„Unsere Kinder buddeln im Sand voller Kippen“

29.08.2012, 07:44 Uhr
„Unsere Kinder buddeln im Sand voller Kippen“

© Hippel

Selbstvergessen spielte die 14 Monate alte Anna-Frida mit Schaufel und Eimer im Sand „Plötzliche merkte ich, dass sie auf irgendetwas rumkaute“, erinnert sich Yvonne Regenfuß voller Grausen. Sie reagierte rasch und hielt wenige Sekunden später einen Zigarettenstummel in ihrer Hand.

Die 39-Jährige kommt im Sommer mit ihrer Tochter fast jeden zweiten Tag in den Rosenaupark — und sammelt manchmal auch herumliegende Kippen auf. Obwohl drei Mülleimer das Spielplatzgelände nahezu umkreisen, werden die Zigarettenreste achtlos weggeworfen. „Der Sand und das Gras sind voll mit Kippen — und dazwischen krabbeln unsere Kinder“, schimpft Myriam Deckinger. Dabei sind es nicht irgendwelche Halbstarken, die gedankenlos ihre Kippen wegschnippen, sondern vor allem Eltern, die sich gerne eine Zigarette anzünden, während sie auf ihren spielenden Nachwuchs aufpassen.

Über solch ein verantwortungsloses Verhalten kann Claudia Buschkamp-Knauer nur den Kopf schütteln. „ Mein Mann raucht auch“, erzählt die 39-Jährige, „aber er hat immer einen mobilen Aschenbecher dabei.“ Wenn ihr 14 Monate alter Sohn Daniel mit seinem Sieb im Sand spielt, fördert er stets die ein oder andere Kippe zutage — sie lässt ihr Kind keinen Moment aus den Augen.

„Was mich ärgert, ist die Ignoranz mancher rauchender Mütter“, schimpft Ulrike Müller, die sich bei dem Versuch, die Betroffenen aufzuklären, schon einige Abfuhren geholt hat. Die zweifache Mutter konnte Anfang August gerade noch verhindern, dass sich ihre 15 Monate alte Tochter einen Zigarettenstummel in den Mund steckt. Die 34-Jährige regt an, einen speziellen Raucherbereich einzurichten. Myriam Deckinger fordert, ein Schild aufzustellen, „denn viele wissen gar nicht, dass auf Spielplätzen Rauchen verboten ist“.

Doch wie gefährlich ist es, wenn ein Kind tatsächlich eine Kippe verschluckt? „Bei uns gehen jährlich über 1000 Anrufe ein wegen Kontakt mit Zigaretten“, erzählt Daniela Acquarone, stellvertretende Leiterin des Giftnotrufs Berlin. Dabei handele es sich vor allem um Vorfälle im häuslichen Bereich. „Bei unter zehn Prozent der Anrufe empfehlen wir eine ärztliche Überwachung“, fährt sie fort. Die Menge Nikotin, die ein einzelner Zigarettenstummel enthält, „ist in der Regel für ein Kleinkind nicht sehr toxisch und kann leichte bis mittelschwere Symptome hervorrufen wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall“.

Spezielle Raucherecke

Laut Grünanlagensatzung darf auf Spielplätzen nicht geraucht werden, deswegen wäre es kontraproduktiv, hier einen Raucherbereich einzurichten, betont Hans-Peter Kauppert von Sör. Auch gegen ein entsprechendes Verbotsschild spricht er sich aus: „Erfahrungsgemäß lassen sich Leute davon selten beeindrucken, zudem haben wir sowieso schon einen Schilderwald in der Stadt.“ Er setzt lieber auf die Aufklärungsarbeit vor Ort durch die Sör-Mitarbeiter und die Parkaufsicht.

Der viel genutzte Spielplatz im Rosenaupark wird gleich dreimal die Woche von Sör gereinigt — und gehört mit der Veit-Stoß-Anlage und dem Jamnitzerplatz in Gostenhof sowie dem Südtiroler Platz am Hasenbuck zu den meistgesäuberten Spielplätzen der Stadt. Doch bei einzelnen Zigarettenkippen stoßen die Mitarbeiter an ihre Grenzen. „Das Müllaufkommen auf den öffentlichen Flächen im Stadtgebiet ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen“, weiß Marco Daume von Sör. „Wir haben nicht die Ressourcen, um das allein zu bewältigen — wir brauchen dazu die Bürger und ein gesellschaftliches Umdenken.“

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