«Schlüsselqualifikationen erleichtern den Berufseinstieg»

15.09.2008, 00:00 Uhr
«Schlüsselqualifikationen erleichtern den Berufseinstieg»

NZ: Herr Krusche, auf der Internetseite des Informations- und Beratungszentrums der Universität wird den Studenten vor Beginn ihrer Karriere auch der Erwerb von «Soft Skills» empfohlen. Was sind Soft Skills?

Krusche: Soft Skills sind Fähigkeiten, die in der Person liegen und die zu dem im Studium erworbenen Fachwissen hinzukommen, um den Übergang vom Studium in den Beruf zu erleichtern.

NZ: Diese Qualifikationen werden auch als Schlüsselkompetenzen bezeichnet. Was genau beinhalten sie?

Krusche: Schlüsselqualifikationen können Präsentationsformen, klassische Rhetorik-Kurse oder Kenntnisse in anderen Disziplinen sein. Etwa, dass jemand, der Sprach-Literaturwissenschaft oder Soziologie studiert, auch Kurse in Wirtschaftswissenschaften oder Sprachkurse belegt. Auch Praktika, die man im Ausland macht, kann man entsprechend einbringen. Es können ganz verschiedene Dinge sein, die man neben dem Studium erwirbt.

NZ: Wie wichtig ist es für Hochschulabsolventen, solche Schlüsselqualifikationen zu erwerben?

Krusche: Das ist sehr wichtig. Am meisten für Studenten, die ein Fach studieren, in dem das Berufsbild nicht gleich mitgeliefert wird. Natürlich braucht, wer Lehramt studiert, auch Schlüsselqualifikationen. Ein Lehrer muss gut reden, gut organisieren und vor einer Gruppe bestehen können - das versteht sich von selbst und wird über erziehungswissenschaftliche Kurse vertieft. Ähnlich ist es bei Juristen oder BWL-Studenten. Da denkt man über so etwas nicht speziell nach, sondern das wird durch das Studium mitgetragen. Aber bei den Studienfächern, die kein festes Berufsbild haben, vor allem in den Geistes- und Sozialwissenschaften, Sprachfächern, Geschichte, Pädagogik oder Soziologie muss man sich überlegen, in welchem Berufsbild man Fuß fassen will und was man als Zusatzqualifikation zum reinen Fachwissen braucht, um einen Berufseinstieg vorzubereiten. Da spielen Schlüsselkompetenzen eine große Rolle.

NZ: In den neuen Bachelor- und Masterstudiengängen sind Soft-Skill-Seminare bereits im Stundenplan vorgesehen. Wie groß ist der Umfang dieser Seminare?

Krusche: Das ist richtig, im Gegensatz zum alten System ist das in den neuen Studiengängen im Curriculum fest verankert. Wie viel dieser Bereich ausmacht, hängt vom Studienfach ab. Das können zehn und mehr Leistungspunkte sein von insgesamt 180, die im Studium erreicht werden müssen. Wenn man sich überlegt, dass jeder Leistungspunkt etwa 30 Arbeitsstunden entspricht, ergeben zehn Punkte immerhin 300 Stunden, in denen man sich mit diesem Bereich beschäftigt.

NZ: Wie ist es für die Magister- und Diplom-Absolventen, die noch nach dem alten System studieren und später im Bewerbungsgespräch keinen Nachteil gegenüber den künftigen Bachelor- und Master-Absolventen haben wollen?

Krusche: Diplomstudenten wie etwa Ingenieure werden sich nicht so sehr um zusätzliche Seminarangebote bemühen, das ist vor allem für Magister-Studenten sinnvoll. So sollte ein Soziologie-Student auch Sprachkurse besuchen oder einmal eine Vorlesung in Wirtschaft, Philosophie oder einem anderen Fach belegen. In den neuen Studiengängen gehört das jetzt zum Pflichtprogramm, bisher war es jedem Einzelnen selbst überlassen.

NZ: Also ist es für Magisterstudenten besonders wichtig, Zusatzqualifikationen zu erwerben?

Krusche: Ja, und das wird auch immer wichtiger. Natürlich kommt es sehr viel auf die persönlichen Qualifikationen an. Was hab ich aus mir als Person im Rahmen meines Studiums gemacht? Viele Qualifikationen erwirbt man auch durch das Studium. Etwa wie man Texte strukturiert oder Präsentationen vorbereitet. Darüber hinaus kann und sollte man das aber noch vertiefen.

NZ: Gibt es für Magister- und Diplom-Studenten auch die Möglichkeit, an Veranstaltungen teilzunehmen, die primär von Bachelor- und Master-Studenten wahrgenommen werden?

Krusche: Was das Fachstudium betrifft, sind die Studiengänge natürlich voneinander getrennt, aber der Bereich der Schlüsselqualifikationen ist so offen, dass man diesen auch als Magister-Student nutzen kann. Dass da jemand zurückgewiesen wird, wenn er sich für ein bestimmtes Seminar anmelden möchte, kann ich mir nicht vorstellen.

NZ: Wird der Erwerb von Soft Skills in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen?

Krusche: Sicher, und es wird auch immer mehr wahrgenommen. Studenten wollen wissen, wie sie sich in einem Bewerbungsgespräch hervorheben können und was sie zusätzlich zu ihrem Fachwissen anzubieten haben.

NZ: Bleibt in dem neuen System der Bachelor- und Master-Studiengänge, die ja sehr straff organisiert sind, überhaupt die Zeit, sich intensiv mit dem Erlangen von Zusatzqualifikationen zu beschäftigen, oder kann das auch zu einem Zeitproblem werden?

Krusche: Am Anfang wird es sicher schwierig sein, über das stark ausgedehnte Pflichtprogramm der Bachelor- und Master-Studiengänge hinaus noch Seminare zu belegen. Aber in den höheren Semestern ist auch wieder mehr Flexibilität drin. Wenn man diese erste Hürde, die sogenannte «Grundlagen- und Orientierungsprüfung» hinter sich gebracht hat, hat man auch wieder ruhigeres Fahrwasser, um sich auf die Schlüsselqualifikationsbereiche zu besinnen.

NZ: Gibt es auch Studenten, die schon ein bis zwei Jahre im Beruf stehen und dann wieder auf das IBZ zukommen, um Qualifikationen nachzuholen?

Krusche: Wir haben immer wieder Interessenten, die schon in der Berufstätigkeit stehen. Für sie sind unsere Master-Studiengänge eine gute Möglichkeit, sich weiterzuqualifizieren.

NZ: Glauben Sie, dass aufgrund der neuen Studiengänge künftig mehr Absolventen nach einem kurzen Abstecher in den Beruf an die Universität zurückkehren?

Krusche: Wie sich das entwickeln wird, müssen wir beobachten. Die große Frage ist, welche Berufschancen Bachelor-Studenten haben werden, die mit diesem neuen Abschluss die Universität verlassen, und ob diese dann nach anfänglicher Berufstätigkeit die Notwendigkeit erkennen, einen Master zu erwerben.

Fragen: Daniela Kaiser Foto: Harald Sippel

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