Tresore sind nicht nur Messe-Luxus
27.10.2008, 00:00 Uhr
Einfach in ein Kaufhaus gehen, in einen Anzug schlüpfen und fertig? Nein, so leicht sollten es sich moderne Männer nicht (immer) machen. Für die Fürther Maßschneiderin Simone Weghorn ist Kleidung Ausdruck von Lebensart. Weshalb man sich auch Passgenaues gönnen sollte. Dafür sind drei Wochen Zeit nötig, zwei Termine beim Schneider, und schon steckt man in feinem Zwirn: Anzug, Hemd, Weste und Krawatte. Kosten? «Ab 2200 Euro aufwärts.» Wer das in diesen finanzjämmerlichen Zeiten zahlen will? «Die Kunden, die Geld haben, leisten es sich ohnehin.» Sind also krisenunabhängig. Und jene «aus der Mittelschicht, die nur ein, zwei Mal im Jahr» kommen (Opernball), die sind empfindlicher. Aber dennoch: Die «Krise» ist in der Maßschneiderbranche bislang nicht angekommen.
An einem Stand mit Tresoren denkt man sich: Hier aber schon, sicherlich. Darauf angesprochen, meint der Berater der Nürnberger Firma «Dr. Heindl Tresore», Hapet Kala: «Im Gegenteil, der Absatz wird immer mehr.» Führt also die Vertrauenskrise so weit, dass man Schmuck, Dokumente und Wertpapiere nicht mehr bei der Bank im Schließfach wissen will? Nein, nein.
«Mit einem eigenen Safe ist man flexibler», sagt Kala und erklärt am mannshohen, 8500 Euro teuren Spezialtresor, wie man darin die Kurz- und Langwaffen aufbewahrt. Wenn es überhaupt Anlass zum Sinnieren gibt, dann nicht wegen der Finanzkrise, die sich zur «Verbraucherkrise» auswachsen könnte. Sondern: «Junge Leute haben nicht mehr das Schmuckbedürfnis wie früher.» Der Tresorbranche könnte es also irgendwann am «Kunden-Nachwuchs» fehlen. Könnte.
Auch Rudolf Guth hat nur wenig Grund zum Klagen. Der Chef von «Brillanten Knerr» stellt lediglich fest, dass die «Mittelschicht» - das sind für ihn jene, die zwischen 500 und 1500 Euro ausgeben, - nicht mehr so viel einkauft wie einst. «Die Leute sind verhaltener.» Das bemerke er schon seit zehn Jahren. «Aber mit der Finanzkrise hat das nichts zu tun.»
Auch wenn sich die «Mittelschicht» nicht mehr so unbeschwert schmücken sollte, nimmt doch das Hygienebedürfnis zu - meint Marc Wieden von der Firma Geberit. Bis 2003 sei die Nachfrage nach dem «Dusch-WC» nur schleppend gewesen. «Aber mittlerweile findet in Deutschland ein Umdenkprozess statt.» Was laut Wieden in Japan schon gang und gäbe sein soll («60 Prozent aller Haushalte haben dort ein Dusch-WC»), sei nun auch hierzulande im Kommen.
Wie das funktioniert: Man sitzt auf dem WC. Drückt auf die Fernbedienung. Und unter dem Allerwertesten wird eine Duschbrause ausgefahren. Wasser, marsch. Danach kann man sich, ebenfalls auf Knopfdruck, trockenföhnen lassen - zumindest bei der «Luxusvariante» für 4000 Euro.
Was das Dusch-WC im Vergleich zum Bidet («das wurde von den Deutschen nie angenommen») attraktiv macht? «Man muss sich nicht erst umsetzen, um sich zu säubern.» Das kommt tatsächlich an? Wieden nickt.
«Schön geflammter Ahorn»
In Halle 8 herrscht gute Stimmung. Glänzende Kaffeeautomaten werden bewundert, teure Klaviere begutachtet, und beim Geigenbauer fachsimpelt man über Violinen aus «schön geflammtem Ahorn». Teure Möbel gibt es zu sehen, schnelle Autos, sogar prasselndes Kaminfeuer. Behaglich.
Auch in den anderen Hallen, mit ihren Elektrofahrzeugen, Thermodächern und Gesundheitsbetten, geht es zu wie erwünscht: Am Wochenende drängen sich 34 000 Besucher durch die Gänge - 2000 mehr als im Vorjahr.
Und wenn sich die «Verbraucher» doch noch einschüchtern lassen sollten von Finanzkrise oder Energiepreisen? Dann, ja dann ist das auch nicht so schlimm, findet Messe-Veranstalter Heiko Könicke. Denn der Konsumbedarf sei ja da. Sollte er nicht heute gedeckt werden, dann eben morgen. So ist das mit den Krisen. Sie kommen und gehen. Das kennt man schon.