Alte Flurdenkmäler erzählen lebendige Geschichten
16.3.2015, 10:09 UhrFlurdenkmäler befinden sich häufig am Rand und außerhalb von Siedlungsgebieten, meist an Straßen und Feldwegen, aber auch verborgen in Wäldern. Sie verdienen es, immer wieder in Erinnerung gerufen zu werden. Oft kann sich niemand mehr an den Zeitpunkt ihrer Entstehung erinnern. Mythen und Sagen ranken sich deshalb um ihre Errichtung.
Viele dieser alten Flurdenkmäler (Steinkreuze, Kreuzsteine und Martersäulen) sind aus heimischem Keuper-Sandstein hergestellt, inzwischen häufig mit Moos und Flechten bewachsen sowie zum Teil mit Nadeln der heimischen Kiefern verziert. Diese „Verzierungen“ lassen die Steinkreuze und Marterln noch mystischer erscheinen. Ob diese den Denkmälern schaden, vermag der Chronist nicht zu beurteilen.
Die meisten Steinkreuze mussten im 13. bis 16. Jahrhundert als Sühne für Totschlag von den Tätern, neben den zu leistenden Bußen, aufgestellt werden. Da sie gewöhnlich von denen errichtet wurden, die an dieser Stelle jemanden totgeschlagen hatten, tragen sie normalerweise keine Inschrift. Der Täter wollte die Tat nicht auch noch in Wort und Schrift verewigen. Erst mit der Einführung der Halsgerichtsordnung durch Kaiser Karl V. im Jahre 1533 kam der Beschuldigte vor ein ordentliches Gericht. Aber auch zum Andenken an Verunglückte oder sonst auf dem Weg Gestorbene wurden diese Steinkreuze gesetzt.
Steinerne Zeugen
Diese Flurdenkmäler stehen unter Denkmalschutz und für ihre Erhaltung sind die Gemeinden und Landkreise/Kreisfreie Städte zuständig. Der legendäre Popp’n, Thoml aus Schwabach war einer, der sich über 40 Jahre hinweg unermüdlich um die Erhaltung dieser Zeugen der Vergangenheit kümmerte. Er hatte es 1966 auch durchgesetzt, dass der damalige Landkreis Schwabach alljährlich 500 Mark bereitstellte, damit die Flurdenkmäler im Kreisgebiet erhalten und erneuert werden konnten.
In Schwanstetten zum Beispiel sorgt sich der Museumsverein vorbildlich für die Instandhaltung und weist die Besucher durch Info-Tafeln auf deren Geschichte hin.
Grundlage dieses Berichtes sind vor allem die Aufzeichnungen der Heimatforscher Heinrich Kraus, Christof Haag und Heinrich Schlüpfinger, alle aus Schwabach sowie Oberlehrer Georg Mayer aus Roth, aber auch von Erzählungen älterer Bewohner, welche sich an Überlieferungen ihrer Vorfahren erinnern können. Ohne deren Festhalten an heimatkundlichen und wissenschaftlichen Forschungsergebnissen wäre sicher noch mehr verloren gegangen.
Im Jahre 1927 beauftragte das Bezirksamt (heute Landratsamt) Schwabach alle ihm zugehörigen Gemeinden mitzuteilen, wo sich welche Steindenkmäler befinden. Meistens sind es Steinkreuze, wenige Kreuzsteine, aber auch etliche Marterl und Bildstöcke, letztere vorwiegend in und um Abenberg, welche gemeldet wurden.
Steinkreuze jüngeren Datums gibt es nur wenige. Ein solches aus dem Jahre 1954 befindet sich im Schwabacher Stadtteil Limbach.
Anstelle von Steinkreuzen sieht man heute überall im ganzen Lande verstreut, besonders an Bundes- und Landstraßen, all die vielen meist einfachen Holzkreuze, zum Teil mit Blumen geschmückt. Sie zeugen von den vielen tödlichen Verkehrsunfällen meist junger Leute.
Nachfolgend soll hier an einige zum Teil sagenumrankte, aber auch nachgewiesene Flurdenkmale im Umkreis von Schwabach erinnert werden.
Einige Beispiele
Katzwang (Gotischer Bildstock und Steinkreuz): An der Straße nach Schwabach, beim Zugang zur Wehrkirche, stehen ein gotischer Bildstock und ein Steinkreuz. Die etwa drei Meter hohe Bildsäule zeigt im Relief die Kreuzigung Christ, in der rechten Nische den Hl. Laurentius und in der linken den Hl. Leonhard. Zum Sühnekreuz geht die Sage um, dass hier zwei Katzwanger ihren Pfarrer überfallen und schwer misshandelt hatten. Nur durch das Dazukommen Dritter ist die Ermordung vereitelt worden.
Kornburg (Schwedenkreuze): An der Römerstraße in Kornburg stehen drei Sühnekreuze aus dem 15. Jahrhundert. Früher standen diese allein auf weiter Flur. Heute sind sie umgeben von Einfamilienhäusern. Schwedenkreuze werden als „im Freien stehende Kreuze zur Erinnerung an den Schwedenfeldzug Anno 1647“ bezeichnet.
Nach Aussagen älterer Leute sollen die Steinkreuze hier aus früher in der Nähe abgespielten Kriegen herstammen und darunter gefallene Soldaten begraben sein.
Regelsbach/Leitelshof (Marter- oder auch „Fraisch“-Säule): Östlich von Leitelshof, unweit an der ehemaligen zum Teil mit Sandsteinen befestigten Wegverbindung von Hengdorf nach Wildenbergen, steht mitten im Wald eine spätmittelalterliche Martersäule aus Sandstein. Diese diente bis 1740 zur Abgrenzung der Hochgerichtsbarkeit zwischen Roßtal und Schwabach. Auf ihrer Schwabach zugewandten Seite ist noch der Rest der Aufschrift „SWOBACH“ zu erkennen. Georg Hetzelein fertigte 1961 eine Federzeichnung von dieser Martersäule.
Mittelhembach, früher Hagershof (Bildstock und Sühnekreuz): Sowohl das Steinkreuz als auch der Fluraltar aus der Mitte des 14. Jahrhunderts standen einst nahe des Ortes Hagershof. Diese stünden heute mitten im Rhein-Main-Donau-Kanal. Bürgermeister Fritz Meier veranlasste vor Kanalbaubeginn die Bergung und setzte sich für die Wiedererrichtung am heutigen Standort Nibelungen-/Mittelstraße in Mittelhembach ein.
Der Sage nach hätten sich dort zwei mit dem Messer gekitzelt (= duelliert). Ob einer oder beide zu Tode kamen, ist nicht überliefert. Zu vorreformatorischen Zeiten sollen die Katholiken aus der Umgebung zum Fluraltar gepilgert sein.
Rednitzhembach (Steinkreuz mit Metzgerbeil): An der alten Handelsstraße, heute südlich der alten B 2, bei der Abbiegung der Straße nach Schwand, steht das sogenannte Metzgerkreuz. Das im Steinkreuz gut sichtbar eingehauene Metzgerbeil soll darauf hindeuten, dass sich dortselbst zwei Metzgerburschen gestritten und sich derart zugerichtet haben, dass sie an diesem Platze tot liegen blieben.
Ungerthal (Freistein): An der Straße von Ottersdorf nach Ungerthal beim Kupferweiher steht ein sogenannter Freistein ohne Inschrift. „Hatte jemand einen Mord begangen, sei es aus Vorbedacht, im Wirtshausstreit oder aus Verzweiflung, gab es eine Rettung vor dem Henker nur über den Freistein. Wenn man bedenkt, wie grausam damals meist ein Mensch vom Leben in den Tod gebracht wurde, so kann man sich vorstellen, wie höchste Angst den armen Sünder durchs Dorf hetzte, hinaus in den Wald, durch Dickicht und Dorn. Hinter ihm drein vielleicht schon die Häscher. Keuchend geht sein Atem, doch er läuft, endlich erblickt er die Säule, noch einige wilde Sprünge, dann fasst seine Hand den rissigen Stein, er ist frei. Zwar musste der glückliche Läufer ein Jahr außer Landes gehen, was machte das, er war gerettet.“
Beerbach (Kreuzstein): Unmittelbar am westlichen Ortsende, am Weg nach Pflugsmühle, dem sogenannten „Judenweg“, sieht man rechterhand einen Stein, in dem ein Kreuz eingemeißelt ist. Angeblich soll hier eine Dienstmagd von der Pflugsmühle von einem Wolf gerissen und zerfleischt worden sein. Der Judenweg erinnert daran, dass die Juden ihre Toten auf diesem Weg von Windsbach nach Georgensgmünd bringen mussten, weil Windsbach keinen jüdischen Friedhof hatte.
Schwabach-Limbach (Gedenkstein): Rechts der Straße am „Wasserberg“ steht ein Gedenkstein jüngeren Datums. Am 11. Dezember 1954 verunglückten hier der 52-jährige Landwirt Karl Geißler und der erst 15-jährige Bernhard Reithinger. Beide fuhren auf einer Zugmaschine mit schwer beladenem Anhänger. Auf dem schlechten, bergabwärts führenden, Weg konnte die Zugmaschine den Anhänger nicht genügend bremsen, so dass diese umstürzte. Während zwei Mitfahrer rechtzeitig abspringen konnten, verletzten sich Karl Geißler und Bernhard Reithinger tödlich.
1 Kommentar
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen