"Wehret den Anfängen"
Rentner postet SS-Vergleich bei Facebook: Geldstrafe
12.8.2021, 15:00 Uhr
„Angebliche Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.“ – Diesen Satz schrieb Staatsanwältin Jennifer Falk dem 63-jährigen Rentner Karl. K. (Name geändert) ins Stammbuch. Der Schwabacher war wegen der „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ angeklagt, nachdem er gegen einen Strafbefehl Einspruch erhoben hatte. Richter Michael Schlögl folgte in seinem Urteil der Anklagebehörde und verurteilte Karl K. zu einer Geldstrafe von 1800 Euro.
Laut Jennifer Falk teilte der 63-Jährige auf seinem allgemein zugänglichen Facebook-Profil eine Fotomontage, die jeweils halbseitig ein Profil eines Polizisten aus Schleswig-Holstein und eines SS-Obersturmbannführers zeigte. Darunter war die Bildunterschrift „Ich führe nur Befehle aus“ zu lesen. Auf der Uniform des SS-Mannes sei ein Doppel-S abgebildet gewesen. „Ihnen war bewusst, dass das Bild auf Ihrer Facebookseite von einer Vielzahl von Personen wahrgenommen werden konnte“, so die Staatsanwältin.
"Kein rechtes Gedankengut"
Der Rentner entschuldigte sich. Er gab an, dass man derartige Abbildungen jeden Tag im Fernsehen sehen könne und dass er um die Strafbarkeit dieses Postings nicht wusste. Er habe es ja auch nicht selbst erstellt. Er erzählte von seinem Opa, der im Krieg geblieben sei, von einem anderen Verwandten, der ein Bein verloren habe. Die Nazizeit habe in seiner Familie Spuren hinterlassen, so Karl K., er habe mit rechtem Gedankengut nichts zu tun.
Anwalt Andreas Hauptstock aus Schwabach visierte schon im Vorfeld der Verhandlung beim Gericht eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage an. Auch sein diesbezüglicher Appell an die Staatsanwältin vor der öffentlichen Verhandlung blieb ohne Gehör.
Kein Vorsatz?
Hauptstock argumentierte, dass selbst die Äußerung des AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland, wonach die Nazis „nur ein Vogelschiss“ in der 1000-jährigen Geschichte Deutschlands gewesen seien, nicht strafrechtlich verfolgt wurde. Im Vergleich dazu, halte er die Anklage gegen seinen Mandanten als „unangemessen“. Hier sei einem unbedarften Bürger ein Post zugespielt worden, dessen Inhalt er, sein Mandant, inhaltlich nicht teile. Er sehe hier keinen Vorsatz und ihm fehle jegliches Verständnis für die Strafverfolgung.
Hauptstock meinte zudem, dass viel zu viele Hitlergrüße bei Demonstrationen der rechten Szene nicht verfolgt würden. Staatsanwältin Jennifer Falk konterte mit dem Hinweis, dass der Anwalt wohl gar nicht wisse, wie viele Hitlergrüße von der Anklagebehörde Nürnberg-Fürth verfolgt würden.
Mit Kanonen auf Spatzen geschossen?
Jennifer Falk blieb nach der Feststellung der Einkommensverhältnisse des Rentners bei der schon im Strafbefehl benannten Geldstrafe von 60 mal 30 Euro. Sie gehe davon aus, dass der Post öffentlich wahrgenommen worden sei, so die Staatsanwältin. „Wir müssen das Bewusstsein in der Bevölkerung schärfen, dass so etwas nicht geht“, sagte die Vertreterin der Anklagebehörde. Ihr Motto: Wehret den Anfängen.
Anwalt Hauptstock plädierte für einen Freispruch. Es sei natürlich erforderlich, faschistischen Tendenzen in der Bevölkerung entgegen zu treten. Aber: „Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen.“ Seinem Mandanten sei kein Vorsatz nachzuweisen, so der Verteidiger.
Richter Michael Schlögl folgte schließlich dem Antrag der Staatsanwältin. „Sie wussten, dass es eine SS-Uniform ist“, so der Richter. Er gehe davon aus, dass bei K. keine rechte Gesinnung vorliege, doch es sei wichtig, „Einhalt zu gebieten, dass derartige Fotos weiterverbreitet werden.“
Zum Thema: Verfassungswidrige Kennzeichen
Das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ist laut Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe zu ahnden. Kennzeichen sind unter andrem Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und der Hitlergruß.