Reise in die Dunkelheit - als die Region im Goldrausch steckte

Martin Müller

Redaktion Metropolregion Nürnberg und Bayern

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6.5.2019, 23:00 Uhr
So nah kommen die Felswände in dem Stollen, der nur von den mitgebrachten Lampen erhellt wird, dass man teilweise seitwärts durch Engstellen schlüpfen muss. Auch der Helm erweist sich als nützlich.

© Martin Müller So nah kommen die Felswände in dem Stollen, der nur von den mitgebrachten Lampen erhellt wird, dass man teilweise seitwärts durch Engstellen schlüpfen muss. Auch der Helm erweist sich als nützlich.

Mit einem lauten "Klonk" signalisiert mein Helm, dass er mich schon wieder vor einer fiesen Platzwunde bewahrt hat. Schon wieder wäre der nackte Fels direkt gegen meinen Schädel geknallt, schon wieder zucke ich zusammen und vergewissere mich kurz, das mein Körper noch richtig sortiert ist.

So eng und niedrig ist der Gang im Besucherbergwerk "Mittlerer Name Gottes" in Goldkronach, dass man definitiv besser Limbo-Tänzer wäre als ein mehr als 1,90 Meter großer Trampel. Auch der gelbe Bergwerkskittel hat sich längst bewährt. Die Felswände kommen links und rechts so nahe, dass die Arme unentwegt entlangschrappen. Mein dünnes Jäckchen darunter wäre ohne den schützenden Kittel schon längst in Fetzen. Stellenweise kann man sich nur seitwärts an den weit hervorragenden Steinkanten vorbeischlängeln.

Das so zuverlässig wie erschreckend wiederkehrende "Klonk" ist neben Schmatzen meiner Schuhe in den Wasserlachen das einzige Geräusch in der unterirdischen Stille.

200 Meter werden wir uns am Ende in den Goldberg hineingewagt haben. Es kommt einem viel weiter vor, so langsam kann man sich nur vorantasten in der Dunkelheit, die lediglich von den kleinen Leuchten erhellt wird, die wir bei uns tragen.

Der "Mittlere Name Gottes" ist kein grellbunt beleuchtetes, mit pathetischer Musik untermaltes Show-Bergwerk. Der "Mittlere Name Gottes" ist ein echtes Erlebnis.

Bis zur Hüfte im Wasser

Ein viel größeres Erlebnis war es allerdings noch für Heinz Zahn, den heutigen Leiter der Fachgruppe Bergbau des Goldbergbaumuseums Goldkronach, als dieser im Herbst 1993 mit einigen Mitstreitern das Bergwerk wiederentdeckte.

Von 1450 bis 1606 wurde hier Gold gefördert. Doch danach verfiel der Eingang zum Stollen. "Als wir 1993 wieder rein sind, standen wir erst mal bis zur Hüfte im Wasser und mussten über einen Schuttkegel kriechen", erzählt Zahn, der mit sechs Kollegen den Stollen ehrenamtlich zum Besucherbergwerk ausbaute.

Die Geschichte der Goldförderung in Goldkronach reicht wohl bis ins achte Jahrhundert zurück. Zunächst fand man das wertvolle Metall in den Flüssen und Bächen der Umgebung. Waschwerke am Weißen Main holten das Gold aus dem Wasser .

Als man den höchsten Goldkonzentrationen stromaufwärts folgte, stieß man auf den goldführenden Zoppatenbach östlich von Goldkronach. In dem Hügel daneben, den man heute nur noch als Goldberg kennt, entdeckte man schließlich den Ursprung des Metalls und begann, wie wild zu graben.

200 Meter tiefer Schacht

Kreuz und quer ist der Untergrund unter dem Ortsteil Brandholz durchzogen von Stollen und Schächten, der tiefste, der Ludwig-Wittmann-Schacht, reicht 200 Meter hinunter. Mindestens in 20 Zechen schufteten einst die Bergleute, in Stollen mit so illustren Namen wie "Gesegneter Friedrich", "Fauler Nickel" oder "Unverhofft Segen Gottes".

Die Blütezeit war im 14. und 15. Jahrhundert, als in einem Jahr der ewige Rekordwert von 198 Kilogramm 24-karätiges Gold gefördert wurde. Nicht in Form eines großen Klumpens natürlich, schließlich fanden sich nur sieben bis 15 Gramm Gold pro abgebauter Tonne.

Heute sind die ehemaligen Stollen verfallen und nicht mehr zugänglich. Doch in zweien kann man noch in die Welt der Bergleute eintauchen. Die knapp 40 Meter lange "Schmutzlerzeche" wird als "Bergwerk für die ganze Familie" vermarktet, der "Mittlere Name Gottes" ist nur für Kinder ab acht Jahren geeignet.

Groß oder breit gewachsene Menschen sollten sich auf einen gewissen Platzmangel einstellen. Komfortabler als für die Bergleute ist der Aufenthalt aber allemal. 18 Bergeisen hämmerten sie während einer Acht-Stunden-Schicht im Schnitt stumpf.

"Hochrechnungen haben ergeben, dass wohl noch mindestens 5000 Tonnen 24-karätiges Gold hier lagern", verdeutlicht Klaus-Dieter Nitzsche, Vorsitzender des Goldbergbaumuseums, das sehr anschaulich und interessant die Bergbaugeschichte Goldkronachs erzählt. Um heute an die Reste des Goldes zu kommen, müsste aber der komplette Berg abgetragen und zertrümmert werden, das Gold durch chemische Verfahren herausgelöst werden. Das will sich vor Ort niemand vorstellen.

Goldrausch in der Region

In der Vergangenheit aber gab es durchaus einen gewissen Goldrausch in der Region, vor allem als der später für seine Forschungsreisen berühmt gewordene Alexander von Humboldt Ende des 18. Jahrhunderts den Bergbau im Fichtelgebirge wiederbelebte (siehe Info-Kasten).

Danach wurde der Goldabbau aber immer schwieriger und weniger ertragreich, bis er in den 1920ern schließlich komplett zum Erliegen kam. Heute sind es deshalb nur noch die Touristen, die in Goldkronach einen wahren Goldrausch erleben – bis sie mit einem harten "Klonk" wieder in der Realität ankommen.

Das Goldbergbaumuseum in Goldkronach, Bayreuther Straße 21, ist sonn- und feiertags von 13 bis 17 Uhr geöffnet. An diesen Tagen gibt es auch Führungen durch die Besucherstollen und Interessierte können sich im Goldwaschen üben. Weitere Infos unter www.goldbergbaumuseum.de

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