Kliniken hängen am Tropf

09.07.2014, 17:16 Uhr
Kliniken hängen am Tropf

© Tschapka

Wie in einigen Nürnberger Krankenhäusern hat sich auch an der Kreisklinik Roth in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der in den Notaufnahmen hilfesuchenden Menschen verdoppelt. „Im Jahr 2003 waren es noch rund 4330 Menschen, die wir nach einer Notfall-Behandlung wieder nach Hause schicken konnten. Im Jahr 2013 stieg diese Zahl auf 6550“, so Nadine Ortner, Assistentin des Vorstandes der Kreisklinik Roth. Im gesamten Bundesgebiet sollen es im vergangenen Jahr stolze 21 Millionen Behandlungen gewesen sein. Kein Wunder, denn in den überaus gut ausgestatteten Notaufnahmen der Republik finden die Notfallpatienten umfassende medizinische Hilfe, so dass knapp 60 Prozent von ihnen das Krankenhaus nach einer ambulanten Behandlung sofort wieder verlassen können.

Auch wenn sich darunter viele Bagatellfälle befinden, vom aufgeschürften Knie bis zum Zeckenbiss, so sind in der Rother Notaufnahme auch minder schwere „Notfälle“ willkommen. Doch diese Behandlung auf höchstem medizinischen Niveau rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr bekommen die Krankenhäuser nur spärlich vergütet.

Die Kosten etwa zur Vorhaltung von Ausstattung und Personal in einer Krankenhaus-Notaufnahme liegen laut der Deutschen Gesellschaft interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) in der ambulanten Notfallversorgung bei 129 Euro. Tatsächlich sind es laut DGINA im Durchschnitt ganze 33 Euro für jeden ambulant versorgten Patienten. Das ist deutlich weniger als Arztpraxen im Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung erhalten.

In dem Betrag ist sowohl der Gips als auch der Einsatz teurer Geräte wie etwa eines Computertomografen mit inbegriffen. „Das ist betriebswirtschaftlicher Irrsinn, fast jeder Friseurbesuch kostet mehr“, machte der Rother Chefarzt Dr. Dirk Asshoff deutlich.

Eine Lösung zur Entlastung des Krankenhaus-Personals wäre zum Beispiel die Einrichtung einer Notfall-Bereitschaftspraxis im Krankenhaus, in Kooperation mit niedergelassenen Ärzten, aber das ist bisher nur eine Idee, wenngleich in anderen Regionen Deutschlands solche Kooperationen bereits bestehen würden.

Die Vorstände und Geschäftsführer der 31 mittelfränkischen Krankenhäuser in öffentlicher, privater und freigemeinnütziger Trägerschaft fordern daher eine deutlich bessere Finanzierung der Notfallversorgung — und zwar umgehend.

Die meisten Patienten würden laut Kerstin Loy, der leitenden Krankenschwester der Rother Notaufnahme, am Wochenende, an Brücken- und Feiertagen sowie montags und mittwochs in die Notaufnahmen kommen. „Jeden Tag von nachmittags bis abends sind das 40 Patienten und mehr, da sind Wartezeiten von zwei bis drei Stunden keine Seltenheit.“

Dazu komme die hohe psychische Belastung des Personals, denn besonders nachts und am Wochenende spielten sich oft dramatische Szenen auf der Rother Notaufnahme ab. „Da gibt es alkoholisierte und uneinsichtige Patienten, so dass ein hohes Konfliktpotential besteht. Da stoßen unsere Mitarbeiter an die Grenzen ihrer Belastung“, sagte Loy. Aufgrund der desolaten finanziellen Situation bestehe jedoch keine Möglichkeit, das Personal aufzustocken, auch wenn die Patientenzahl sich immer weiter erhöht. „Und dieser Trend wird sich wohl auch in der Zukunft fortsetzten“, ist sich Dr. Asshoff sicher.

„Wir bieten bei unserer Behandlung eine hohe Qualität und wollen das auch in Zukunft tun, denn die Versorgung unserer Patienten liegt uns sehr am Herzen“, so Kerstin Loy, die zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen einen schnellen Ausweg aus diesem Dilemma fordert. Bis dahin sind aber auch weiterhin alle hilfesuchenden Menschen in der Rother Notaufnahme willkommen.

Keine Kommentare