„Stille Helfer“ machen die Gesellschaft viel reicher
19.03.2013, 16:41 Uhr
„Ohne bürgerschaftliches Engagement ist unsere Gesellschaft um ein Vielfaches ärmer“, betonte Bürgermeister Markus Mahl im voll besetzten Saal der Residenz bei der zweiten Vergabe des Preises. In Deutschland engagiere sich jeder Dritte ehrenamtlich. Da dies die meisten aber im Stillen und unentgeltlich täten, wolle man einige mit dem Preis ans Licht holen. Der Preis solle auch Ansporn für andere sein, es den Geehrten gleichzutun. Die Stadt wisse sehr wohl, dass ehrenamtliches Engagement nicht mit Geld zu entlohnen sei.
Jochen Strauß von der BRK-Bereitschaft Hilpoltstein trat als Laudator für die 85-jährige Martha Eckstein auf, deren Rotkreuzaktivität schon begann, als er noch gar nicht geboren war: 1946, in den Nachkriegswirren arbeitete die junge Martha Kellermann in einem Säuglingsheim in Schlesien. Mit rund 60 Kindern musste sie ihre Heimat verlassen. Nahezu auf allen Bahnhöfen Richtung Westen fand sie Findelkinder, um die sich niemand kümmerte, und nahm sie ebenfalls mit. Als sie in Hilpoltstein ankam, hatte sich die Zahl der Schützlinge fast verdoppelt, sie fanden Unterkunft im Auhof. Hier lernte die 20-Jährige Otmar Wittmann kennen, der dabei war, das Rote Kreuz in Hilpoltstein wiederzubeleben und schloss sich ihm an.
Zunächst sammelte man Spenden für die Aufgaben des Roten Kreuzes. Nachts und an den Wochenenden musste das Telefon im Rotkreuzbüro im Rathaus besetzt werden. Martha lief, sobald eine Notfallmeldung hereinkam, zum benachbarten Friseur, der den Krankenwagen fuhr, weckte ihn, fuhr mit ihm zum Einsatz und begleitete den Transport ins Krankenhaus. Sie engagierte sich beim Suchdienst des Roten Kreuzes, der in den Nachkriegswirren viele Menschen wieder zusammenführte. Auch ihre Eltern fand Martha so wieder.
Jochen Strauß konnte gar nicht all ihre Tätigkeiten recherchieren, da sie vieles ohne großes Aufhebens als „stille Helferin“ tat. Mitte der 60er Jahre gründete sich der Seniorenclub, zu dem ältere Mitbürger auch heute noch einmal im Monat eingeladen sind. Auch an einen Blutspendetermin ohne Martha Eckstein kann sich Jochen Strauß nicht erinnern. Brot, Wurst und Käse sowie Kuchen hat das Helferteam für die Blutspender organisiert. Auch wegen der guten Versorgung fänden bei den sechs Terminen pro Jahr jeweils 230 Spender den Weg ins Rotkreuzhaus. Strauß: „Man kann dem Roten Kreuz zu Ihnen nur gratulieren, die Stadt hat die richtige Wahl getroffen, sie als ,Stille Helferin‘ auszuzeichnen“.
Um Sportplätze gekümmert
Der Vorsitzende der DJK Weinsfeld, Carsten Melsbach, hielt die Laudatio für den 77-jährigen Paulus Brückschlögl. Er ist seit der Gründung der DJK 1970 Mitglied und war bis 2003 im Vorstand aktiv, hat den Sportheimbau in den 80er Jahren mitgestaltet und sich dann um das gesamte Sportgelände mit beiden Sportplätzen gekümmert, sorgte für die Rasenbewässerung, schnitt Hecken, entfernte Laub und räumte Schnee. Nahezu täglich sehe er nach dem Rechten.
Laudator Carsten Melsbach, der DJK-Vorsitzende, betonte, dass Bruckschlögl schon seit vielen Jahren Ehrenmitglied der DJK Weinsfeld und bei allen Mitgliedern sehr geschätzt sei. Da er kaum ein Wort über seine Tätigkeiten verliere, sei die Auszeichnung für ihn genau richtig. Er dankte ihm und hoffe, dass Bruckschlögl die DJK noch lange unterstützen könne.
„Wovon lebt jede Gesellschaft, jeder Staat, jede Kirche?“ Der Hilpoltsteiner Stadtpfarrer Franz-Josef Gerner beantwortete diese Frage damit, dass es Menschen seien, die ihre christliche Überzeugung im Dienst am Mitmenschen leben. Leider würde heute vieles, das früher ehrenamtlich geleistet würde, an Institutionen abgewälzt, da das „Profitdenken“ das „stille Helfen“ überwuchere. Doch Josef Rußer (77) sei jemand, der bereit war, Ehrenämter sowohl im öffentlichen als auch im kirchlichen Bereich zu übernehmen. Er sei in vielen Vereinen und Verbänden aktiv und arbeite heute noch ehrenamtlich in der katholischen Kirchenverwaltung mit, der er seit 24 Jahren angehört. Sieben Jahre lang war er als Kirchenpfleger tätig – in diese Zeit sei die Renovierung und Restaurierung der Stadtpfarrkirche gefallen. Er habe Hausmeistertätigkeiten – wie Rasenmähen, Zäunestreichen, Spielgerätereparaturen, Baumpflegearbeiten – im Hofmeierhaus, dem Schutzengel- und dem St.-Jakob-Kindergarten und auf dem Friedhof übernommen. Rußer sei seit 1974 Mitglied in der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB), seit 1976 im Vorstand und seit 1986 als Kassier tätig. Auch für den Krankenpflegeverein Hilpoltstein – Jahrsdorf — Zell habe er die Kassengeschäfte 2008 übernommen.
Pfarrer Gerner freute sich, dass Rußer für den Ehrenamtspreis ausgewählt wurde und dankte ihm und dessen Ehefrau für unermüdlichen, ehrenamtlichen Dienst für „unsere – auch Ihre – Pfarrgemeinde“. Gerner: „Manches Tun tritt in die Öffentlichkeit – vieles jedoch bleibt im Verborgenen“.
Auch die stellvertretende Landrätin Dr. Hannedore Nowotny beglückwünschte die Preisträger. Geehrt würden Menschen, die sich bereits seit Jahrzehnten für die Allgemeinheit eingesetzt haben. Sie alle erhielten diese Auszeichnung mit Fug und Recht.
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