fällen mussten die Stadtverführer, vom Zuspruch überwältigt, großzügig über alle vorgesehenen Beschränkungen hinweg sehen. So sollten eigentlich nicht mehr als 30 Teilnehmer pro Runde durch das Sozialgericht an der Weintraubengasse geschleust werden, tatsächlich begrüßte Günter Merkel vor der original erhaltenen Pforte doppelt so viele.
„Es war einst das Hauptgebäude der Nürnberger Justiz, ehe der Komplex an der Fürther Straße entstand“, erläuterte der Sozialrichter. „Nach den Wünschen der Nürnberger sollte es zwar repräsentativ, aber nicht zu protzig sein.“ Die Erläuterungen über den Erker, die Stuckdecke in der Eingangshalle und allerhand allegorische Figuren würzte der Jurist mit Informationen über die aktuelle Arbeit der 21 Kammern und amüsante Details rund um den Denkmalschutz – und genau diese Mischung macht die Stadtverführungen für viele Teilnehmer aus der ganzen Region so attraktiv.
Neben Geschichte und Kunst waren unter dem Generalthema „Brücken“ aber auch Erkundungen zur Natur in der Stadt gefragt, erst recht aber kulinarische Verführungen. Spitzenreiterin wurde allerdings Claudia Valverde: 250 Interessenten hefteten sich auf den Spuren der Prostitution im alten Nürnberg an die Fersen der „Hübschlerin“. Publikumsrenner waren aber auch die 24 „Nachtgieger“-Rundgänge, die sich insgesamt 1860 Nachtschwärmer nicht entgehen lassen wollten. „Offenkundig hat die Idee der Stadtverführungen nichts von ihrer Zugkraft verloren“, meint Andreas Radlmaier vom Projektbüro im Kulturreferat. In einer globalisierten Welt gewinne dieses Stück „moderne Heimatkunde“ sogar noch an Bedeutung. Die „Neugier auf die Nachbarschaft“ und die „Lust auf die Facetten der Stadt“ erfasse zunehmend auch die 20- bis 30-Jährigen. „Ein schöner Trend“, so Radlmaier. Bedauerlich sei nur, dass zahlreiche Anmeldetickets bei besonders begehrten Führungen dann doch ungenutzt verfielen. Auch im kommenden Jahr sind die Stadtverführungen erneut für den September geplant.
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