Wegen steigender Corona-Infektionszahlen: Praktikantin kehrt nach Tansania zurück

23.8.2020, 15:55 Uhr
Wegen steigender Corona-Infektionszahlen: Praktikantin kehrt nach Tansania zurück

© Foto: Rosi Thiem

Die Koffer waren schnell gepackt, doch etwas Wehmut schwang mit: "Ich habe mich hier sehr wohlgefühlt und nehme viele Eindrücke mit", gestand Amelye Sanga, die als Praktikantin seit knapp eineinhalb Jahren in Pegnitz wohnte. Ihre Organisation "Mission Eine Welt" der evangelischen Landeskirche entschied kurzfristig, so Dekanatsmissionspfarrer Christoph Weißmann, dass sie vorsorglich, da jetzt wieder Flüge möglich sind, zeitnah in ihre Heimat zurückfliegen soll. Grund: die wieder steigenden Infektionszahlen mit Corona.

Geplant war der Aufenthalt von Mai 2019 bis Mai 2020. Der Rückflug verzögerte sich wegen der weltweiten Corona-Pandemie. Dann kam Corona und die vorerst geplante Aufenthaltsverlängerung bis November 2020 wurde kurzfristig korrigiert. Keiner weiß, ob der Abschied aus Deutschland im November wegen Corona möglich wäre, mutmaßte Weißmann.

Überraschung für die Mama

Vor Kurzem hat sich die Tansanierin auf den über 9300 Kilometer langen Heimweg nach Tandala, ihrem geliebten Heimatdorf mit ungefähr 2000 Einwohnern, gemacht. "Meine Mama weiß noch nicht, dass ich jetzt komme — sie denkt, ich komme im November", verriet Amelye, die nur Zaida, eine ihrer vier Schwestern, einweihte. "Die verrät nichts. Das wird eine große Überraschung", feixte sie.

In Tansania lebt sie mit ihrer Mutter, den vier Schwestern, einem Onkel und der Oma in Tandala, das in der Region Nyombe liegt. Ihr Vater verstarb 2004. Die Mutter, eine Bäuerin mit etwas eigenem Land, zog die Kinder auf. "Fast alle sind Bauern im Dorf. Angebaut werden Kartoffeln, Bohnen und Mais für den Eigenbedarf und Mama verkauft Kartoffeln. Bearbeitet wird alles mit der Hand. Wir haben Hühner und ein paar Schweine."

Bevor sie 2019 kam, schloss sie die Schule ab und belegte in Tansania einen Monat lang einen Deutschkurs. Ein weiterer folgte nach der Ankunft in Nürnberg. Ihre Muttersprache ist Kikinga. Englisch wird in der Schule gesprochen, aber nicht daheim. "Es gibt 200 Sprachen in Tansania, die Nationalsprache ist bei uns Kiswahili", sagt Sanga in einem perfekten Deutsch mit einem strahlenden Lächeln.

Die 23-Jährige wohnte in einem kleinen Appartement mit Küche in der Pegnitzer Innenstadt. Einen Teil der Mietkosten zahlte "Mission Eine Welt". Die Praktikantin arbeitete in der "Guten Stube" im Pegnitzer Brigittenheim (wir berichteten). Lesen, Spazierengehen, Unterhaltungen mit den Senioren und viele nette Augenblicke und Begegnungen füllten den Alltag der jungen, lebenslustigen Frau.

"Wir haben viel gelacht, ich konnte noch mehr Deutsch in der ,Guten Stube‘ lernen und fand die Arbeit sehr schön. Auch hatte ich wirklich super nette Kollegen. Ich werde sie alle vermissen", gestand sie etwas wehmütig. Diese Arbeitskollegen schenkten ihr zum Abschied einen Fleischwolf, der ist schon im Koffer.

"Ich kann damit Bratwürste selbst machen, das war mein Lieblingsessen hier in Pegnitz. Rezepte dazu habe ich", freute sich Amelye.

"Sie hat es einfach toll gemacht", lobte der Seelsorger Weißmann. "Das muss man können, mit älteren dementen Menschen umzugehen."

Am Dorf in Tansania sind keine Altenheime. "Ab und zu gibt es in der Stadt einen Platz zur Tagespflege", erzählt sie. Denn dort "wohnen die Senioren in den Großfamilien."

Während ihres Pegnitzer Aufenthaltes hatte sie (fast) kein Heimweh. "Manchmal nur ein bisschen", gibt sie lächelnd zu. "Aber da waren dann Frau und Herr Weißmann da und alles war gut. Sie waren wie Eltern zu mir", schildert sie dankbar.

Im Land der Franken konnte sie nur über nette Begegnungen berichten. Oft schickte sie Fotos nach Hause. In ihrer Heimat war man überrascht, wie grün doch Pegnitz, die Umgebung und Deutschland ist. Corona, so die junge Frau, sei in Tansania nicht so stark verbreitet. Die öffentlichen Einrichtungen wurden bald wieder geöffnet. "Es gibt keine Maskenpflicht, nur freiwillig."

Zwei Tage im Bus

Das Ehepaar Weißmann begleitete sie nach Frankfurt zum Flughafen. Von dort ging es dann weiter nach Zürich. Eine Maschine brachte sie anschließend nach Daressalam, der Handelsstadt am indischen Ozean. "Von da geht es dann mit dem Bus zwei Tage lang über das Land bis in mein Dorf", erzählte sie.

Zufrieden ist die junge Tansanierin ohnehin. "Warum auch nicht?", gibt sie als Gegenfrage zur Antwort. "Wir haben Konfirmandenkurse besucht und Gottesdienste zusammen gefeiert. Es gab viele lehrreiche Begegnungen und Momente und sie war immer sehr zufrieden und hatte keine Wünsche", erinnert sich Pfarrer Weißmann.

In einem Gottesdienst wurde Amelye verabschiedet. Aufgefallen war ihr auch, dass man in Deutschland Termine braucht. Beim Friseur, unter Freunden, oder wenn man eine Geburtstagsfeier besucht. "Bei uns kann man kommen, ohne Anmeldung", vergleicht sie schmunzelnd.

Für die Zukunft hat sie schon konkrete Pläne: "Ich werde ein kleines Geschäft eröffnen. Hier nennt man es Tante-Emma-Laden. Da gibt es dann Seife, Zucker, Reis und Waren des täglichen Bedarfs. Ich werde es in der Stadt einkaufen, dazu fahre ich mit dem Bus fünf- bis sechs Stunden. In meinem Dorf werde ich die Waren wieder verkaufen, hier gibt es nicht so viele Einkaufsmöglichkeiten, der Bedarf ist aber da."

Was sie später einmal macht, das weiß Amelye Sanga jetzt noch nicht. Aber da wird der zielstrebigen jungen Frau sicher noch etwas einfallen.

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