Betzensteiner Bürger wegen Wolfsrissen in Angst

20.3.2021, 07:55 Uhr
Betzensteiner Bürger wegen Wolfsrissen in Angst

© Foto: Klaus Trenz

Dabei bezog er sich auf die beiden Wolfsrisse in den Wildgehegen in Riegelstein und Illafeld, wo Ende Februar und Anfang März insgesamt 25 Tiere durch den Wolf getötet wurden. Das gebe es in keiner anderen bayerischen Gemeinde. Die Bevölkerung sei immer noch beunruhigt. Die Stadträte Uli Strauß und Friedrich Engelhardt (beide FW) stellten einen Antrag auf Stellungnahme des Stadtrats zur Wolfsproblematik. Christian Otto (UBB) kündigte einen weiteren Antrag an.


Nach Blutbad in Betzenstein: Debatte um Abschuss von Wölfen


Es fanden bereits zwei Videokonferenzen mit dem Umweltministerium und Fachstellen statt. Darunter eine am Vortag mit Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (FW) unter Ausschluss der Öffentlichkeit und damit auch der lokalen Presse vor Ort. Diese Woche kam auch Landrat Florian Wiedemann, um sich ein Bild von der Situation zu machen und mit Beteiligten zu sprechen.

Räte als Wolfsexperten

"Wir werden uns dem Thema nicht verweigern können und es ist schwer, sachlich zu diskutieren", sagte Meyer weiter. Deshalb und wohl auch um die Sitzung angesichts Corona möglichst kurz zu halten, forderte er die Stadträte auf, sich mit dem Antrag von Strauß auseinanderzusetzen und sich zu dem Thema Wolf eine Meinung zu bilden – bis zur nächsten Sitzung. Dann geht man vielleicht in eine schwere Diskussion, wie sie auch in der Öffentlichkeit und den Medien geführt wird.

Uli Strauß jedenfalls hofft auf ein klares Statement des Stadtrats, das Setzen eines "Zeichens für die Bevölkerung". Strauß weiter: "Wir haben dringenden Handlungsbedarf, wir müssen Konzepte entwickeln, um zu regulieren". Er will, dass der Schutzstatus des Wolfs auf eine "verträgliche Stufe zurückgefahren wird", befürchtet eine Rückkehr von der Weide- zur Stallhaltung, weil die Einzäunung von teilweise sehr großen Weideflächen auf Dauer gar nicht machbar sei. Und dass die Zeche die kleinen Erzeuger in der Fränkischen Schweiz zahlen müssten. Dennoch: "Der Wolf soll seinen Platz haben", sagt er. Aber dann "bitte in unbesiedeltem Gebiet". Mit dieser Meinung, die auf eine gezielte Bejagung des Wolfs hinausläuft, steht Strauß nicht alleine.

Die Bayreuther Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer (CSU) meint, dass ein Eingriff in die Wolfspopulation möglich sein sollte. Kurz nach den Wolfsrissen in Betzenstein forderte auch die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) eine Eingrenzung des Wolfsbestands. Sie erntete damit nicht nur Empörung von Natur- und Tierschützern, sondern auch eine umgehende Reaktion von ihrem Kollegen in München, Umweltminister Thorsten Glauber. Der ehemalige Forchheimer Kreisrat mahnt schon fast gebetsmühlenartig zur Besonnenheit und zu "klugem Vorgehen".

Und dass es für einen Eingriff aus tier- und naturschutzrechtlichen Gründen gar keine Möglichkeit gibt, nicht nur auf Bundes- sonder auch auf europäischer Ebene. "Die Diskussion über Abschussmöglichkeiten bringt jedoch keinen weiter. Die Rechtslage beim Wolf ist klar. Die Sicherheit der Menschen steht an erster Stelle. Daneben gilt: Die Länder haben keine Möglichkeit, selbst von den strengen Schutzvorgaben der EU und des Bundes abzuweichen. Die Tierhalter brauchen keine abstrakten Debatten, sie brauchen konkrete Unterstützung", lässt er über eine Pressemeldung verlauten. Glauber appelliert an die Weidetierhalter, von dem Förderprogramm des Freistaats für Herdenschutzmaßnahmen Gebrauch zu machen: "Wir werden den bestehenden engen Austausch mit der Region in einem runden Tisch weiterführen." 

Einen regionaler runder Tisch schwebt auch Betzensteins Stadtrat Christian Otto (UBB) vor. Er ist auch Hegeringleiter der Hegegemeinschaft Betzenstein. Und möchte ein wissenschaftlich fundiertes, und auch von der Politik getragenes Konzept, welches das Miteinander von Wolf und Mensch möglich macht.

"Ground Zero"

Die Stadt Betzenstein soll dafür die Initiative ergreifen, soll die Gemeinden rund um den Veldensteiner Forst mit an den Tisch holen. Immerhin befinde man sich angesichts des Schadens – 25 Tiere fielen dem Wolf in vier Tagen zum Opfer – in einer Art "Ground Zero".

Er werde jedenfalls bei den Hegegemeinschaften dafür werben. Seine Vision: Eine "Modellregion Mensch-Wolf". Einen entsprechenden Antrag will Otto zur nächsten Stadtratssitzung vorlegen.

Wie emotional das Thema Wolf die Menschen – vor allem bei den betroffenen Wildgehegen – aufrüttelt, zeigt ein offener Brief der Familie Ertel, der auch heute noch an den Zäunen ihres Wildgeheges hängt und im ganzen Ort verteilt worden ist.

Man ist dabei auch selbstkritisch: "Der Angriff war in einer Dimension, die wir nicht für möglich gehalten haben. Vielleicht waren wir etwas blauäugig, haben die Gefahr unterschätzt und uns nicht rechtzeitig und ausreichend dafür vorbereitet". Allerdings sei die Zeit nach dem Wolfsriss im benachbarten Gehege in Riegelstein auch zu kurz gewesen, um das Gehege sicher zu machen. Man stelle sich jetzt die Frage: "Aufhören mit der Gehegewildhaltung oder weitermachen?" Der Aufwand, einen 1,2 Kilometer langen Zaun Wolf-sicher zu machen, sei "immens".

Man habe das Gehege verkleinert, damit es ein Stück weiter vom Dorf entfernt ist. Weil man befürchtet, dass der Wolf durch die verbleibenden Tiere im Gehege erneut angelockt wird. Und: "Der Wolf ist sicherlich ein schönes und faszinierendes Tier. Fragt sich nur, ob er in dieser Anzahl in unsere dicht besiedelte Kultur- und Weidelandschaft passt."

Die Familie Ertel, die in der Nacht zum 3. März 18 trächtige und junge Tiere durch einen Wolfsangriff verloren hat, hat mittlerweile das Ergebnis der DNA durch das Landesamt für Umwelt erhalten (LfU). Demnach waren es mehrere Wölfe, die in das Gehege eingedrungen sind. 

 

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