Bürgerentscheide Allersberg: Inhaltlich komplett anders
9.5.2020, 06:00 Uhr"Für ein chancenreiches und Gewinn bringendes Gewerbegebiet" oder "Für Fortschritt und Entwicklung in Allersberg". Zwischen diesen beiden Alternativen können die Allersberger am Sonntag 17. Mai bei zwei Bürgerentscheiden wählen.
Zugegeben, auf den ersten Blick klingen die Titel der beiden Bürgerinitiativen zumindest ähnlich. Beide Lager wollen offensichtlich eine prosperierende Marktgemeinde, die sich künftig auf wirtschaftlich soliden Beinen bewegen kann. Schaut man hinter die Fassade, verfolgen die beiden Bürgerinitiativen grundsätzlich unterschiedliche Ziele.
Während die BI "Ja zu einem chancenreichen und Gewinn bringenden Gewerbegebiet" die Planungen für die Industriegebiete "Allersberg West I und II" , die sich beide im Umfeld des Regionalbahnhofes Allersberg und der A 9 befinden, reduziert haben will, will die andere BI, dass der Marktgemeinderat das Bebauungsplanverfahren und die Änderung des Flächennutzungsplanes sowie des Landschaftsplanes fortsetzt. Im Klartext: Die eine BI plädiert für ein moderates Gewerbegebiet mit acht Hektar und kleinen oder mittelständischen Betrieben aus der Region; die andere setzt auf 33 Hektar und auch auf Großbetriebe, wie Norbert Rehm von "Fortschritt und Entwicklung in Allersberg" betont.
Mehr Gewerbefläche bedeute mehr Einnahmen für die Marktgemeinde durch den Verkauf der Grundstücke und mehr Arbeitsplätze. "1000 sichere und wohnortnahe" Jobs" erhoffen sich Rehm und seine Mitstreiter. Damit würden auch die Pendlerströme entlastet und Wirtschaftswachstum stelle sich im Ort und im Landkreis ein.
Nachhaltigkeit sei wichtig
Anfragen gebe es zum Beispiel von Chefs Culinar, einem Lebensmittelgroßhandel für Gastronomiebetriebe, erklärt Rehm: Das Problem dabei: Dieses Unternehmen benötige 14,5 Hektar und die andere BI wolle das gesamte Gewerbegebiet bei Altenfelden auf "nur acht Hektar" verkleinern. Georg Decker, einer der Sprecher der Bürgerinitiative "Ja zu einem chancenreichen und Gewinn bringenden Gewerbegebiet" betont, dass ihm und seinen Mitstreitern das Thema "Nachhaltigkeit" wichtig sei.
Insofern wäre es unvernünftig, "die Grundstücke auf einen Schlag an den Höchstbietenden zu verscherbeln". Decker: "Das sind alles landwirtschaftliche Flächen, deren Bewirtschaftung für unsere Ernährung wichtig ist. Wir dürfen nicht ausschließlich die wirtschaftliche Entwicklung in den Mittelpunkt stellen". Bei kleineren Gewerbeflächen müsste die Kreisstraße RH 33 nicht verlegt werden, sondern könnte zur Erschließung genutzt werden.
Massiver Eingriff
Gewerbeflächen mit über 33 Hektar seien für einen Ort wie Allersberg zu groß. Dies würde einen unverantwortlichen Eingriff in die Landschaft bedeuten und für eine Zunahme des Verkehrs sorgen. Zudem würde durch ein derart großes Industriegebiet die Trinkwasserversorgung in einer "wasserarmen Region" gefährdet sein. "In der unmittelbaren Umgebung befindet sich ein riesiges Trinkwasserschutzgebiet", von dem aus Wasser bis nach Fürth gepumpt wird.
Dass große Unternehmen an den Gewerbeflächen westlich der Autobahn sehr interessiert sind, räumt auch Decker ein. Neben einem Caterer zeige das Planungsbüro P 3 großes Interesse. Allerdings gibt er zu bedenken, dass P 3 sehr häufig als Projektentwickler für den Onlineversand Amazon arbeite . . .
Also, wie eingangs erwähnt, gleichen sich die Zielsetzungen der beiden Bürgerinitiativen nur auf den ersten Blick. Die unterschiedlichen Vorstellungen führten aber auch dazu, dass sich beide Lager nicht gerade wohlgesonnen gegenüberstehen – moderat ausgedrückt. Der Konflikt um die Gewerbegebiete schwelt schon seit Herbst 2019.
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