Waldbesitzer zahlen für eigenes Brennholz
16.01.2016, 08:55 Uhr„Das ist kontraproduktiv“, meint Hans Escherich, selbst Waldbesitzer und Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft Pegnitz, „und aus Sicht der Waldbesitzer komplett unverständlich: So eine Regelung in einer Zeit einzuführen, in der man eigentlich von fossilen Brennstoffen wegkommen und die Energiewende schaffen möchte“.
Seit Januar 2016 ist nämlich der steuerliche Freibetrag von 1534 Euro für sogenannte Kleinnutzungen und Eigenbedarf in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben gekürzt worden. Dem zugrunde liegt eine Änderung des Paragrafen 13 a im Einkommensteuergesetz, der bislang die Eigennutzung von Brennholz steuerfrei sein ließ. Schon vorher war der 13 a ein buntes Sammelsurium aus Pauschalierungen, Abschreibungen oder Sondernutzungen. Ab sofort heißt es: Auch Kleinstbetriebe und private Waldbesitzer müssen schon den ersten Holzscheit, den sie zum Beispiel im eigenen Haus verschüren, steuerlich geltend machen.
„Damit fehlt die Verfügbarkeit der Energie für den Haushalt und für die Familie und außerdem der Freibetrag“, meint Escherich. Gerade Waldbesitzer, die sich – um konkurrenzfähig auf dem Markt zu sein und keinen Verlust einzufahren – oftmals in Vereinigungen zusammengeschlossen ha- ben, treffe das sehr hart, findet er. Oft müssten die kleinen Waldbesitzer jeden Cent dreimal umdrehen.
„Vor allem stehen wir auch noch in Konkurrenz zu den immer weiter sinkenden Heizölpreisen. Es ist einfach unverständlich – gerade im Hinblick auf die Energiewende. Vor allem – das habe er selbst vehement gespürt, sagt Escherich aus Spieß – „nach dem Trockenjahr 2015, wo jetzt die Waldhygiene im Vordergrund stehen sollte“ und damit die Durchforstung wegen des Borkenkäferbefalls wichtiger denn je sei. Befallenes Holz abzubrennen sei jetzt fast unerlässlich, sonst gebe es nur noch „die chemische Keule“. Denn altes, trockenes Holz ist Wellnessoase für den Käfer.
In seinen Augen haben Waldbesitzer eine gesellschaftliche Aufgabe. Sie kümmern sich um den Erhalt der grünen Lungen: „Im Prinzip ist Brennholz so oder so eine effiziente Verwertung; es ist ein geschlossener natürlicher und auch energetischer Kreislauf – ohne, dass man Waldpflege zu intensiv betreibt“, erklärt Hans Escherich, der selbst auch als Rentner noch Besitzer von 30 Hektar Wald ist und nicht nur den Altbahnhof in Betzenstein beheizt, sondern auch das Cabriosol beliefert.
Er meint: „Wir Waldbesitzer werden doppelt gestraft“, denn rückwirkend zum 1. Juli 2015 würden auch die Fördergelder für Waldhygiene nicht mehr abgerufen werden können. Er will, dass die Dachorganisation etwas dagegen unternimmt.
Etwa 6000 bis 7000 Waldbesitzer gibt es im Landkreis Bayreuth – und es werden durch Vererbung immer mehr mit kleineren Grundstücken. Das sagt Karl Lappe, hiesiger Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands. Er vergleicht mangelnde Durchforstung mit Unkraut, das Hausbesitzer im Garten nicht mehr jäten: Es wirkt sich irgendwann auf den gesunden und gewollten Bestand aus. Für viele Waldbesitzer könne die steuerliche Neuerung ein Motiv sein, sich mit dem Einschlag zurückzunehmen und weniger zu durchforsten. „Faktisch gibt es unterm Strich eine Steuermehrbelastung“, sagt er, der selbst vier bis fünf Hektar Wald nahe der Gemeinde Mistelgau besitzt. „Wir bräuchten gemeinhin mehr einfache Regelungen und nicht weiter verzweigte Steuermaßnahmen. Oftmals ist ja inzwischen die Steuererklärung teurer als das, was letztlich bei rumkommt.“
Ob der Wegfall der Vergütung und die derzeit niedrigen Heizölpreise Bürger dazu bewege, sich keine Holzheizung anzuschaffen, will er nicht beurteilen. „Letztlich ist man mit einer Holzheizung aber auch bei den günstigsten Ölpreisen günstiger dran, wenn man Eigenbestand nutzt, als wenn man Brennstoff zukaufen muss“, erklärt er und erinnert an frühere Krisen, wie den Kalten Krieg, die bereits die Ölpreise auf einen Niedrigstand sinken ließen. „Irgendwann endet auch dieses Embargo mit Russland.“
Dennoch sei der Wegfall des Freibetrages „alles andere als erfreulich, oftmals erkennen die Steuerfachleute aber die Wirkung einer Entscheidung nicht. Und diese betrifft eben eine immer größere Masse Menschen“, erklärt Lappe. Vor der Änderung des Paragrafen war eine Pauschale fällig, jetzt glaubt er, dass es auch für den Staat ein Verlustgeschäft wird, ein „Eigentor der Finanzämter“. Sie würden letztlich nur noch einen Bruchteil einfahren als durch die Pauschale.
Walter Georg, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands im Landkreis Bayreuth, befürchtet ebenso einen erhöhten bürokratischen Aufwand. Früher sei das durch den Freibetrag für kleinere und eine Pauschale für Betriebe über 20 Hektar Fläche eine „einfache Geschichte“ gewesen. „Ob sich bei den Einnahmen der Aufwand lohnt, wage ich zu bezweifeln“, sagt er und meint damit sowohl die Forstwirtschaftler als auch die Sachbearbeiter in den Finanzämtern.
Eine Gleichberechtigung
Er sei natürlich auf der Seite der Waldbesitzer, lässt Matthias Koch, Geschäftsführer der Waldbesitzervereinigung Fränkische Schweiz, keinen Zweifel. Dennoch findet er die Regelung im Sinne der Gleichberechtigung fair. „Waldbesitzer sind letztlich auch Unternehmer und ein Elektriker, der eines seiner Kabel im Verkauf zu Hause einbaut, muss dieses auch versteuern. Auch Waldholz ist eine Ware.“ Er glaubt: Die allermeisten Waldbesitzer sehen dies aber nicht als Problem an.
Der Freibetrag sei gut für alle gewesen. Aber er führe dazu, dass sie eben etwas weniger letztlich übrig haben. Auf die Waldpflege werde die Paragrafenänderung keine Auswirkung haben: „Die meisten Waldbesitzer haben einen Bestand weniger aus Klimaschutzgründen, sondern als rein wirtschaftliches Geschäft.“
Jörg Berendes, der Geschäftsführer der Waldbesitzervereinigung Sulzbach-Rosenberg ist, meint: „Die Lage auf dem Holzmarkt ist derzeit schlecht – auch das sollte die Regierung in Betracht ziehen“. Doch reiße die Änderung keine Löcher in die Kassen der Besitzer – „bei den Mengen, die einzeln vermarktet werden“. Doch die Versteuerung des Eigenverbrauchs werde für manche schon „hart sein“ – aber sie sei fair: „Als Lohnempfänger habe ich ja auch automatische Abzüge von meinem Verdienst an die Lohnsteuer oder die Krankenkasse“, erläutert Berendes. Er appelliert aber inständig: Bei Einsparmaßnahmen nicht die Pflege, also auch das Fällen älterer Bäume für den Nachwuchs, schleifen zu lassen.
Ulrich Deinzer berät für das Amt für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten private und gemeindliche Waldbesitzer und meint: „Der Wegfall des Freibetrages von 1534 Euro pro Jahr erhöht die Frustration der Leute.“ Er sieht die Nutzung von Brennholz für die Allgemeinheit als nur sinnvoll: energetisch und volkswirtschaftlich gesehen. Der Wald sei „stabiler, wertvoller. Eine gute, intensive Verwertung schafft Jobs.“
„Mit dem Rücken zur Wand: Das kann man nicht sagen“, erklärt Günter Engel vom Landwirtschaftlichen Buchführungsdienst, der von Kulmbach aus für Bayern zuständig ist und sozusagen alle Land- und forstwirtschaftlichen Betriebe berät. Wobei bislang allerdings scharf zu unterscheiden war zwischen Landwirtschafts- und Forstbetrieb. Das mache für die kleineren unter ihnen je nach Steuerklasse und sonstigen Regelungen 100 bis 200 Euro maximal pro Jahr aus.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen