Aus dem Leben gerissen

Weiße Figur: Diese Tragödie steckt hinter dem Mahnmal im Nürnberger Süden

Georgios Tsakiridis

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12.1.2024, 19:33 Uhr
Eine weiße Silhouette erinnert an einer Nürnberger Kreuzung an einen tödlichen Unfall - und soll gleichzeitig einen Anstoß zum Umdenken geben.

© facebook/FUSS e.V. Nürnberg Eine weiße Silhouette erinnert an einer Nürnberger Kreuzung an einen tödlichen Unfall - und soll gleichzeitig einen Anstoß zum Umdenken geben.

Weiß ist eine Farbe, die viele Anlässe und Stimmungen bekleiden kann und deshalb auch zu ernsten Themen, wie dem Tod, passt. Vor allem in größeren Städten Deutschlands können Verkehrsteilnehmer deshalb komplett in weiß gehaltene Fahrräder, sogenannte "Ghostbikes" an Plätzen entdecken, an denen Radfahrer ums Leben gekommen sind. Eine ähnliche Geste der Mahnung und zum Gedenken ist jetzt auch in Nürnberg zu sehen - mit einer schmerzlichen Erinnerung aus jüngster Vergangenheit.

Der örtliche Ableger des bundesweiten Fachverbands "Fuss e.V." hat - analog zur Symbolik bei getöteten Radfahrern - für eine verstorbene Fußgängerin eine weiße Figur aufgestellt. Der Hintergrund: Mitte Dezember war eine 60-Jährige schwer verletzt worden, nachdem ein VW-Bus sie erfasst hatte. Wenig später erlag sie ihren Verletzungen. Unweit jener Stelle des verhängnisvollen Unfalls in der Zollhausstraße steht seit Dienstag die Silhouette aus Aluminium und Kunststoff. Mit dem Aufsteller will der Verband mehrere Botschaften vermitteln.

Neben der Funktion als Mahn- und Gedenkstätte soll die weiße Fußgänger-Figur zugleich auf mögliche Gefahrenpunkte vor Ort hinweisen. Die Strecke sei viel befahren und laut. Deshalb wünscht sich Claudia Pfefferlein vom "Fuss e.V. Nürnberg" eine "Entschleunigung des Verkehrs, entweder durch bauliche Maßnahmen oder Geschwindigkeitsbegrenzungen." Im Gespräch mit dieser Redaktion erklärt sie: "Es ist wahnsinnig, dass immer noch Fußgänger sterben und das kaum hinterfragt wird". Sie wünscht sich mehr Aufmerksamkeit für die Thematik.

Die vor rund eineinhalb Jahren gegründeten Ortsgruppe setzt sich zudem für die sogenannte "Vision Zero" des Deutschen Verkehrssicherheitsrats ein. Das Konzept beschreibt das Ziel, die Zahl der Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr auf null zu bringen, indem die Voraussetzungen für mehr Sicherheit geschaffen werden. Als Beispiel nennt sie die finnische Metropole Helsinki, wo im Stadtgebiet die Geschwindigkeit deutlich reduziert wurde. Sicherheit müsse an erster Stelle stehen, vor dem Komfort des, motorisierten Verkehrs, sagt Pfefferlein und fordert ein systemisches Umdenken.

Bundesweit vertritt FUSS e.V. bereits seit 1985 die Interessen der Fußgänger in Deutschland. Bei allen Fragen zum Fußverkehr dient der Verein als Ansprech­partner für Verwaltung, Politik und Öffentlichkeit und schlägt auch Änderungen für Gesetze und Richtlinien vor. Claudia Pfefferlein habe angesichts des tragischen Unfalls bereits mit einigen Stadträten gesprochen, was die "Entschärfung" der besagten Kreuzung angeht. Fürs Erste erinnert nur eine weiße Silhouette aus Aluminium an die verhängnisvollen Vorkommnisse.