Tolles Handballderby: 36:32 der SG gegen Wendelstein
14.12.2015, 09:53 UhrNach dem Spiel standen sie draußen vor der Goldschlägerhalle und analysierten das Spiel. Die Zuschauer beider Lager und die Spieler beider Teams fachsimpelten und scherzten miteinander. Grundsätzlich war man sich einig, dass die bessere und vor allem ausgeglichener besetzte Mannschaft verdient gewonnen hat.
Die Szenen nach dem Spiel sind insofern erstaunlich, als während der Begegnung die Halle brodelte. Die mehr als 200 Fans bekamen ein Offensivspektakel geboten, in dem sich die Spieler beider Teams nichts schenkten. Mehr noch. Als das Schiedsrichtergespann zur Halbzeit bat, gingen die Erzrivalen nicht gleich in die Kabinen, sondern erst einmal aufeinander los. Nur mit Mühe konnten die Streithähne getrennt werden. Wer jetzt genau für was verantwortlich war, war im Getümmel gar nicht richtig auszumachen.
Hinterher, als die Schlacht geschlagen war, winkten aber alle Beteiligten ab. So ist Handball nun mal: voller Emotionen und Adrenalin auf dem Parkett, aber ein gutes Miteinander in der dritten Halbzeit.
Attraktives Spiel
Nun, auch wer bei dieser viel zitierten „dritten Halbzeit“ nicht dabei war, bekam in den zwei Halbzeiten davor einiges zu sehen. Die gastgebende SG hatte den besseren Start (5. Minute, 4:1), Wendelstein blieb dran (12., 7:6). Bis dorthin hatten die Angriffsreihen eine solche Wucht entwickelt, dass keiner der eingesetzten Torhüter einen Wurf entschärfen konnte. Wendelstein glich erstmals zum 7:7 aus und ging in der 18. Minute mit 10:9 in Führung. Es sollte das einzige Mal sein, dass Schwabach/Roth in Rückstand geriet. Mit einem Zwischenspurt sorgten die „Roten“ wieder für klare Verhältnisse und gingen mit einem einigermaßen beruhigenden 18:14 in die Pause. Nach dem Wechsel liefen die Gäste meist einem Drei- oder Vier-Tore-Rückstand hinterher, drei Mal allerdings wurde es noch einmal ganz eng: beim 28:27, beim 29:28 und schließlich beim 31:30. Am Ende verließen die Hausherren aber mit einem verdienten 36:32 die Halle.
Nicht gegen die SG
„Gegen einen anderen Gegner hätten wir das Spiel vielleicht noch drehen können“, sagte hinterher ein entspannter Trainer Marcus Grüßner von den unterlegenen Wendelsteinern. „Aber nicht gegen eine solche Schwabacher Mannschaft.“ Grüßner fand, dass das „Ergebnis in Ordnung“ ging und er lobte die zentrale Achse des Gegners mit Zschunke/Lutsch/Götz/Reichel, die halt in engen Situationen immer da sei und Verantwortung übernehme.
Wer Grüßner in den Katakomben sah, wie er, die Hände in die Hosentasche ge- steckt, mit leiser Stimme die Niederlage seiner Truppe bewertete, der konnte gar nicht glauben, dass es sich dabei um den selben Marcus Grüßner handelte, der noch wenige Minuten zuvor sich an der Seitenlinie fast die Lunge aus dem Hals gebrüllt hatte, der lautstark die Schiedsrichter kritisiert und der, so schien es, am liebsten die Auswechselbank zertrümmert hätte.
Doch nach dem Spiel gratulierte er artig dem Sieger und warf den Blick in die Zukunft. Wendelstein war ja mit einer Niederlagenserie in die Saison gestartet, hat sich inzwischen aber ein wenig berappelt, verbuchte in den vergangenen Wochen zwei Siege und zwei Unentschieden und rangiert jetzt knapp vor den Abstiegsplätzen. Grüßner ist überzeugt, dass das so bleibt. „Ich sehe die Mannschaft im Training, ich sehe, wie sie sich entwickelt, und was ich sehe, das gefällt mir.“
Die „Weißen“ benötigten nach dem Weggang ihres Top-Shooters Tobias Hönig zwar eine lange Anlaufzeit. Doch inzwischen wirkt die Mannschaft etwas variabler. Hönigs jüngerer Bruder Andreas, am Samstag mit zehn Toren bester Schütze seines Teams, hat sich prächtig entwickelt. Wendelsteins Spezialität, das überfallartige Konterspiel über den pfeilschnellen Andreas Steigerwald, ist so spektakulär anzuschauen wie eh und je.
Der Gegenentwurf
Dass es gegen die SG Schwabach/Roth nicht reichen würde, hat nicht nur Marcus Grüßner nicht überrascht, sondern auch sein Gegenüber. Johannes Sagmeister ist gewissermaßen der Gegenentwurf des Wendelsteiner Trainers an der Seitenauslinie. Dort gibt er eher den Beobachter. Kritik an den beiden Schiedsrichtern gibt es auch beim SG-Coach, aber die klingt eher so, als würde Sagmeister dabei ein Gespräch mit sich selbst führen. Nach dem Schlusspfiff ging der Coach aber für seine Verhältnisse aus sich heraus und tanzte mit seinen Spielern um den Mittelkreis. „Landesliga, Landesliga, hey, hey, hey“, sangen die Sieger unter dem Beifall der Fans von der Tribüne und überreichten gleich ihrem Trainer noch ein Geschenk, weil der unter der Woche Geburtstag gehabt hatte.
Kaum aus dem Kreis zurück, war Sagmeister aber wieder ganz der alte. „Landesliga?“, fragte er und schmunzelte dabei ein bisschen. „Habe ich nicht gehört.“ Natürlich habe er ein tolles Team beisammen. Er könne auf vielen Positionen ohne Qualitätsverlust wechseln. Das mache sich oft in den Schlussphasen der Spiele bezahlt, wenn der nicht ganz so breit aufgestellte Gegner konditionell nachlasse. Der Kader gehöre sicher zu den „besten drei in der Bezirksoberliga“. Insofern werde die Landesliga irgendwann sicherlich ein Thema. Ob heuer schon, ist eine andere Frage. „Dafür hätten wir nicht nur heute gegen Wendelstein gewinnen müssen“, sagte Sagmeister gewohnt analytisch, bevor er sich wieder in die Kabine zurückzog, „sondern auch vergangene Woche beim Tabellenführer in Ansbach“.
SG Schwabach/Roth: Junic, Klemm (Tor), Zschunke (15), Rösch (2), Geck (3), Scherbel, Zintl, Schwarz, Schöner (1), Nester (1), Götz (3), Reichel (6), Lutsch (5), Bauer.
TSV Wendelstein: Hellfaier, Walwei (Tor), Hönig (10), Hölzl (1), T. Steigerwald, Böhm (2), Freller (2), Meier (4), Müller (2), A. Steigerwald (8), Rink (2), Pfliegerbauer, Jansen (1).
Bezirksoberliga Männer
SG Schwabach/Roth – TSV Wendelstein 36:32, HG Zirndorf – HG/HSC Fürth 29:23, TSV Ro- thenburg II – HG Ansbach 27:29, MTV Stadeln – Post SV Nürnberg 28:22, TSV Lichtenau – HSG Lauf/Heroldsberg II 19:29.
1. HG Ansbach 10 309:269 18:2
2. HG Zirndorf 10 264:239 16:4
3. SG Schwabach/Roth 10 339:279 14:6
4. Lauf/Heroldsberg II 10 307:280 14:6
5. MTV Stadeln 10 277:244 13:7
6. TSV Lichtenau 10 289:282 11:9
7. Post SV Nürnberg 10 268:272 10:10
8. ESV Flügelrad 9 248:244 8:10
9. TSV Wendelstein 10 293:298 6:14
10. HG/HSC Fürth 10 252:317 4:16
11. TSV Stein 9 229:288 2:16
12. TSV Rothenburg II 10 227:290 2:18
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