«Mehlprimeln“ erblühten in voller Pracht
27.11.2006, 00:00 Uhr
Mit «Humor ist der Kropf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt“, hatte Hilpoltsteins 2. Bürgermeisterin Edeltraud Stadler ein hübsches Zitat parat, als sie «Die Mehlprimeln“ ankündigte, die 1999 schon mal im «Zwinger“ aufgetreten waren. Festival-Leiterin Ruth Kiefer, die im vierten Jahr die Hilpoltsteiner KultTour managt, wies darauf hin, dass mit der «Zell-Kantine“ wieder ein neuer, attraktiver Veranstaltungsort gefunden wurde. «Schwester Gerda ist mir sehr ans Herz gewachsen“, bekannte Kiefer. «Sie hat sich mit ,Kultur als Brücke’ und dem Deutschen Gehörlosentheater auch schon in den zurückliegenden Jahren aktiv in der regionalen Kulturszene eingebracht.“
Dann kam der große Auftritt der leisen Musikkabarettisten. Man kennt und schätzt sie, die Brüder Reiner und Dieter Panitz aus Kaisheim bei Donauwörth im Sprachdreieck zwischen Franken, den Spätzleschwaben aus Baden-Württemberg und den Oberbayern. Ihr stechender Witz, ihre böse Satire auf Politik, Umweltverschmutzung, Wahrheitsverdrehung und Volksverdummung bleibt bei aller Schärfe frei von Bitterkeit oder vulgärem Grabschen unter die Gürtellinie.
Mit Inbrunst veräppeln die «Mehlprimeln“ die Alt-68er, deren einziger Trost noch das Motorradfahren zu sein scheint. Man sorgt sich um die Mundfalten von Kanzlerin Merkel, an denen man den Alterungsprozess am besten ablesen kann und kommt zum Ergebnis: «Unser Land ist abgemergelt“.
Die Lust am blühenden Blödsinn wurde deutlich beim Lied «Der Sack“, zu dem der Deutsche ein besonderes Verhältnis zu haben scheint. Auch die Liebe der Deutschen zu ihrem Statussymbol, dem Auto, wurde gehörig persifliert mit dem Lied über den Mann, «der über lackgespritzte Blechbehälter geht“, weil er keine Autos mag.
Als kabarettistisches Glanzstück erwies sich die Geschichte vom Autobahnstau, die so schräg war, dass manche Zuhörer sich kaum mehr halten konnten vor Lachen. Auch die «Slammer-Poetry“ hat es Reiner Panitz angetan, und seine beiden Lieder, bei denen jedes Wort mit dem gleichen Buchstaben beginnt, sorgten ebenfalls für viel Heiterkeit.
Grotesken über Familienharmonie, über «Zwieback im Biwak“, über Gammelfleisch und Haltbarkeitsverlängerung, über den Wein, der sich im Nachhinein als Pisse erweist, ein schräges Liedchen über «Schwimmen im Hallenbad“, eine kleine «Geschichte der Evolution“ und eine köstliche Hans-Albers-Parodie auf «Flieger, grüß mir die Sonne!“ waren weitere Themen des amüsanten Musikkabaretts.
Die Panitz-Brüder sind nicht nur exzellente Kabarettisten, sondern beherrschen auch hervorragend Instrumente wie Gitarre, Hackbrett, Harfe, Bassbariton, Ukulele und Klarinette. Ihre «Hackbrettstückl“, irischen «Stückl“, ihre «Mozart-Stückl“ oder ihre «Volksmusik für Jugendliche“, mit der sie im Stil eines überdrehten Rock-Konzerts für Furore sorgten, zeigten sich die beiden auch von ihrer musikalisch-lyrischen Seite. Etwas nachdenklicher wurde es zu Beginn des zweiten Teils, als die beiden Kabarettisten «Todeslieder“ des Schweden Karl Michael Bellmann (1714—1794) sangen.
Chefgitarrist, Komponist und Texter Reiner Panitz tauchte die Zuhörer zwischendurch auch ein in stark gepfefferte satirische Geschichten voller Nonsens und ätzender Sozialkritik. Der Auftritt der begabten Kleinkünstler war einer der vielen Höhepunkte der diesjährigen Hilpoltsteiner KultTour.
Bei der euphorischen Stimmung im Publikum, das jeden Gag mit schallendem Gelächter quittierte, ließen sich die Panitz-Brüder zu fünf Zugaben hinreißen. Die schrägen Kabarettisten dürften mit diesem Konzert eine Menge neuer Fans aus Hilpoltstein und Umgebung gewonnen haben.