Winfried Stöcker im Corona-Selbstversuch
20.4.2020, 23:22 UhrIn seinem Blog auf seiner Homepage bezeichnet er Bundeskanzlerin Angela Merkel als "armselige Epigonin" und fordert dort "Schluss mit dem Gender-Unfug" zu machen. Auch die in Deutschland wieder heimischen Wolfsrudel sind ihm ein Dorn im Auge: "Rottet die Wölfe wieder aus, in Sibirien ist genügend Platz. Wir wollen uns mit unseren Kindern im Wald erholen und sie dort frei herumlaufen lassen", schreibt Stöcker. Solche Sätze knallen wie Peitschenhiebe, und deshalb prasselt auf ihn auch ordentlich Kritik ein.
Der 73-Jährige fällt aber nicht nur durch seine nicht Mainstream-tauglichen Kommentare auf. Stöcker macht auch Dinge, die sonst vielleicht kein anderer machen würde. Vor einigen Jahren hat der aus der Oberlausitz stammende Stöcker in Görlitz ein einzigartiges Kaufhaus gekauft. In dem Jugendstil-Gebäude wurde der Hollywood-Film "Grand Hotel Budapest" gedreht. 2016 erwarb er den Lübecker Flughafen, er hat ihn ausgebaut. "In einigen Wochen werden in Lübeck wieder Verkehrsflieger abheben", sagt er.
Jetzt rückt er wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Stöcker, der 1987 in Lübeck das Unternehmen Euroimmun (Labordiagnostik) gründete und die Firma vor drei Jahren für rund 1,2 Milliarden Euro an den US-Konzern Perkin-Elmer verkaufte, machte einen Corona-Impftest am eigenen Körper.
Vor vier Wochen hat er erstmals Antigene injiziert. "In einen der Oberschenkelmuskeln", wie er im Gespräch mit den Nordbayerischen Nachrichten sagt. Angst habe er keine. "Das ist völlig ungefährlich", sagt er. Es seien ja keine Viren, die er in seinen Körper gespritzt habe. Seine Leute hätten zu ihm gesagt. "Mach es nicht!"
Doch Stöcker ließ sich nicht beirren. Weitere zweimal injizierte er sich Antigene des aktuell grassierenden Coronavirus Sars-CoV-2. Ihm gehe es gut, sagt er. Sein Organismus müsse die ganze Prozedur überstehen. "Wenn ich vier Wochen warte, bin ich mit Glück immun gegen die Krankheit", so Winfried Stöcker. Dann haben sich Antikörper bei ihm gebildet, die den Virus neutralisieren können. Hat der Selbstversuch Erfolg, dann könnte man einen Impfstoff gegen die hochansteckende Krankheit Covid-19 bereitstellen, die weltweit wütet und der schon zehntausende von Menschen zum Opfer gefallen sind.
Stöcker verweist darauf, dass Euroimmun schon vor 20 Jahren erste Testreagenzien zum Nachweis von Antikörpern gegen Sars gemacht hat und viel Erfahrung auf diesem Gebiet besitze. "Beim Zikavirus waren wir die ersten in der Welt, die einen Test auf den Markt gebracht haben, ebenso bei Krim-Kongo, Mers, Westnil-Fieber und anderen." Der Test auf Antikörper gegen die neuen Coronaviren ist seit drei Wochen zugelassen und auf dem Markt, ebenso ein Test zum Nachweis der Viren in einem Abstrich, basierend auf einer PCR (Polymerase-Chain-Reaktion).
Bei der Forschung zu Covid-19, mit dem Ziel einen Impfstoff herzustellen, "geht es mir nicht ums Geschäft, sondern um die Volksgesundheit", sagt Stöcker.
Bis ein Impfstoff entwickelt ist, wird es noch etwas dauern – und deshalb müssen die Menschen weiter ausreichend Abstand halten, Mundschutz tragen und Quarantänemaßnahmen erdulden. Stöcker schlägt auch hier eine unkonventionelle Lösung vor: In seinem Blog sieht man ihn mit einer elastischen Binde, die Mund und Nase bedeckt. "Eine alternative Barriere zum aktiven oder passiven Schutz vor einer Tröpfcheninfektion kann man sich aus einer elastischen Binde herstellen, falls einmal die Schutzmasken ausverkauft sind" ist unter dem Foto zu lesen.
"Eine elastische Binde und ein Pflaster drauf – so einfach kann man sich eine Maske machen", sagt er. Professor Stöcker zeigt auch hier, dass er gern Dinge macht, die nicht ins allgemeine Raster passen. Aber vielleicht will er das auch gar nicht.
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