Pionierin der Kinderbetreuung sagt ade

07.10.2019, 20:55 Uhr
Pionierin der Kinderbetreuung sagt ade

© Klaus Trenz

Sie wollte schon immer in den Kindergarten, mit Menschen arbeiten. 1975 hat sie ihren Abschluss als Erzieherin gemacht, hat sich überlegt, Sozialpädagogik zu studieren.

Aber zunächst wollte sie die Praxis als Erzieherin kennenlernen und dann entscheiden, ob der Berufsweg sie in die Erwachsenenbildung oder in den Kindergarten führt.

Im evangelischen Kindergarten "Zum guten Hirten" in Pegnitz fand sie eine Stelle. "Bei der legendären Tante Betty", erinnert sie sich, von der sie selbst schon als Kind betreut wurde. Zusammen mit einer Kinderpflegerin kümmerte sie sich um eine Gruppe Kleinerer, 45 waren das damals.

Streng, aber gerecht

"Ich war baff, an was ich mich damals noch aus meiner eigenen Kindergartenzeit erinnern konnte", sagt Becker. "Tante Betty war streng, aber ich kann mich an kein Unrecht erinnern." Die Ansprüche an die Pädagogik hatten sich geändert. Karin Becker favorisierte die altersgemischten Gruppen – und mit viel Diplomatie konnte sie das schließlich auch durchsetzen. Sie wurde als Nachfolgerin für die Kindergartenleitung aufgebaut, aber so weit kam es nicht, denn 1977 kam ihre erste von drei Töchtern zur Welt.

1979 hat Karin Becker dann eine Halbtagesstelle in Plech als Gruppenleiterin begonnen, ein Jahr später kam die zweite Tochter. Drei Jahre danach hat sie in der Bäckerei ihres Vaters im Verkauf begonnen. "Da habe ich auch viel gelernt, man macht nichts im Leben umsonst", erzählt sie rückblickend. Der Kontakt zu den Menschen habe ihr "viel gebracht". Dazwischen kam der Hausbau und 1986 dann die Geburt der dritten Tochter.

1989 war Karin Becker auf der Suche nach einer Halbtagsstelle und arbeitete schließlich in Creußen im alten Kindergarten in der Bahnhofstraße, der neue im Rosental wurde gerade erst gebaut. Bei der Betreuung der eigenen Töchter bekam sie Unterstützung von ihrer Mutter und ihren Schwiegereltern.

"Ich habe gesagt, dass ich freie Hand brauche"

Dann erfuhr sie, dass im Kindergarten Plech eine neue Leitung gesucht wurde und übernahm dort für drei Jahre diese Stellung. 1993 wurde in Schnabelwaid ein Kindergarten gebaut. Sie hatte gehört, dass schon viele Bewerbungen dafür vorlagen. "Ich wollte die Stelle, der Aufbau eines neuen Kindergartens hat mich gereizt", meint Becker und fügt hinzu: "Ich habe mich dem Kirchenvorstand und dem Gemeinderat vorgestellt, habe gesagt, dass ich freie Hand brauche und dass sie mir vertrauen können." Sie konnte die Gremien überzeugen und bekam eine Zusage. Zusammen mit ihrer ehemaligen Kollegin aus dem Wiesweiher-Kindergarten startete sie in Schnabelwaid. "Die habe ich abgeworben, denn ich wusste, was ich an ihr habe", lacht Karin Becker.

Es waren bewegte Jahre mit ein bis zwei Gruppen, es gab viele Elternaktionen. Becker erzählt vom Kuhballett, bei dem sie den Eltern Euter aus rosa Gummihandschuhen gebastelt hat. Oder von dem Auftritt der Väter in Tüll. Und sie hat Einzelintegration angeboten für behinderte Kinder sowie eine Schulkindbetreuung.

2005 wurde Karin Becker Oma und hat mitbekommen, wie ihre Tochter sich um eine Tagesmutter oder einen Krippenplatz bemüht hat. Auch in Schnabelwaid tauchte der Wunsch nach einer Krippe immer öfter auf. "Ich hatte schließlich sechs Kinder unter drei Jahren in der Gruppe", erinnert sich die leidenschaftliche Erzieherin. Aber das sei nicht einfach gewesen, denn die Bedürfnisse der ganz Kleinen waren anders, es gab zu wenig Personal und zu viele Spielsachen.

Auch in Pegnitz wurde der Ruf nach einer Krippe lauter. Als schließlich die Kirchengemeinde ein Haus in der Heinrich-Bauer-Straße erbte, habe der Kirchenvorstand beschlossen, dort eine Krippe zu errichten. Es wurde eine Leitung für die neue Einrichtung gesucht. "Ich war 52 Jahre alt und wollte das machen, noch einmal eine neue Herausforderung übernehmen, meine Erfahrungen einbringen", sagt Karin Becker mit hörbarer Leidenschaft.

Mit sechs Kindern begonnen

Neue Wege gehen, die Eltern begeistern, das war ihr Ziel. Und sie bekam die Stelle, wurde Leiterin der ersten Krippe in Pegnitz und baute die Einrichtung systematisch auf. Anfangs war es eine Gruppe mit sechs Kindern, schon bald waren es zwölf. "Wir waren über die Jahre immer wieder alle wie eine kleine Familie", sagt sie. Jeder habe sich mit der Einrichtung identifiziert, man habe immer alles miteinander gemacht.

Viele Mütter waren schon in der Vergangenheit als Kinder bei ihr gewesen. Rund 110 Familien waren es in der Krippe, die sie betreut hat. Wie viele Kinder es in ihrer gesamten Berufslaufbahn waren? "Ich weiß es nicht, viele", lacht Karin Becker. An viele Buben und Mädchen erinnert sie sich noch, denkt an bestimmte Erlebnisse mit einzelnen.

"Es sind über die Jahre starke Bindungen entstanden", sagt Becker, "ich würde das jederzeit wieder machen." Keinen Programmpunkt gab es zweimal, immer hat sie sich an den Bedürfnissen der Kinder orientiert und zusammen in einem engagierten Team und mit einem Träger, der sie immer unterstützte, viel bewegt.

"Der Abschied wird schon schwer", sagt sie wehmütig. Aber jetzt sei auch der Druck weg. Sie muss jetzt erst mal Ordnung in ihr Leben bringen, will den neuen Lebensabschnitt mit ihrem Mann genießen. "Der ist schon seit ein paar Jahren im Ruhestand, das wird auch noch mal eine Herausforderung."

Der Aufbau

eines neuen

Kindergartens

hat mich gereizt

Jetzt muss

ich erst einmal

Ordnung in mein

Leben bringen

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