Tödlicher Brand in Nürnberg: Falschparker blockierten Retter
26.1.2020, 18:22 UhrSie ziehen sich an der Wand von drei Fenstern im Erdgeschoss hinauf bis in den dritten Stock. Spuren, die am Tag darauf zeigen, wie wild die Flammen in der Wohnung im Parterre loderten, sich ihren Weg durch die geborstenen Fenster nach draußen suchten. Wer hineinblickt, schaut in einen schwarzen Schlund, in dem laut Feuerwehr Temperaturen bis zu 800 Grad Celsius herrschten.
Es war Samstagnacht gegen 23.20 Uhr, als der erste Notruf in der Integrierten Leitstelle einging. Dann riefen schlagartig immer mehr Anwohner an, die von einem heftigen Brand in einem Mehrfamilienhaus in der Siegfriedstraße berichteten. Zwei Löschzüge à fünf Einsatzfahrzeuge rückten aus, um zum Brandort zu gelangen. Der erste hatte keine Schwierigkeiten, sein Ziel zu erreichen. Beim zweiten sah es anders aus. "Der Löschzug kam aus einer anderen Richtung und hatte wegen Falschparkern erhebliche Probleme zum Brandort vorzudringen", sagt Einsatzleiter Hansjörg Wattenbach von der Feuerwehr Nürnberg. Brisant: Die Brandbekämpfer mussten ihre Fahrzeuge, vor allem die lange Drehleiter, langsam durch die beengte Straßen in der Südstadt manövrieren. Wattenbach erzählt auch, dass Einsatzkräfte ein Auto ein Stück auf die Seite heben mussten.
"Falschparken kostet Leben", warnt die Feuerwehr
Die Feuerwehr Nürnberg klagt schon seit langer Zeit, dass Fahrzeuge verbotenerweise in Kurven stehen oder Zufahrten für Einsatzfahrzeuge blockieren. Die Stadt, die kommunale Verkehrsüberwachung und die Polizei haben das Problem aufgegriffen. Die Stadt startete eine Kampagne mit dem Titel "Falschparken kostet Leben", im Zuge der Aktion haben Polizei und Verkehrsüberwachung in Schwerpunktaktionen viele Verstöße geahndet. Doch kam die Botschaft offensichtlich noch nicht nachhaltig an, wie das aktuelle Beispiel zeigt.
In der Siegfriedstraße zählte jede Sekunde. Das Treppenhaus war komplett verraucht, es war unmöglich, darüber das Gebäude zu verlassen ohne die giftigen Gase zu inhalieren. In Panik flüchteten die Bewohner deshalb in die oberen Etagen. "Sie haben sich Hilfe schreiend am Fenster im vierten Stock bemerkbar gemacht", sagt der Einsatzleiter. Über die Drehleiter rettete die Feuerwehr elf Personen, darunter drei Kinder. Wattenbach: "Meine Kollegen mussten aufgrund der starken Rauchentwicklung wie im Blindflug mit der Drehleiter nach oben, um die Bewohner zu holen." Ein Notarzt untersuchte die Patienten, acht von ihnen ließ er wegen Rauchgasvergiftungen in nahe Krankenhäuser bringen.
Identifizierung der Leiche gestaltet sich schwierig
Parallel zum Rettungseinsatz per Drehleiter rückten vier Stoßtrupps in das Gebäude vor, um die Flammen zu löschen. Dabei machten die Feuerwehrleute eine schreckliche Entdeckung: In der komplett ausgebrannten Wohnung fanden sie den leblosen Körper einer Frau. Für sie kam jede Hilfe zu spät. Ob es sich dabei um die dort gemeldete Bewohnerin handelt, ist noch unklar. Die Tote soll Rollstuhlfahrerin gewesen sein.
Die Identifizierung der Verstorbenen gestaltet sich schwierig. Die Kripo Nürnberg (K12) hat die Ermittlungen aufgenommen. "Angehörige werden kontaktiert, um herauszufinden, ob sich die Bewohnerin zum Zeitpunkt des Brandes vielleicht an einem anderen Ort aufgehalten haben könnte. Um zu ermitteln, wer die Tote ist, kommt auch ein DNA-Abgleich infrage", erklärt Michael Konrad, Sprecher der Polizei.
Hoher Sachschaden durch Brand
Geklärt werden muss auch, unter welchen Umständen die Frau verstorben ist. Kam sie durch eine Rauchvergiftung ums Leben oder war sie vor Ausbruch des Feuers bereits tot? Untersucht wird auch, ob man Fremdeinwirkung ausschließen kann. Nähere Erkenntnisse erhofft man sich von der Obduktion der Leiche. Außerdem versuchen die Brandermittler von K 12 herauszufinden, wo in der komplett zerstörten Wohnung das Feuer ausbrach und warum. Sie untersuchen auch, ob in den Räumen die vorgeschriebenen Rauchwarnmelder installiert waren.
Abgesehen von der menschlichen Tragödie hat der Brand einen erheblichen Sachschaden verursacht. Die Polizei schätzt ihn auf mindestens 200.000 Euro.
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