Nachfrage bleibt hoch
Trotz Corona: Nürnberger Immobilienmarkt weiter auf Wachstumskurs
5.10.2021, 05:24 UhrEs sind Nachrichten, die selbst die Experten so nicht unbedingt erwartet hätten. Er sei überrascht, wie gut Nürnberg durch diese Zeit gekommen ist, betont Wolfgang P. Küspert, Geschäftsführer der Küspert & Küspert Immobilienberatung, bei der Vorstellung des aktuellen Marktberichtes. Gemeinsam mit dem Wirtschaftsreferat hat der Experte die Daten des vergangenen Jahres ausgewertet - und hat fast nur positive Nachrichten im Gepäck. Trotz der Pandemie sei die Stadt gut aufgestellt, betont auch Wirtschaftsreferent Michael Fraas. "Die Zeichen stehen gut, dass wir unbeschadet aus der Krise herauskommen."
Wirtschaftliche Rahmendaten belegen das aus seiner Sicht: Bei den Arbeitslosenzahlen wartet Nürnberg im Großstadtvergleich mit der drittniedrigsten Quote auf, hinter München und Stuttgart. Jeder zehnte Beschäftigte arbeitet hier im zukunftsträchtigen IT-Sektor, nur München und Bonn schneiden im Städte-Ranking besser ab. Und auch im verarbeitenden Gewerbe liegt Nürnberg deutlich über dem Durchschnitt: 15 Prozent der Beschäftigten arbeiten in diesem Bereich, das ist Platz sechs in der Rangliste der 20 größten deutschen Städte.
Die Stadt punkte mit einem breiten Branchenmix, sagt Fraas, der auch dank der geplanten Investitionen in den Wissenschaftsstandort positiv in die Zukunft blickt - Stichwort neue Technische Universität. Und nicht nur das: Auch die Evangelische Hochschule plant einen neuen Campus am Rathenauplatz, die Uni Erlangen-Nürnberg soll ein neues Pädagogisches Zentrum bekommen, der Ausbau der Technischen Hochschule geht weiter.
"Unter den Top 5"
Dank all dieser Rahmenbedingungen sei der Nürnberger Immobilienmarkt äußerst robust und die Nachfrage anhaltend hoch, so Küspert. "Nürnberg ist in vielen Bereichen unter den Top 5." Die Liga der sogenannten B-Städte, zu denen vorwiegend mittelgroße Kommunen zählen, führe Nürnberg sogar an.
Ganz spurlos ist die Pandemie aber nicht an der Stadt vorbeigegangen. So ist der Flächenumsatz im Bereich der neu vermieteten Büroflächen im Jahr 2020 um 20 Prozent zurückgegangen. Doch liege man damit immer noch deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre, wie Küspert betont. Und andere Städte mussten in diesem Sektor weit stärkere Einbußen verkraften: In Düsseldorf und Stuttgart gab es einen Rückgang von rund 50 Prozent.
Trotz des Umsatzrückgangs steigen die Mieten zudem weiter, im Schnitt zahlen Büromieter 13 Euro pro Quadratmeter, der Spitzenpreis in diesem Sektor liegt bei 16,55 Euro, Tendenz steigend. "Wir haben da das lange Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht", so Küspert. Rohstoffknappheit und die Anforderungen an nachhaltiges Bauen ließen die Preise steigen. "Es ist aber nicht so, dass wir uns vor Nachfragen nicht retten können." Derzeit legten etliche Arbeitgeber eine Denkpause ein.
Attraktive Innenstadt: Fördergelder stehen bereit
Wieviel Homeoffice wird es künftig geben? Wie viel Platz brauchen wir in der Firma und wie soll diese Fläche gestaltet sein? Die Anforderungen an die Arbeitsplätze werden sich wandeln, davon ist Küspert überzeugt. "Das Büro der Zukunft ist auch ein Treffpunkt." Nürnberg habe jedoch einen stark veralteten Gebäudebestand, "wir brauchen sehr viele neue Räume". Knapp 30 Bürostandorte gibt es in der Stadt, unter anderem die Flächen in der Altstadt, am Rathenauplatz und am Frauentorgraben haben aus Sicht der Fachleute hohes Entwicklungspotential.
Weniger Grund zum Jubeln gibt es im Bereich Einzelhandel. "Neben der Hotellerie ist er ganz klar der Verlierer der Pandemie", so Küspert. Die Ladenmieten sind bereits gesunken, wahrscheinlich sei hier das Ende der Talsohle noch nicht erreicht. "Momentan haben wir eindeutig einen Mietermarkt." In der Spitze wurden laut Küspert in kleineren Läden in 1A-Lagen wie Karolinenstraße und Breite Gasse 160 Euro pro Quadratmeter verlangt, derzeit sind es maximal 140. Auch die Laufzeiten der Verträge werden kürzer.
Pop-up-Läden und begrünte Sitzplätze sollen die Innenstadt beleben
Es werde neue Konzepte brauchen, die Innenstädte müssten sich nachhaltig verändern, so Küspert, der schon erste positive Ansätze sieht. Neue Gastronomie werde die Innenstadt auch am Abend beleben, in Verbindung mit künstlerischen und kulturellen Angeboten. Wirtschaftsreferent Fraas sieht in den fallenden Mieten zudem neue Chancen für den inhabergeführten Einzelhandel, der sich die früheren Top-Mieten nicht leisten konnte.
Im Bereich "Industrie und Logistik" dagegen stieg die Nachfrage weiter, was die Preise nach oben treibt, auch weil das Angebot in Nürnberg begrenzt ist. Für Hallen zahlen Mieter im Schnitt fünf Euro pro Quadratmeter, die Spitzenmiete liegt bei 6,40 Euro. Auch Wohnen wird nach wie vor teurer. In Neubauten liegen die Nettokaltmieten zwischen elf und 17 Euro pro Quadratmeter, Altbauten kosten sieben bis 13 Euro. "Und ein Ende ist nicht in Sicht", betont Küspert, der aber immerhin melden kann, dass auch in den geförderten Wohnungsbau investiert wird - und zwar nicht nur von gemeinwohlorientierten Wohnungsbauunternehmen, sondern auch von großen Konzernen. Insgesamt, so das Fazit, sei das Interesse von Investoren und Projektentwicklern aus dem In- und Ausland größer denn je.
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