"Nein zum bisherigen Verfahren

ICE-Werk: Bürgerinitiativen, BN und Rother SPD üben Schulterschluss

22.11.2021, 19:15 Uhr
Scharfer Protest: Die Rother Kreistags-SPD unterstützt den Kampf der Bürgerinitiativen in Wendelstein, Röthenbach, Feucht und Harrlach sowie den Bund Naturschutz gegen den Bau des geplanten ICE-Ausbesserungswerks auf dem Gelände "Muna Nord".

© Stefan Hippel, NN Scharfer Protest: Die Rother Kreistags-SPD unterstützt den Kampf der Bürgerinitiativen in Wendelstein, Röthenbach, Feucht und Harrlach sowie den Bund Naturschutz gegen den Bau des geplanten ICE-Ausbesserungswerks auf dem Gelände "Muna Nord".

"Die Argumente für ein ICE Werk auf dem Land sind schwer nachzuvollziehen", schreibt die SPD-Kreistagsfraktionsvorsitzende Christine Rodarius in einer Pressemitteilung. "Von ursprünglich neun zu prüfenden Standorten sind nur noch drei übriggeblieben - warum, das weiß allein die Bahn." Sowohl die Sprecher der Bürgerinitiative (BI) „Der Reichwald bleibt“, Barbara Dorfner und Andreas Teichert, als auch der Waldreferent des Bund Naturschutz (BN), Dr. Ralf Straußberger, hielten vor allem den ins Spiel gebrachten Standort "Muna Nord" bei Wendelstein und Feucht "für ein reines Ablenkungsmanöver".

Dessen Räumung von Altlasten wäre laut Rodarius "so aufwändig, dass ein ICE-Werk von den Kosten und vom Zeitbedarf her nicht realisierbar ist - ganz abgesehen von den großflächigen Rodungen, die für die Beräumung notwendig wären". Bei allen drei verbliebenen Standorten handle es sich zudem um Bannwald, der in Zeiten des Klimawandels unersetzlich sei.

"Abgesehen davon, dass so ein Wald schon durch das Bayerische Waldgesetz geschützt sein müsste, erfüllt er eine nicht wiederzubringende Klimaschutz- und Erholungsfunktion für die hier lebenden Menschen", kritisiert auch Barbara Dorfner. "Wie kann ein Mensch auf die Idee kommen, diesen schutzwürdigen Bannwald zu vernichten?"

Andere Standorte "per Handstreich" gestrichen

Sowohl Straußberger als auch der Sprecher der BI Harrlach, Dr. Jürgen Amrhein, bekräftigten dies: "Die ökologische Bedeutung dieses Waldes ist in Geld nicht angemessen genug zu bewerten!" Deshalb fragt sich auch die SPD-Kreistagsfraktion, "warum ein Standort wie Fischbach per Handstreich ohne nachvollziehbare Begründung aus der Liste der zu untersuchenden Flächen genommen wurde".

Die Suche nach einem geeigneten Standort hat die Bahn nach eigenen Angaben anhand eines Katalogs mit 33 Kriterien abgearbeitet. "Aus welchen Gründen wurden die vielen weiteren Standorte in den verschiedenen Untersuchungsebenen - zuerst in ganz Süddeutschland, dann im gesamten Großraum Nürnberg - aus dem Rennen genommen?", wollen die Sozialdemokraten nun wissen. Das sei nie transparent kommuniziert worden.

"Warum wird ein solches ICE Werk in diesem Fall auf dem Land geplant und nicht wie üblich nahe an anderen Bahnliegenschaften, bestehenden Betriebsstätten oder Industriebrachen?", hakt die Kreistagsfraktion weiter nach. Die Bahn spiele hier ein "verdecktes Spiel". Das Vertrauen, um das sie geworben habe, habe sie mit diesem Vorgehen verloren.

Der Stellungnahme der Kreis-SPD zufolge gibt es in Deutschland acht solche ICE-Werke. Keines davon liege in freier Landschaft. Der Standort Köln-Nippes - angebliche die Mustervorlage für die Bahn - beanspruche zudem lediglich 23 Hektar Fläche, die Hälfte im Vergleich zur Planung in der Metropolregion Nürnberg. "Ein renommiertes Planungsbüro kam auch für das hier geplante ICE-Werk auf einen Flächenbedarf von 23 Hektar (für den Standort Altenfurt/Fischbach), wogegen die Bahn das Verfahren der Standortsuche auf 46 Hektar ausgelegt hat", führen die Sozialdemokraten an. "Warum wird hier in doppelt großem Ausmaß geplant?"

Spiel mit verdeckten Karten?

Auch hier scheine die Bahn nicht mit offenen Karten zu spielen, meint die Kreis-SPD. Abwägungsdefizite im Raumordnungsverfahren seien offensichtlich. Es stelle sich die Frage, warum von Seiten der Staatsregierung so früh politisch Einfluss genommen wurde, indem ein anderer Standort, näher an Nürnberg, einfach aus dem Verfahren gezogen wurde.

"Wir sagen nicht generell Nein zu einem geplanten ICE-Werk, zumal wir vernünftigerweise aus Klimaschutzgründen eine Verkehrswende und den Umstieg auf die Bahn befürworten", räumen die Verfasser der Pressemitteilung ein. Aber auch die Bahn sei gezwungen, den Ausbau der Infrastruktur klima- und naturschonend sowie sozial verträglich zu planen. "Das vermissen wir an dieser Stelle völlig", sind Kreis-SPD, BN und Bürgerinitiativen überzeugt. "Dabei wurde noch gar nicht von dem steigenden Verkehrsaufkommen gesprochen, das erwartet werden muss", ergänzt Roths amtierender Bürgermeister Andreas Buckreus (SPD).

Zusätzlich zu der "verständlichen und berechtigten Kritik der BIs und des BN an dem fehlenden Fingerspitzengefühl für Umweltverträglichkeit" wirft die SPD-Kreistagsfraktion den Verantwortlichen der Bahn und auch einem Teil der politischen Akteuren vor, Kommunalpolitik und Bürger "bewusst in die Irre führen zu wollen". Spätestens jetzt müsse der "Reset-Knopf" gedrückt werden.

"Wir werden nicht zulassen, dass Bürgerinitiativen in unserem Landkreis gegeneinander ausgespielt werden", schließt die Kreis-SPD ihre Presseerklärung. "Geht zurück auf Start und beginnt die Standortsuche neu." Bei verringertem Flächenbedarf sollten den Sozialdemokraten zufolge vor allem bahneigene Flächen und Industriebrachen in den Fokus genommen werden. "Untersucht alle Bereiche in ganz Süddeutschland und lasst die Bürger*innen offen an den Kriterien, nach denen gesucht wird, und an den Abwägungen teilhaben, damit Ihr glaubwürdig bleibt!"

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