Weltnettigkeitstag: "Regeln darf man brechen"

13.11.2020, 09:52 Uhr
„Nett“ setzt Franka Elsbett-Klumpers auch mit „guten Manieren“, „Respekt“ und „Höflichkeit“ in Verbindung. Da gehört es für sie auch dazu, zu wissen, dass man ein gutes Weinglas nicht am Kelch in die Hand nimmt.

© Eugenio Marongiu via www.imago-images.de „Nett“ setzt Franka Elsbett-Klumpers auch mit „guten Manieren“, „Respekt“ und „Höflichkeit“ in Verbindung. Da gehört es für sie auch dazu, zu wissen, dass man ein gutes Weinglas nicht am Kelch in die Hand nimmt.

Der Weltnettigkeitstag wurde am 13.11.1998 in Tokio begründet. Ziel des Aktionstages ist es, den freundlichen Umgang miteinander zu befürworten. Was insgesamt zu einer freundlicheren Welt führen soll. Nett und freundlich – mit diesen beiden Begriffen arbeitet auch die Hilpoltsteiner Etikette- und Kommunikationstrainerin Franka Elsbett-Klumpers in ihren Seminaren.

Frau Elsbeth-Klumpers - heute schon an den Nettigkeitstag gedacht?

Ach, irgendwie ist der heuer ein bisschen untergegangen. Im vergangenen Jahr habe ich dazu noch einen eigenen Blog geschrieben. Irgendwie läuft in dem Jahr alles ein bisschen anders als sonst.

Bedeutet "anders" auch, dass der Umgang untereinander "anders" ist in Zeiten von Corona?

Absolut. Das fällt mir fast jeden Tag auf. Beispielsweise beim Einkaufen. Irgendwie ist die Stimmung gereizter, der Ton ist lauter, aggressiver. Die Menschen sind ungeduldig.

Weltnettigkeitstag:

© Foto: privat

Auf was führen Sie das zurück?

Meiner Meinung nach ist ein Grund dafür, dass wir alle durch die Maske etwas lauter reden müssen. Das wirkt schon von vorneherein irgendwie aggressiver als bei leisen Tönen. Und gemäß dem Sprichwort "Wie man in den Wald rein ruft, kommt es zurück", reagiert unser Gegenüber dann auch eher gereizt. Und dann kommt noch dazu, dass wir durch die Maske unserer Mimik beraubt sind, aus der wir alle ebenfalls "lesen". Also genau genommen beruht unser derzeitiger, sagen wir mal ,sehr nüchterne‘ Umgang auch auf einer Aneinanderreihung von Missverständnissen.

Sie sagen, das sei ein Grund. Welche gibt es denn noch?

Ich glaube, dass die Menschen tendenziell derzeit schon von der Grundstimmung her gereizter sind. Vom ständigen Abwarten. Auf das, was die Politik sagt und will. Oder ganz einfach auf Nachrichten aus der Schule, ob beispielsweise wieder homeschooling angesagt ist. Ich weiß wovon ich rede, denn ich habe selbst zwei Schulkinder und einen Mann, der seit Wochen im Homeoffice arbeitet.

Irgendwie ist es doch dann auch verständlich, wenn man dann eher mal schlecht drauf ist, oder?

Finde ich nicht. Wenn ich genervt bin vom Anstehen an der Kasse. Oder vom Maske-tragen. Da kann doch mein Gegenüber nichts dafür. Ich muss dann nicht durch Unfreundlichkeit mein Problem zu seinem machen. Für mich ist Freundlichkeit und Höflichkeit eine Form von Respekt dem Anderen gegenüber, auf den ich selbst auch nicht verzichten will.

Zurück zum Nettigkeitstag. Sie sind ja beruflich Fachfrau für ein freundliches Miteinander. Was ist "nett"?

Also für mich ist das ein zweischneidiges Schwert. "Nett" im Sinn von "höflich" ist für jeden interessant. Denn wenn man gute Manieren beherrscht, die das Höflich-sein ja einschließen, gibt einem das Sicherheit, wie ich mich in der Gesellschaft bewegen muss. Dann komme ich privat wie beruflich besser an als ohne Manieren. Wenn ich ,nett‘ definiere im Sinn von "nicht nein-sagen-können", dann ist Nett-sein für mich negativ besetzt.

Apropos Manieren. Da denkt man doch gleich an den guten, alten Knigge. Ist der nicht doch schon verstaubt?

Also mir geht es in meinen Seminaren darum, gewisse Grundbegriffe zu vermitteln; zugleich mit einem Gespür dafür, wann ich Regeln auch mal brechen kann. Wenn ich meine, die Pizza, die ich mir mit Freunden geholt habe, partout mit Messer und Gabel essen zu müssen, statt - wie alle anderen - aus der Hand. Dann mache ich mich nur zum Affen. Mehr aber auch nicht.

Gibt es etwas im Baukasten "gute Manieren" etwas, auf das Sie grundsätzlich nicht verzichten möchten?

Was ich - coronabedingt - wirklich im beruflichen Umgang vermisse, ist der Händedruck. Für mich vermittelt er, gerade bei ersten Begegnungen, einen ersten Eindruck von dem Menschen. Die Wirkung eines guten Händedrucks sollte man wirklich nicht unterschätzen! Und wo ich echt Gänsehaut bekomme ist, wenn Gäste das gute Weinglas am Kelch nehmen statt am Stil. Ich sage dann nichts. Ich will ja niemanden blamieren. Das wiederum wäre ja unhöflich.

Keine Kommentare