Schüleins "Judenbier" schmeckte den Nazis nicht

21.7.2018, 06:00 Uhr
Schüleins

© Manfred Klier

"Was hat der gebürtige Thalmässinger Joseph Schülein mit Hilpoltstein zu tun?", fragte Hilpoltsteins Bürgermeister Markus Mahl zur Eröffnung der Ausstellung. "Eigentlich wenig", beantwortete Mahl seine Frage gleich selbst. Schülein gehörte einer jüdischen Familie an, die aus eigener Kraft viel geschaffen und auch viel geholfen hatte. Während der Nazi-Zeit entgingen die Schüleins der Verfolgung durch die Nationalsozialisten freilich nicht. Es sei, so der Bürgermeister, "unsere Aufgabe, dem Rechtsradikalismus entgegenzutreten" – was mit dieser Ausstellung thematisiert werde.

Rathauschef Mahl dankte "Museumsdirektor" Peter Hagenmeier für die Gestaltung des gezeigten Ensembles und dem Landkreis für die finanzielle Unterstützung. Die Reichersdorfer Saitenmusik hatte zuvor die Vernissage mit der irischen Weise "Carrickfergus" eröffnet und erfreute im weiteren Verlauf mit musikalischen Zwischenspielen.

Stellvertretende Landrätin Edeltraud Stadler überbrachte die Grüße von Landrat Herbert Eckstein. "Eigentum verpflichtet", sagte sie. So stehe es im Grundgesetz. Josef Schülein habe diese Maxime schon lange vorher beherzigt, indem er nämlich Hilfsbedürftige unterstützte.

Denkmal gespendet

Stadler verglich die Schüleins mit den Fuggern in Augsburg. Im Übrigen sei auch das monumentale Kriegerdenkmal auf dem Thalmässinger Marktplatz eine Spende der Familie. In Thalmässing hatten die Schüleins mit Tuchhandel begonnen und später in München ein Brauimperium aufgebaut, sodass die Ausstellung konsequenterweise "Joseph Schülein — vom Tuchhandel zum bayerischen Brauimperium" betitelt ist.

CSU-Bezirksrat Ernst Schuster freute sich als gebürtiger Thalmässinger, dass sich die Stadt Hilpoltstein in vorbildlicher Weise für die Kultur engagiere und war geradenach begeistert, "dass einem Thalmässinger hier Ehre zuteil wird."

Die meisten Exponate der Ausstellung stammen von dem Münchner Hermann Wilhelm – Künstler, Heimatforscher, Ausstellungsmacher und Schriftsteller, der aus Haidhausen angereist war. In seinem Impulsreferat zeichnete Wilhelm eine Milieustudie des damaligen Münchner Vororts im 19. Jahrhundert. Es war die Zeit, in der Josef Schülein dort lebte. Arme Leute wie Tagelöhner und Lumpensammler fristeten an diesem Ort, den man auch "In der Grube" nannte, samt Familienanhang ihr Dasein. Zehn bis 15 Personen mussten sich manchmal einen Raum teilen. Sogar die Betten wurden tagsüber an "Schlafburschen" vermietet.

Die wohlhabenden Schüleins vergaßen die Notleidenden nicht und halfen großzügig, sodass sie bald als Haidhausener Wohltäter bekannt waren. Im Ersten Weltkrieg richteten sie Suppenküchen ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg unterstützten sie den Aufbau der zerstörten Stadt.

Von einer Gaststätte zum Imperium

In den 1870er Jahren hatte Josef Schülein eine pleite gegangene Gaststätte in München gekauft. Dort, wo heute das Klinikum rechts der Isar steht. Er gründete eine Brauerei, machte eine Aktiengesellschaft daraus, kaufte den Bürgerbräukeller, die Unionsbrauerei, die Münchner-Kindl-Brauerei und schuf nach und nach ein Brauimperium. Schließlich gehörte ihm auch die Löwenbrauerei, die kurz vor dem Ruin gestanden hatte und die er sozusagen in "feindlicher Übernahme" erworben hatte.

1933 kamen die Nazis an die Macht und bezeichneten sein Bier als "Judenbier". Die Schüleins wurden aus dem Brauwesen gedrängt. Josef Schülein zog sich auf seinen Besitz Schloss Kaltenberg zurück, wo er 1938 starb, also vor 80 Jahren.

Tradition fortgesetzt

Fünf seiner Kinder waren schon zuvor mit ihren Familien emigriert. Sohn Hermann hatte als Geschäftsführer die Cenovis Werke München zum größten Bierhefeverwerter Deutschlands aufgebaut. In den USA wurde er zum Manager der Liebmann Breweries.

Aber auch in der Ferne vergaß er die Notleidenden seiner Heimat nicht. Er schickte Care-Pakete nach München und verzichtete auf eine Rückübertragung der im Nationalsozialismus enteigneten Flächen, um die Menschen nicht aus den dort errichteten Notunterkünften zu vertreiben.

1964 schrieb er: "Wie man der Mutter verzeiht, verzeih‘ der Mutterstadt ich heut‘!" Er starb 1970 mit 86 Jahren.

Die Ausstellung im Schwarzen Roß, zu der auch Führungen angeboten werden, ist bis Samstag, 10. November, zu sehen.

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