"Wie ein verlassener Planet"
1.4.2011, 19:14 UhrSeit September 2010 bloggt er regelmäßig über die Arbeiten auf dem Gelände. Woche für Woche ist er in der Stadt unterwegs, um Fotos zu schießen.
Seine Liebe zur Architektur habe ihn auf die Idee gebracht, darüber zu berichten, sagt der 22-Jährige. Seit zwei Jahren studiert er Design an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule. „Wenn ich damit fertig bin, dann fange ich nochmal ein Architektur-Studium an“, sagt er. Besonders die Gebäude aus der Zeit der Industriellen Revolution hätten es ihm angetan. Deren Schönheit möchte er im Stadtbild nicht missen: „Nürnberg hat viele dieser alten Bauten. Und reißt sie alle nacheinander ab!“ Auf seinem Blog (gesichterderstadt.wordpress.com) finden sich daher regelrechte Dokumentationen. Über das alte Volksbad, das Elektrizitätswerk in Tullnau, das alte Straßenbahndepot. Alles Orte, die Jonathan „vor dem Vergessen retten will“. Viel könne er oft nicht ausrichten, sagt er bedauernd. Aber er hofft, dass durch seine Arbeit ein Stück des alten Nürnberg bewahrt wird.
Was den gebürtigen Nürnberger oft besonders ärgert: „Vieles findet im Verborgenen statt, die Anwohner kriegen oft gar nichts mit.“ Eigentlich sei sein Blog nur entstanden, weil er selbst so wenig über die verlassenen Gebäude erfahren konnte. Daher sucht er jetzt gezielt den Kontakt zu den Verantwortlichen. Die Informationen, die er bekommt, stellt er dann seinen Lesern zur Verfügung. Oft sitzt Jonathan nächtelang am Computer und sortiert seine Bilder, schreibt Blogeinträge oder surft in Architektur-Foren. Dort holt er sich Tipps, welche Orte er als nächstes besuchen könnte. Auf diese Weise entstanden seine Blog-Einträge über den jüdischen Friedhof in Krakau oder auch über die Stadt Maastricht.
Der 22-Jährige, der sich im Internet Danko Green nennt, wirkt auf den ersten Blick eher introvertiert. Doch der Eindruck täuscht. Auf seinen Entdeckungstouren begegnet der Student vielen Menschen. Er sucht Kontakt zu anderen Fotografen, die er vor Ort trifft.
Weil er so viel Zeit ins Bloggen investiert, kollidiert sein Hobby auch mal mit dem Studium. „Gerade am Ende des Semesters wird es oft stressig.“ Manchmal kann er auch beides verbinden, wenn er zum Beispiel Fotoarbeiten anfertigen muss. Er könnte sich vorstellen, seine Abschlussarbeit über Architektur in Nürnberg zu schreiben.
Warum ihn gerade die verlassenen Orte in Großstädten so faszinieren? „Das ist wie eine Zeitreise“, schwärmt der Student, „in manchen Gebäuden waren seit Jahren keine Menschen mehr, aber es sieht aus, als wären sie eben erst weggegangen.“ In den Räumen der Tucherbrauerei fand er Personalunterlagen, in den Lagern standen noch die letzten Fässer Bier. „Das ist, als würde man auf einem verlassenen Planeten landen!“
Eigene Ideen, wie man die alten Gebäude nutzen könnte, hat er auch: „Bei der Brauerei muss ein Großteil abgerissen werden, mit so vielen Hallen kann man ja nichts anfangen. Aber es gibt dort auch viele kleinere Gebäude, aus denen hätte man tolle Loftwohnungen oder Büros machen können“, erklärt Jonathan, der in Fürth in einem Altbau wohnt. Er hofft, „dass die da was G’scheits drauf bauen“.
Was sich auf dem Gelände verändert, Jonathan wird es mit seiner Kamera einfangen. Nur im Sommer macht er ein paar Wochen Pause. Dann will er ein wenig reisen, „am liebsten in den Osten Deutschlands. Da gibt es noch viel Material für mich!“
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