Weniger heizen und trotzdem nicht frieren

03.12.2008, 00:00 Uhr
Weniger heizen und trotzdem nicht frieren

© Gerullis

«Rund 80 Prozent des Energieverbrauchs eines Gebäudes benötigen wir für die Heizung, der Rest verteilt sich auf Warmwasserbereitung und Strombedarf, zum Beispiel für elektrische Anlagen und Licht», rechnet Rainer Dirk vor. Und so sieht der Regensburger Architekt beim Hausklima das größte Einsparpotential. «Bei Neubauten schreibt der Gesetzgeber bereits Verbrauchsgrenzen fest. Aber auch bei älteren Gebäuden kann schon mit relativ einfachen und günstigen Maßnahmen viel erreicht werden», ermutigt er Eigenheimbesitzer.

Mit Dach- und Kellerdeckendämmung, Isolierfenstern, Fassadendämmung und eventuell einer Lüftungsanlage könne man 50 bis 80 Prozent der Heizkosten reduzieren. «Wer jetzt Geld in die Hand nimmt, spart auf lange Sicht», sagt er mit Blick auf die steigenden Energiepreise. Außerdem gebe es Fördermöglichkeiten durch zinsverbilligte Darlehen. Für Heidi Kief-Niederwöhrmeier zählt noch ein weiteres Argument: «Experten vermuten, dass der Wert einer Immobilie in Zukunft maßgeblich vom Energieverbrauch und somit den Betriebskosten bestimmt wird. Vor allem bei Neubauten sind daher diese Aspekte unerlässlich.»

Viele Bauherren möchten aber auch die Sonne als kostenlosen Energieträger nutzen oder über einen Wärmetauscher in der Erde ihr Hausklima verbessern. Ob das Dach etwa für eine Solarthermie-Anlage oder der Untergrund für Geothermie geeignet sind, müssen Fachleute überprüfen, sagt Rainer Dirk. Um bei dem komplexen Thema nicht den Überblick zu verlieren und überall das Optimum herauszuholen, empfiehlt er, einen Experten zu beauftragen. «Im Idealfall hat ein Architekt alle Fäden in der Hand und zieht die jeweiligen Spezialisten hinzu», erklärt Dirk. Bei Großprojekten sei das ohnehin üblich, aber auch bei kleineren Eigenheimsanierungen spare man sich so Ärger und Kosten.

Egal, ob man neu baut oder ein altes Gebäude saniert: Eine gute Energieeinsparung könne man nur mit einem ganzheitlichen Ansatz erreichen, so Heidi Kief-Niederwöhrmeier. Also nicht nur das Gebäude selbst muss optimiert sein, auch die Haustechnik, der Standort und das Nutzerverhalten müssen dazupassen: «Ein energetisch vorbildlich saniertes Haus bringt keine Kohlendioxid-Einsparung, wenn die Bewohner jeden Tag weite Strecken mit dem Auto zur Arbeit fahren», so die Architektin.

Mit einem ganzheitlichen Ansatz wird derzeit das neue Stadtteilzentrum «Südpunkt» an der Sperberstraße gebaut, berichtet Heidi Kief-Niederwöhrmeier: «Das Gebäude ist ein Passivhaus, also ein Standard, der heute für Neubauten noch nicht vorgeschrieben ist», erzählt sie. Durch die Gestaltung sei der Bau richtungweisend für das Viertel, findet die Expertin, die in der Jury des Architektenwettbewerbs saß.

«Für die Wettbewerbsteilnehmer war es eine schwierige Aufgabe», erinnert sie sich. Auf engem Raum mussten ein Neubau und alte Bausubstanz verbunden werden. Außerdem wird das Haus sehr vielfältig genutzt, von Kulturveranstaltungen über eine Stadtteilbibliothek bis zu Sport. «Bei so einer Einrichtung gehen viele Menschen hinein und hinaus. Das ist mit Wärmeverlusten verbunden», erklärt sie eine weitere Herausforderung. Letztendlich habe das Konzept des Würzburger Büros Kuntz und Manz die Jury überzeugt: Es löse nicht nur die technische Seite gut, sondern setze mit der grünen Fassadengestaltung auch einen Akzent im Stadtteil.

Eine andere kniffelige und gut gelöste Aufgabe ist für die Nürnberger Architektin die Sanierung der Kriegergedächtnis-Siedlung in Mögeldorf. Das Büro Aicher & Hautmann setzte Genossenschaftswohnungen aus dem Jahre 1913 so in Stand, dass sie den aktuellen Richtlinien für Energieverbrauch entsprechen. «Das Gebäud wurden auf einen energetischen Standard gebracht, der in etwa dem für Neubauten nach der Energieeinsparverordnung 2007 entspricht. Zugleich wurde der Charakter und die Schönheit des Hauses erhalten», lobt Heidi Kief-Niederwöhrmeier. «Die Dachgestaltung und die Fassadengestaltung wurden beibehalten, die Fensterläden wieder angebracht.»

Die Nürnberger Architektin zählt noch eine ganze Reihe gelungener Sanierungen auf. Allerdings hat sie ein Problem ausgemacht: «Je jünger ein Objekt ist, desto geringer wird der Wert der Originalarchitektur geschätzt.» In der Vergangenheit seien so charakteristische Merkmale von Gebäuden aus den 50er und 60er Jahren unter Dämmplatten verschwunden.

Bei einigen Projekten, wie der Parkwohnanlage West oder den Pavillons der Akademie der Bildenden Künste von Sep Ruf, gehe man mittlerweile mit dem nötigen Fingerspitzengefühl ans Werk.

Aber auch für richtig alte Gemäuer wie Sandsteinhäuser gibt es Möglichkeiten, fügt ihr Kollege Rainer Dirk hinzu: «Mit einer Innendämmung kann man viel erreichen und die authentische Außenfassade erhalten.»

Diskussionen zum Thema Energie und Architektur und vielen anderen Aspekten rund ums Bauen und Sanieren bietet der Treffpunkt Architektur der Bayerischen Architektenkammer an. Die öffentlichen Veranstaltungen, Ausstellungen, Vorträge und Podiumsdiskussionen finden mehrmals im Jahr auch in Nürnberg statt. Weitere Informationen und ein Verzeichnis der Energieberater gibt es im Internet unter www.byak.de oder telefonisch unter 2 74 32 60.

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