Jugendherberge auf Burg Wernfels stellt sich dem Virus
16.7.2020, 06:03 UhrHerr Kogge, welche Erwartungen hatten Sie ursprünglich für dieses Jahr? Nicht wissend, was da alles an Covid-19-Problematik auf die Allgemeinheit zurollen würde?
David Kogge: Das Jahr 2020 stellte sich zum Auftakt für uns in der Vorausplanung als sehr positiv dar. Wir sind mit der Erwartung ins Jahr gestartet, dass wir zwischen 52.000 und 55.000 Übernachtungen haben würden. Diese Aufenthalte, Veranstaltungen und Urlaubsreisen waren schon fest gebucht. Nach einigen Jahren, in denen wir wegen der großen Umbaumaßnahmen recht hohe Kosten bei geringeren Gästezahlen hatten, gingen wir heuer wieder von einer deutlichen Verbesserung unserer wirtschaftlichen Basis aus.
Als es absehbar war, dass Corona wohl nicht so ganz spurlos an Deutschland vorbeiziehen wird, haben Sie da gedacht, dass es Ihre Branche so mit voller Wucht treffen könnte?
David Kogge: Nein. Noch im März ging ich – etwas blauäugig – davon aus, dass wir ab Juni oder Juli wieder normale Klassenfahrten haben würden.
Dann kam der Shutdown: Wie haben Sie da als Jugendherberge reagiert? Bezüglich des Personals und bezüglich Ihrer Gäste?
David Kogge: Es kam bei uns wie in der gesamten Branche zu extremen Einnahmeausfällen. Aufgrund des fast vollständigen Arbeitsausfalls in der Burg haben wir die gesamte Belegschaft weitgehend in Kurzarbeit schicken müssen.
Es mussten ja zwangsläufig Buchungen storniert werden. Wie haben Sie das denn gemanagt? Da gab es ja diese Gutscheine-oder-Geld-Diskussion. Haben Sie aktuell eigentlich Gäste?
David Kogge: Wir haben uns den Regelungen des Jugendherbergswerks in Bayern angeschlossen und Woche für Woche geprüft, wie die Situation sich weiter entwickelt. Generell versuchen wir nach wie vor, mit unseren Gästen individuelle Lösungen wie beispielsweise Alternativtermine für die Aufenthalte zu finden. Gutscheinlösungen fanden wir von vornherein nicht sinnvoll. In Fällen, in denen wir Zahlungen erstatten müssen, tun wir das so zeitnah wie möglich. Derzeit sind überwiegend Familien und Einzelgäste bei uns.
Wie haben Sie Ihr Hygienekonzept gestaltet?
David Kogge: Die Maßnahmen reichen in alle Bereiche der Burg hinein. Für die Gäste sichtbar sind insbesondere die Maskenpflicht in allen Gebäuden für Besucher und Mitarbeiter, die Abstandsregelungen in den Speiseräumen und unser Einbahnstraßensystem in den Teilen der Burg, in denen man keine Ausweichmöglichkeiten hat.
Wir haben dabei versucht, unsere Ausschilderungen ein wenig auf das Thema Burg und Ritter anzupassen. So heißt es zum Beispiel: "Lieber Ritter, schließe hier – dein schützendes Visier!" auf den Hinweisschildern zur Maskenpflicht. Die Schilder sind im Moment ein häufiges Fotomotiv der Ausflügler, die im Gelände unterwegs sind.
Bis wann rechnen Sie wieder mit einem normalen Herbergsbetrieb?
David Kogge: Mit einer Rückkehr zur Normalität rechnen wir inzwischen für frühestens Sommer 2021. Bis dahin werden wir weiterhin versuchen, im Rahmen der vorgegebenen Regeln und Vorschriften so vielen Menschen wie möglich einen schönen Aufenthalt in der Burg und dem Fränkischen Seenland anzubieten. Ab den Sommerferien kommen auch wieder die ersten kleineren Jugendgruppen zu uns und es finden wieder Sprachreisen statt. Darauf freuen wir uns schon sehr.
Haben Sie versucht, dieschwierige Zeit in Form von Renovierungsarbeiten oder Aktionen zu nutzen?
David Kogge: Wir haben auch in dieser Zeit an der Burg weiter renoviert und werden heuer insgesamt fünf Zimmer komplett auffrischen.
Wie ist denn die aktuelle Situation?
David Kogge: Einige Kollegen sind noch weiter in Kurzarbeit. Nachdem auch wir nun Unterstützung durch den Rettungsschirm des Freistaats Bayern bekommen haben, sieht die aktuelle wirtschaftliche Situation für uns als Jugendherberge etwas heller aus. Allerdings stornieren die Schulen schon weitgehend für die Monate bis zum Jahresende. Daher kommt im Herbst noch einmal eine große Herausforderung auf uns zu.
Sind Sie guten Mutes, wirtschaftlich mit heiler Haut davon zu kommen, oder müssen wir uns Sorgen um das Fortbestehen der Jugendherberge machen?
David Kogge: Die Burg Wernfels ist seit bald 100 Jahren Jugendburg des CVJM Bayern. Hier wurden Generationen von jungen Menschen in positiver Weise geprägt. Dabei hat die Burg auch Herausforderungen überstanden, die noch schlimmer waren als Corona. Daher blicken zuversichtlich und mit viel Gottvertrauen in die Zukunft. Die Leser werden uns auch in den kommenden Jahren weiter herzlich willkommen sein auf der Burg!
David Kogge ist der Hausleiter der schön gelegenen Jugendherberge in Wernfels bei Spalt. Der studierte Theologe leitet die Einrichtung seit April 2019. Zuvor war er als Jugendarbeiter und Jugendreferent tätig.
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