Klasse Flinzer zeigt „Neues vom Ende der Schlange“
06.05.2014, 09:53 Uhr
Zu sehen bis zum 1. Juni zu den Öffnungszeiten der Bürgerhaus-Galerie.
„Neues vom Ende der Schlange“
„Neues vom Ende der Schlange“ hat die Klasse von Jochen Flinzer ihre Schau genannt. Eine Metapher für die Stellung des Nachwuchses an der Uni. Ähnlich wie in einer langen Reihe beim Bäcker ist man zum Warten verdammt. Es dauert, bis die junge Kunst öffentliche Wirkung entfaltet. Dabei ist es wie immer und überall: Die Neuen müssen sich hinten anstellen. Vier Frauen und drei Männer im Alter zwischen 20 und 27 Jahren haben sich von dort zu Wort gemeldet.
Anne Feigel und Jasmin Lothert haben beide das selbe Medium gewählt. Per Video-Kreislauf erzielen sie beim Betrachter eine fast kontemplative Wirkung. Feigel hat in vier Sequenzen Denkprozesse gefilmt, gewissermaßen also bewegte Porträts gestaltet. Wichtig sind ihr der biometrische Bildaufbau, das neutrale Setting und der Focus auf dem Gesicht. Damit will sie den Besucher für die subtilen Regungen der beiden Denkerinnen sensibilisieren.
Ein ziemlich ernstes Thema hat Jasmin Lothert auf fast spielerische Weise verarbeitet, ohne dabei allerdings dessen Bedeutung aus den Augen zu verlieren. Mit „Hybridzüchtung“ macht sie auch auf die Gefahren der Gentechnik aufmerksam. Könnte es so kommen: Zwei Maiskolben mit geschminkten Gesichtern und in Puppenkleidern stehen sich scheinbar regungslos gegenüber. Wie ein Bild in hohem, schlanken Rahmen. Doch die beiden Mais-Puppen bewegen sich sehr wohl: Sie kreisen umeinander, neigen sich gegenseitig zu oder scheinen sich zu verbeugen.
Ming Zhe E stammt aus China und hat Blicke aus zwei Fenstern mittels kleiner quadratischer Ölbilder verglichen. Der an der Akademie gleicht dem aus der Galerie, findet Ming. Der Mülleimer vor der Universität hat nicht nur eine ähnliche Farbe wie der Blumentopf vor dem Ausstellungsraum. Beide sind mit einem ähnlichen Winkel auch leicht nach links geneigt. Kaum zu erkennen, aber im Skizzenbuch Mings eindeutig belegt. „Eins wäre ein schiefes Ding“, sagt er. „Zwei hingegen sind eine akzeptable Ordnung.“
Landschaft aus weißer Pappe
Julia Liedels Installation ist eine hügelige Landschaft aus weißer Pappe, auf die sie 19 kleine Skulpturen verteilt hat. „Alles Objekte aus meiner Fantasie, die man so noch nie gesehen hat“, erklärt sie. Julia Liedel ist eine Sammlerin. Schuhsohlen, Steine, getrocknete Pilze, eine Schlangenhaut, Plastik- und Glasgefäße findet sie und bewahrt sie auf. „Aus diesem Schatz schöpfe ich.“ Sie baut daraus neues. „Ich spiele so lange, bis das Zusammengehörigkeit der Gegenstände perfekt ist.“
Auch Jonathan Baumgärtner hat eine Installation mitgebracht. Sie spielt mit der menschlichen Wahrnehmung und dem Material Gold. Einige unbehandelte Flächen des Stapels gespaltenen Rubinienholzes schimmern unter Schwarzlicht so schön grün, dass die vergoldeten Flächen der kleinen Scheite völlig in den Schatten gestellt werden. Ganz unterschiedliche Ergebnisse von Fotografie zeigen Jana Wernicke und Christoph Kipp. Wernicke hat mit einer Großformat-Kamera Häuser in Neubausiedlungen an Dorfrändern dokumentiert und dabei festgestellt: „Hier werden Lebensentwürfe mit Architektur verknüpft, denn eigentlich sehen alle gleich aus“, findet sie. Anklagen will sie zwar nicht, vielmehr beobachten. „Dennoch sollte man über Wohnformen nachdenken, die die Landschaft verändern und Acker in Besitz nehmen“, sagt Wernicke.
Gar nicht gegenständlich sind die Pigmentdrucke der Fotografien von Christoph Kipp. Landschaften mit Vulkanen und Schneebergen lässt er mittels experimenteller Fotografie in Vasen und Aquarien entstehen.
Professor Jochen Flinzer stellt einige seiner Stickwerke aus, die immer zwei Seiten haben. Die Gegenständliche vorne und den abstrakten Fadenverlauf auf dem Rücken. Besonders gelungen bei Postkarten, deren Texte Flinzer nachstickt.
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