Weltweit Nummer fünf: Fahrstühle aus Nürnberg
2.3.2014, 16:34 UhrDie Vorstellung, in einem Fahrstuhl stecken zu bleiben, treibt so manchem die Schweißperlen auf die Stirn. Der Aufzughersteller Schmitt + Sohn ist für den Ernstfall gerüstet. Die firmeneigene Telefonzentrale ist an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr besetzt. Über 15.000 Anlagen überwachen die Mitarbeiter der Telefonzentrale im Schichtdienst. Bei einer Störung oder einem Stromausfall landen die Anrufer aus Deutschland und Österreich entweder im Servicecenter in Nürnberg oder Chemnitz und werden von dort aus betreut, bis ein Techniker vor Ort ist.
„Falls es einen Stromausfall oder Hochwasser gibt, kann das andere Servicecenter übernehmen“, sagt Andreas Wedel, Leiter des Servicecenters in Nürnberg. „Wichtig ist der schnelle Kontakt zu den eingeschlossenen Personen. Während der Geschäftszeiten dauert es zwischen 20 und 30 Minuten, bis ein Techniker vor Ort ist.“ Nachts, wenn die Verkehrslage ruhiger ist, geht es oft sogar schneller. Im laufenden Geschäftsjahr gab es 1349 Personeneinschlüsse.
Das Familienunternehmen ist seit 1861 in Nürnberg ansässig und zählt zu den Pionieren des Aufzugbaus. Heute führt Johannes Schmitt gemeinsam mit seinem Bruder Martin den Familienbetrieb. Doch auch die sechste Generation, Johannes Schmitts Sohn Maximilian, Tochter Anna von Hinüber und ihr Ehemann Roland von Hinüber, ist bereits in Schlüsselpositionen des Unternehmens beschäftigt. In einem angenehmen Ambiente Menschen von unten nach oben zu bewegen, sei eine schöne Aufgabe, meint Anna von Hinüber, Leiterin der Rechtsabteilung.
Angefangen hat alles mit Martin Schmitt, der das Unternehmen 1861 als Kunst- und Bauschlosserei gründete. 1885, zu einer Zeit als auf Nürnbergs Straßen noch Kutschen unterwegs waren, stellte der Betrieb die erste Aufzugsanlage her. Anfang des 19. Jahrhunderts hatte der Betrieb bereits 130 Mitarbeiter und spezialisierte sich wenige Jahre später ganz auf Aufzüge.
1400 Mitarbeiter in Europa
1963 baute das Unternehmen einen zweiten Produktionsstandort in Portugal auf. Heute hat das Unternehmen 32 Niederlassungen in Deutschland, Portugal, Österreich und Tschechien und beschäftigt europaweit 1400 Mitarbeiter. Der jährliche Umsatz beträgt 135 Millionen Euro. Damit ist Schmitt + Sohn eigenen Angaben zufolge die Nummer fünf auf dem europäischen Markt - nach Otis, Schindler, ThyssenKrupp und Kone, den vier Großen der Branche. 1984 kaufte Schmitt eine ehemalige AEG-Werkhalle in Kornburg und lagerte einen Teil der Fertigung dorthin aus. Auf einer Produktionsfläche von 3500 Quadratmetern bauen 70 Mitarbeiter jährlich 600 Aufzüge für unterschiedliche Einsätze. Die Produktpalette reicht von ganz normalen Personenaufzügen über solche für Betten und Lasten sowie Glas- und Panoramaaufzüge. „Jeder Aufzug ist einmalig, denn jeder Kunde hat eigene Präferenzen. Wir haben 2013 hier 600 Unikate gebaut“, sagt Betriebsleiter Axel Stöger.
Im Werk in Kornburg werden die über 10.000 kleinen und großen Komponenten der Aufzugsanlagen hergestellt und in die ganze Welt verschickt. „Pro Jahr schneidet unser Laser Stahlbleche einer Fläche von neun Fußballplätzen in kleine Stücke“, erläutert Stöger. Neben der Anfertigung von Aufzugsanlagen wartet das Unternehmen rund 40.000 Aufzüge und modernisiert sie. „Wir sind nicht nur Aufzugfabrikant, sondern auch Dienstleister“, sagt Axel Stöger. Die Aufzüge sind unter anderem im Nürnberger Flughafen, im Museum Brandhorst in München, in der Messe in Wien, im historischen Rathaus in Prag oder in einer Privatvilla im russischen Penza im Einsatz. Der älteste Schmitt + Sohn-Aufzug steht in Schweinfurt und befördert seit 1919 Menschen in die oberen Stockwerke.
Nach dem Baukastensystem
Im „Forum Produkt“, dem neu eingerichteten Showroom des Unternehmens, können Kunden aus dem In- und Ausland die einzelnen Modelle von innen und von außen begutachten. „Das ‚Forum Produkt‘ ist ein ergänzendes Angebot. Hier haben wir alle Funktionalitäten und Designs an einem Ort“, sagt Anna von Hinüber. Neben dem „ISI 2040“, einem Modell das ohne Maschinenraum auskommt, steht hier auch der „Color Glas Aufzug“, dessen Design 2008 eine Auszeichnung erhielt. Bei diesem Modell kann sich der Kunde nach einem Baukastensystem einen Fahrstuhl nach Wunsch zusammenstellen - 64 Kombinationen sind möglich.
Jedes Jahr werden an den Standorten in Deutschland und Portugal rund 1400 Anlagen gefertigt. Über 80.000 Aufzugsanlagen hat das Unternehmen in seiner 152-jährigen Unternehmensgeschichte gebaut. Mittlerweile gehen 30 Prozent der Produktion in den Export. „Wir sind stolz, dass wir seit 1861 immer unseren eigenen Weg gehen. Das ist der Erfolg aller gemeinsam“, sagt Anna von Hinüber.
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