Vom ICE-Cockpit aufs Hochglanz-Cover

27.4.2019, 06:00 Uhr
Vom ICE-Cockpit aufs Hochglanz-Cover

Berufswege sind nicht immer gerade: Der Tellerwäscher, der zum Millionär wird beispielsweise – man kennt ihn. Aber es gibt da auch den Polizei-Azubi, der als Punkrocker seiner Rente entgegengeht. Lies´ nach beim "Ärzte"-Schlagzeuger Bela B.! Oder eine Heilerziehungspflegerin, die das Korbflechterhandwerk für sich entdeckt – wie Bundesinnungs-Vize Monika Engelhardt aus Roth.

In diese unkonventionelle Reihe gehört zweifelsfrei auch Steffen Frasiak (49). Der gebürtige Potsdamer, der seit 19 Jahren in der Kreisstadt lebt, ist Lokführer. Doch sein markantes Aussehen macht ihn neuerdings für die Werbebranche interessant – als Model. Idealmaße: 99-85-97.

1,83 Meter groß, schlank, graues Haar, stahlblaue Augen – so sieht er aus, der klassische Arzttyp! Nein, eher das Manager-Kaliber . . . – Vielleicht auch eine Art kantiger Abenteurer? Und ein bisschen Dandy. Oder doch mehr die Spezies "relaxter Familienvater"?

Aber eigentlich ist es egal, ob man ihn nun in einen Medizinerkittel, einen Businessdress, ein Holzfällerhemd, einen Designeranzug oder ein Poloshirt steckt – Steffen Frasiak wirkt! "Danke", kommentiert er derlei Komplimente recht bescheiden. Denn selbst wäre er vermutlich nie auf die Idee gekommen, dass er das Zeug zum Dressman hat.

Lokführer – das sei von jeher sein Berufswunsch gewesen! Kein Wunder: Aufgewachsen an einer Bahnstrecke in Brandenburg, absolvierte Steffen Frasiak zunächst eine Ausbildung als Lokrangierführer. Er schulte weiter, wurde Regionallokführer und schließlich Lokführer im Fernverkehr. Mit dem ICE "kreuz und quer durch Deutschland" zu fahren, ist seine Passion. Eine, die er hauptberuflich ausübt. Nach wie vor.

"Sympathischer Kerl"

Dass er "ein sympathischer Kerl" sei, einer "mit Ausstrahlung", das habe man ihm vor jenem denkwürdigen Tag im Sommer 2015 durchaus schon attestiert – aber nie aus berufenem Munde. Letzterer gehörte schließlich einem Herrn aus Österreich – "feines Auftreten, geschmackvoller Anzug; man hat schon gesehen, dass der irgendwas mit Mode zu tun hatte", glaubt Steffen Frasiak heute.

Besagter Herr hatte Frasiak auf der Strecke Frankfurt-Wien offenbar durch die gläserne Trennscheibe des ICE-Führerhauses beobachtet. Denn als man am Endbahnhof angelangt war, "wollte er mir unbedingt seine Visitenkarte geben", weiß Steffen Frasiak noch genau. Der Österreicher bescheinigte dem Wahl-Rother, "Model-Qualitäten" zu besitzen, aber Frasiak winkte "erschrocken" ab. Trotzdem redete der unbekannte Fahrgast dem Triebfahrzeugführer weiter zu: Er solle es doch mal in einer Mannequin-Agentur versuchen.

"Ich hab´ diesen Gedanken tagelang rumgeschleppt und dann mit meiner Frau geredet", erinnert sich Steffen Frasiak. Aber die konnte ihm kaum weiterhelfen: "Sie wusste nicht so recht, ob ich wirklich ein Modeltyp bin. Wir kennen uns, seit wir 16 sind – da fehlt natürlich der Abstand." Nach einigem Hin und Her fasste Steffen Frasiak sich doch ein Herz und schickte Fotos an die Nürnberger Agentur "Lemon Models" – "Was hatte ich schon zu verlieren?"

Die Antwort aus der Noris kam prompt: Frasiak sei "total interessant", lautete das Urteil. Ein Initiationsmoment: Der Vater einer 24-jährigen Tochter fühlte sich bestätigt. Er ließ "richtig gute Sedcard-Aufnahmen" von sich machen, professionelle – und "staunte selber nicht schlecht" über das Ergebnis, wie er lachend zugibt.

Im besten Mannesalter

Seither ist er als Werbeträger im besten Mannesalter, als sogenannter "Best Ager", bei mehreren Agenturen gelistet. Er verfügt über eine eigene Website, einen Gewerbeschein und einiges an Erfahrung als selbstständiges Model für Werbefotografie sowie Darsteller für PR-Videoproduktionen. Zu seinen Auftraggebern gehören namhafte Firmen wie Siemens, Audi, Stihl, Bionorica, Wüstenroth oder Netto.

Die Model-Aufträge lotsen Steffen Frasiak in nahezu alle Himmelsrichtungen der Republik; bei den Nachbarn in Österreich hat er ebenfalls des Öfteren zu tun. "Ab und an sind auch tolle Angebote für weiter entfernte Ziele dabei – Norwegen zum Beispiel. Aber da geht’s dann um die Verfügbarkeit."

Im Augenblick steuert Steffen Frasiak seinen ICE nämlich in Vollzeit. Nur der Schichtdienst erlaube es ihm, ein- bis zweimal pro Monat für Shootings auszurücken. Deshalb will Frasiak die Arbeitszeit zum 1. Mai auch reduzieren. Weil ihm beides Spaß mache – das Agieren vor dem Objektiv und im Führerhaus.

Ob er sich vorstellen könne, irgendwann nur noch zu modeln? Das habe "zweifelsohne seinen Reiz", gibt Steffen Frasiak zu. Lukrativ sei´s allemal: Tagesgagen zwischen 600 und 1500 Euro – je nachdem, für welche Medien und wie lange sein Konterfei verwendet wird – die wären freilich verlockend!

Doch Frasiak weiß auch um die Halbwertszeit des Jobs. Schönheit, Trends – das alles sei vergänglich, schnelllebig.

"Ich hab´ zwar keine Vollkasko-Mentalität", meint er sympathisch, "aber so ganz ohne meinen ICE? Geht gar nicht ..."

Keine Kommentare