Musikstudio wird künftig zu einem Kulturtempel

15.6.2012, 17:17 Uhr
Musikstudio wird künftig zu einem Kulturtempel

© Udo Güldner

Nena brachte ihre drei Hunde und den dazu gehörigen Angestellten mit. Softcell-Sänger Marc Almond kurvte mit dem Unimog durch den Garten. Die Schweizer Gruppe „Yello“ erkundete das Gelände beim täglichen Joggen. Dazu noch so klangvolle Namen wie Electric Light Orchestra, Klaus Kreuzeder, Visage, Chris Rea, die Heavy Metal-Band „Sodom“. Viele große Namen der Musikszene hat das ehemalige Umspannwerk, aus dem Anfang der 80er Jahre das erste digitale Tonstudio Deutschlands wurde, bereits gesehen.

Jahrelang ungenutzt

Jahrelang standen später große Teile des Geländes unterhalb der Kirche ungenutzt. Seit 1999 reifte bei den Eigentümern ein Gedanke: Ein Mekka für Kultur im Trubachtal gründen. Nun schließt sich für Musikproduzent Robert „Bobby“ Bachinger (52) der Kreis. „Die Fans saßen teilweise mit Ferngläsern am anderen Ufer der Trubach und versuchten, einen Blick auf ihr Idol zu erhaschen.“

Besonders die Neue Deutsche Welle mit „Trio“, dem „Palais Schaumburg“ oder der „Deutsch Amerikanischen Freundschaft“ kam in die Fränkische Schweiz, weil dort „nur die beste und teuerste Technik vorhanden war“. Hier kam die erste digitale Bandmaschine der Republik zum Einsatz. „Die kostete damals stolze 400000 D-Mark.“ Gleich daneben ein Mischpult für 1,5 Millionen D-Mark.

Es waren noch andere Zeiten, in denen Bands für ihre Alben Millionenbudgets hatten und mehrere tausend D-Mark täglich für das Musikstudio aufwenden konnten. „Die Musiker blieben teilweise monatelang und gehörten beinahe zur Familie.“ Dabei musste bisweilen auch improvisiert werden.

So wie bei „Trio“, als deren Schlagzeuger ins Gefängnis musste, und seine Sounds auf Band den Weg nach Untertrubach fanden, um dort mit der Live-Musik vereinigt zu werden. Einige Kilometer weiter in Hiltpoltstein war das Schwesterstudio untergebracht. Hier nahmen Eric Burdon oder Darius Brubeck ihre Platten auf.

U2 feierte wilde Weihnachten

Selbst U2 feierten im Hotelgasthof „Zur Post“ in Egloffstein mit fränkischen Spirituosen wilde Weihnachten. „Alles, was ich erlebt habe, kann ich nicht erzählen.“

Vor Kurzem wurde aus dem legendären Musikstudio des Photo-Porst-Bruders Jonas ein Wohnhaus. Ganz anders Bobby Bachinger. „Wir öffnen uns nun dem Publikum und bieten einen Dreiklang aus Konzerten, Gastronomie und Studiotechnik. Also etwas, was man nicht unbedingt auf einem Dorf wie Untertrubach vermutet.“ Der umtriebige Manager, der für Herbert Grönemeyer zusammen mit Oliver Sommer Videoclips hergestellt hat, war sechs Jahre lang in den Vereinigten Staaten, um Erfahrungen zu sammeln. Dort in Hollywood besitzt er noch immer ein kleines Musikstudio.

Aber zurück nach Untertrubach. Da wo einst die Pop- und Rocklegenden sich zwischen den Aufnahmen ausruhten und sich bekochen ließen, bewirtet nun ein spitzen Serviceteam die Besucher. Und wo Plattenstars bei Billard oder Flipper die Gedanken kreisen ließen, kann man zur Ruhe finden. An den Wänden noch die original Metalltapete, nicht als einziges Zitat an eine große Zeit.

Das Ehepaar Bachinger, Marianna ist in der Region auch wegen ihrer schamanischen Heilarbeit keine Unbekannte, hat derweil große Pläne. „Wir wollen Jam Sessions, Comedy und auch Live-Konzerte. Auch und gerade weil das obere Trubachtal da bislang wenig zu bieten hat.“ Herzstück ist ein Konzertsaal für rund einhundert Gäste mit Bühne, der technisch keine Wünsche offenlässt.

Beste Qualität garantiert

Selbst Live-Einspielungen oder Video-Mitschnitte kann Bobby Bachinger in bester Qualität hier anfertigen. Die große Leidenschaft des Schlagzeugers, der in den 90ern schon mit Meat Loaf auf Europa-Tournee war, gehört allerdings der Musik. Hunderte von Bands hat er bereits produziert.

„Ich kann mir unmöglich alle Namen merken. Die Gesichter, und vor allem die Stimmen, aber schon.“ Das Musikstudio gibt es übrigens immer noch, und Bobby Bachinger sitzt mit der Barry White Experience gerade wieder am neuesten Projekt. Draußen wartet derweil eine große Gartenterrasse direkt an der Trubach, wo einst die Mitglieder der Gruppe „Siouxsie and the Banshees“ am Ufer saßen und die Forellen fütterten.

Am Wochenende sollen nun regelmäßige Kultur- und Musikveranstaltungen in die Region hineinwirken und dabei nicht nur Wanderer, Motorradfahrer oder Kletterer ansprechen. Und vielleicht wird auch Bobby Bachingers alte Band „The True Beings“ mit Christian Satzinger und Horst Hartmann wieder im Rampenlicht stehen. Nach über 30 Jahren.

Derweil legt Bobby Bachinger, der im letzten halben Jahr einen Großteil der Umbauten selbst vorgenommen hat, noch letzte Hand an. „Wenn ich vorher gewusst hätte, welcher Aufwand, Kosten und Stress auf mich zukommen, hätte ich mir das wohl nicht angetan.“

Am 22. Juni ab 19 Uhr gibt es eine weitere große Eröffnungsfeier mit Jasmin Dazert & Band. Mehr dazu unter Telefon (09197) 6259904 oder unter www.thestudiolounge.de

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