Schwabach und Wendelstein: Partnerorte sind keine LGBTQ-freien Zonen
18.8.2020, 14:53 UhrSchwabach/Teschen/Wendelstein/Zukowo – Von den beiden polnischen Orten, mit denen hiesige Gemeinden Kontakte pflegen, hat sich keiner zur LGBT-freien Zone erklärt.
LGBT steht für lesbian, gay, bisexual, transsexuell/transgender, also lesbisch, schwul, bisexuell und trans-
sexuell. Rund ein Drittel der polnischen Gemeinden und Provinzen, hauptsächlich im katholisch-konservativen Südosten des Landes, bezeichnen sich als "frei von LGBT-Ideologie". Angeblich erfolgte dies, um polnische Familien zu schützen.
Nach der Wahl in Polen hat ein Exodus asu den LGBT-Gemeinden eingesetzt. Viele Schwulen, Lesben, Bisexuelle und Transgender haben Angst, dass die politische Unterdrückung weiter zunehmen wird und sind ausgewandert. Präsident Andrej Duda (48) gehört der rechtskonservativen PIS-Partei an, die auch über die Mehrheit im Parlament verfügt. Sie schürt den Konflikt weiter.
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Einige EU-Partnerstädte haben ihre Verbindungen zu inzwischen LGBT-freien Städten und Gemeinden aufgelöst.
Zwei pflegen Partnerschaften
Im Verbreitungsgebiet dieser Zeitung pflegen zwei Gemeinden Partnerschaften zu polnischen Städten. Die evangelische Kirchengemeinde St. Martin unterhält eine freundschaftliche Beziehung zu Teschen am Rande der Schlesischen Beskiden, direkt an der Grenze zu Tschechien.
Von den 80 000 Lutheranern in Polen leben etwa die Hälfte im Gebiet um Teschen. Mit der evangelischen Kirchengemeinde Teschen verbindet die Schwabacher Kirchengemeinde St. Martin seit 2013 eine Partnerschaft. 2015, zur Wiedereröffnung der Schwabacher Stadtkirche, wurde die offizielle Partnerschaftsvereinbarung geschlossen.
Pro-europäisch eingestellt
"Teschen gehört nicht zu diesen Kommunen", schreibt Pfarrer Dr. Paul-Hermann Zellfelder auf die Frage, ob sich Teschen zur LGBT-freien Zone erklärt hat. Die Stadtregierung sei sehr pro Europa eingestellt. Dies habe er in direkten Gesprächen mitbekommen. Auch innerhalb der Kirchengemeinde Teschen sei man mehrheitlich sehr unglücklich über die polnische Regierung und gegen deren Partei PIS. Bemerkenswerterweise sei trotz der Minderheitssituation der Protestanten die Oberbürgermeisterin in Teschen evangelisch.
Auch Zukowo ist nicht LGBT-frei. Wendelsteins Zweiter Bürgermeister Willibald Milde sagt, er habe sofort recherchiert, als er davon gelesen habe. Milde unterstützt die Partnerschaft zu der polnischen Gemeinde von Anbeginn.
Mit der Feuerwehr besuchte er schon öfter Zukowo; er war auch eine Zeitlang Partnerschaftsbeauftragter des Marktes Wendelstein. "In Pommern ist es offensichtlich nicht der Fall. Mir ist nichts bekannt. Problematisch ist es mit der katholischen Kirche. Die werden dazu schon etwas beitragen", teilt er mit.
Anlässlich des Besuchs der rund 30 Radfahrer und der Wenden-Gugge 2018 in Zukowo sagte Zukowos Bürgermeister Wojciech Kankowski, dass es wichtig sei zusammenzustehen, Brücken zueinander bauen und nicht nur bis zu den Landesgrenzen zu denken. Nicht die Herkunft zähle, sondern der Mensch.
Stellungnahme aus Zukowo
Die Wendelsteiner Partnerschaftsbeauftragte Doris Neugebauer bestätigt, dass Zukowo nichts mit LGBT-frei zu tun hat. Sie hat eine Stellungnahme aus dem Rathaus von Zukowo erhalten. "Der Gemeinderat hat keine Entschließung zu einer LGBT-freien Zone angenommen und hat dies auch nicht in der Zukunft vor", heißt es in dem Brief.
Der Gemeinderat von Zukowo habe 21 Gemeinderäte, keiner von ihnen gehöre einer politischen Partei an. Alle Gemeinderäte seien lokale Aktivisten, stammten aus Verbänden, Vereinen oder Gruppen im Zusammenhang mit der Kaschubei und der Region. "Als Vertreter der Gemeinde behandeln wir alle unsere Bürger gleich", heißt es weiter, "wir respektieren ihre Entscheidungen und akzeptieren ihre Ansichten und ihre Zugehörigkeit."
Die Gemeindevertreter oder der Bürgermeister könnten sich keine Intoleranz gegenüber einer Minderheit vorstellen. "Die Kaschubier sind selber eine ethnische Minderheit mit eigener Sprache und Kultur", schließt der Brief von Bürgermeister Wojciech Kankowski und seinem Stellvertreter Tomasz Szymkowiak an Doris Neugebauer.
Überhaupt sind die Bürger aus Zukowo nicht unbedingt Fans der national-konservativen Partei Pis, die die LGBT-Freiheit unterstützt und für ihren Wahlkampf genutzt hat. Dies zeigte sich bei der Präsidentschaftswahl am 12. Juli. In Zukowo wäre der spätere Präsident Andrzej Sebastian Duda mit 39,85 Prozent (8737 Stimmen) gescheitert.
Die Mehrheit in der Wendelsteiner Partner-Gemeinde holte Rafa Kazimierz Trzaskowski mit 60,15 Prozent (13 190 Stimmen). Die Wahlbeteiligung in Zukowo betrug 74,85 Prozent, die Zahl der Wahlberechtigten 29 604. Ähnlich sieht es im Bezirk Pommern aus. Trzaskowski erhielt hier 59,84 Prozent, Duda 40,16 Prozent.
Keine Förderung von der EU
EU-Gleichstellungskommissarin Helena Dalli (57) lehnte Förderungen von Städtepartnerschaften für "LGBT-freie Zonen" in Polen ab. Die EU-Kommission hat sechs Anträge zur Förderung von Städtepartnerschaften abgewiesen, weil die beteiligten polnischen Kommunen sich zu "LGBT-freien Zonen" erklärt hatten. Die Mitgliedsstaaten seien verpflichtet, die Werte und Grundrechte der EU zu respektieren, forderte die aus Mal-
ta stammende sozialdemokratische Politikerin.
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