Das muss die Baugenehmigungsbehörde prüfen, also das Landratsamt Kulmbach. Dabei ging es auch um die Frage, ob der Ort mit seiner Neubausiedlung überhaupt noch als Dorf durchgeht. Für eine Siedlung würden nämlich strengere Regeln für Lärm und Gerüche gelten. Plötzlich beschäftigte der Streit den ganzen Ort, Unterschriftenaktionen wurden gestartet und die Nachbarin erhielt anonyme Drohungen. Es gebe zumindest eine "Tendenz zum Dorfgebiet", stellte das Landratsamt schließlich fest. Eine Ziegenhaltung wäre so gesehen möglich.
Der Bock stinke besonders, wenn er Bock habe
Aber damit nicht genug: Wegen eines einzigen Ziegenbocks schaltete die Behörde noch einen Umweltschutzingenieur und das Amt für Ernährung, Land- und Forstwirtschaft (AELF) ein. "Die Ziegenhaltung ist in allen Bereichen top", betont Renate Baierlein, AELF-Fachberaterin für Schafe, Ziegen und Gehegewild. "Der Ziegenbock war etwas abseits der Ziegen in weiterer Entfernung zur Nachbargrenze separat untergebracht in Sichtkontakt zu den Ziegen."
Das soll den Geruch mindern, erklärt die Inhaberin der Ziegenherde. Denn der Bock stinke besonders, wenn er Bock habe. Zur Paarungszeit im Hochsommer locke er mit den Duftstoffen Ziegen an. "Wir gehen zwei Mal am Tag mit dem Bock am Strick durch die Herde." Das Decken dauere nicht länger als zehn Minuten und sei hinnehmbar - zumal die Nachbarin in ihrem Garten selbst Ziegen halte. "Es ist ein Unterschied, ob ich vier Ziegen halte, die nicht riechen, oder 40 Muttertiere samt Bock", entgegnet der Anwalt der Nachbarin.
Alle Parteien unzufrieden
Mit der Entscheidung des Landratsamts sind jedenfalls beide nicht einverstanden. Die Ziegenhaltung ist demnach genehmigt - aber nur unter einer Bedingung: Die Tiere müssten auf einer Länge von 35 Metern sieben Meter Abstand zum Nachbargrundstück einhalten. "Das reicht hinten und vorne nicht", sagt der Anwalt, der vor dem Verwaltungsgericht gegen den Bescheid vorgeht.
"Das geht nicht", meint auch die Ziegenhalterin, die gegen die Abstands-Auflage vor dem Verwaltungsgericht klagt. "Dann wären die Wirtschaftswege verbaut." Auch eine Verlagerung des Stalls auf dem etwa 40.000 Quadratmeter großen Grundstück, bei der sich die Nachbarin sogar beteiligen wollte, käme aus Kostengründen nicht in Frage. "Wir bräuchten dafür mindestens die doppelte, dreifache Anzahl an Tieren, damit sich das langfristig rechnet."
Darum dürfen Ziegenböcke meist nur drei Monate leben
So scheiterten zahlreiche Gespräche und die Nachbarin startete das nächste Verfahren vor dem Landgericht, das ein Geruchsgutachten anforderte. Das Ergebnis: In Teilen des Nachbargartens überschreite der Geruch die üblichen Werte, am Wohnhaus sei er aber ertragbar.
Der Bock als Sündenbock?
Tatsächlich habe der Gestank inzwischen nachgelassen, meint auch der Anwalt der Nachbarin. "Das hat sich schlagartig geändert." Seit dem Frühjahr sei "überhaupt kein Ziegenbock mehr zu riechen." Der Prozess vor dem Landgericht sei trotzdem wichtig. "Wenn einmal eine so wesentliche Beeinträchtigung da war, dann besteht sozusagen eine Wiederholungsgefahr", erklärt der Anwalt. Im Zweifelsfall werde seine Mandantin in Berufung gehen.
Auch die Ziegenhalterin glaubt nicht, dass der Streit mit dem Urteil am Donnerstag beendet ist. Inzwischen werde auch über verschiedene Baugenehmigungen und eine Brandschutzwand gestritten. "Der Bock wird hier doch nur zum Sündenbock gemacht."
Langsam wieder Gäste im Ziegencafe bei Freystadt