Turm der Sinne: Hier wird man hinters Licht geführt
11.3.2013, 13:00 UhrGenauso wie die vielen Sinnestäuschungs-Exponate in dem historischen Stadtmauerturm am Westtor führt aber auch der Slogan in die Irre: Bei genauem Nachzählen kommt man auf sechs Etagen in dem beengten Gemäuer mit 120 Quadratmetern, und beim Menschen auf noch eine ganze Menge anderer Sinne neben Auge, Ohr, Hand, Nase und Mund, die nur eins gemeinsam haben: Auf die eine oder andere Art und Weise lassen sie sich alle hinters Licht führen.
Rainer Rosenzweig, der Geschäftsführer des Mitmach-Museums, war von der Idee der Erlebnis-Ausstellung fasziniert und trieb die Pläne ab 1995 zügig voran. Der Stadtmauerturm, den der Humanistische Verband Deutschland (HVD) schon länger für seine Jugendarbeit nutzte, war als Geburtsstätte eines für die Region absolut ungewöhnlichen Bildungsprojekts auserkoren: Durch die Erkenntnis, wie leicht sich die menschliche Wahrnehmung täuschen lässt, sollte die Botschaft transportiert werden, dass als erste Reaktion auf scheinbar unerklärliche Phänomene erst einmal gesunde Skepsis angebracht ist.
Kühner Traum
Skepsis herrschte allerdings damals auch in Bezug auf die Realisierbarkeit des kühnen Museums-Traums. „Wir waren eben Nobodys“, erinnert sich Rosenzweig. Erst als es gelang, Sponsoren wie die Firma Hüttinger und vor allem eine beträchtliche Spende der Sparkassen-Zukunftsstiftung zu gewinnen, „hatten wir plötzlich keine Ausreden mehr“.
Das Turm-Museum mit seinen Aha-Elementen wie etwa dem Ames-Raum, in dem ganz normale Menschen plötzlich zu einem Riesen und einem Zwerg mutieren, zog seit der Eröffnung Mitte März 2003 Besucher aller Altersstufen und zahlreiche Schulklassen an. Vom Erfolg beflügelt, warfen die Betreiber im WM-Jahr 2006 einen wahren Berg von Werbeprospekten unters Volk – „in dutzenden Sprachen, sogar in Esperanto“, erinnert sich der promovierte Mathematiker Rosenzweig.
Doch die Rechnung schien nicht aufzugehen: Während der WM erwies sich der Fußball einfach als zu starke Konkurrenz. Danach allerdings schnellten die Zahlen wieder nach oben und hielten sich seitdem auf einem erfreulichen Niveau von rund 30000 Besuchern pro Jahr. Die Zugkraft des Museums besteht auch in seiner Originalität: „Die ausschließliche Beschäftigung mit Wahrnehmungsphänomenen, das ist unser Alleinstellungsmerkmal“, ist sich Rainer Rosenzweig sicher.
Rund um den Turm haben sich auch Veranstaltungen zu den Themenfeldern Wahrnehmung und Gehirnforschung etabliert. Dazu zählen die regelmäßigen Sonderausstellungen, die in dieser Woche stattfindende „Brain Week“ , während der auch das Jubiläum am 15. März mit einer Gala gebührend gefeiert wird, und als Flaggschiff das Symposium „turmdersinne“ mit bekannten Referenten aus Wissenschaft und Forschung. Mittlerweile existiert auch eine mobile Ausstellung für Schulen, Firmen und andere Science Center, die rund 40 Exponate umfasst.
Das jüngste Kind nennt sich „Mein Turm der Sinne“. Die Besucher sollen dabei die Möglichkeit erhalten, das Erlebnis ihres Besuches mit anderen zu teilen und damit selbst zum Teil der Ausstellung zu werden. Für dieses Vorhaben hat die Sparkassen-Zukunftsstiftung einen Zuschuss von 58000 Euro bewilligt, weitere 43500 Euro gibt es von der Bayerischen Sparkassenstiftung für ein Schulprojekt – und diese Gelder sind ganz bestimmt keine Sinnestäuschung. Mehr Infos zu Öffnungszeiten und Veranstaltungen gibt es unter www.turmdersinne.de.
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