Zimmerer war vier Jahre „auf der Walz“ durch Europa

13.8.2013, 09:19 Uhr
Zimmerer war vier Jahre „auf der Walz“ durch Europa

© Robert Schmitt

Mehr als zwei Stunden haben am Samstagnachmittag über 30 Verwandte, Freunde und Arbeitskollegen auf Alexander Schuster gewartet. Der 25-jährige Zimmerer ist vier Jahre und einen Tag auf Wanderschaft durch ganz Europa gewesen. „Auf der Walz“, wie die Handwerker ihre berufliche Erfahrungsreise nennen.

14 Gesellen unterwegs

Die beiden letzten Etappen von Nürnberg nach Schwabach und aus der Goldschlägerstadt nach Büchenbach ist Alexander von 13 Wandergesellen begleitet worden.

Die Freude am Büchenbacher Ortsschild war riesig, als der Junggeselle eintraf. Mutter Sylvia, Schwester Jasmin sowie die eigens aus der Nähe Braunschweigs angereisten Großeltern schlossen den Wanderer als erstes in die Arme.

Lob von ehemaligen Chefs

Doch nicht nur die nahe Verwandtschaft hatte weite Wege auf sich genommen, um die Rückkehr zu feiern. Je eine große Delegation aus der Schweiz und aus Schleswig-Holstein waren ebenfalls 500 und 750 Kilometer gefahren. In Zimmerer-Betrieben in Schwyz und Rickling hatte Alexander Schuster auf seiner Reise jeweils für mehrere Monate Station gemacht. Seine ehemaligen Chefs loben den Büchenbacher außerordentlich. „Er hat prima gearbeitet“, sagt der Holsteiner Zimmerermeister Hauke Hartz. „Ein netter Kerl und ein fleißiger Zimmerer“, ergänzt der Schweizer Polier Thomas Schallenberg.

Im Norden hat sich Alexander Schuster offenbar besonders wohl gefühlt. Denn dort hat er auch seine Freundin kennengelernt. Seit 2011 sind die 23-jährige Lisa und er ein Paar. Die Erzieherin war es auch, die den großen Bahnhof in Büchenbach organisiert hat. Sie fuhr in die Heimatgemeinde ihres Freundes und läutete drei Tage lang an vielen Türen. Die Verantwortlichen der Büchenbacher Kaninchenzüchter enttäuschten sie nicht.

Willkommensparty

In deren Vereinsheim am See fand am Samstagabend eine Willkommensparty statt. „Was meinst du, was da heute noch abgeht“, prophezeite ein Nordlicht während des Wartens am Ortsschild. Selbst Büchenbachs stellvertretender Bürgermeister Rudolf Staudt ließ es sich nicht nehmen, den vorübergehend verlorenen Sohn der Gemeinde willkommen zu heißen. Schließlich war das Rathaus eine der ersten Anlaufstellen Lisas gewesen.

Alexander Schuster war vier Jahre lang kreuz und quer durch Europa unterwegs gewesen. In Kiel, Hamburg und Berlin hat er ebenso gearbeitet wie in Schweden, Korsika, Frankreich, Italien und Kroatien, wo er eine Bar für ein Mittelalterfest gebaut hat. Sechs Monate war er in der Schweiz.

„Rechtschaffenen Fremden“

Er gehört der Wandergesellenvereinigung der „Rechtschaffenen Fremden“ an. Ihr Erkennungszeichen ist die „Schwarze Ehrbarkeit“, eine Art Krawatte auf die das Zunft-Abzeichen der Zimmerer gesteckt wird. Der Altgeselle des Schweizer Kantons Sankt Gallen, also der Chef der Rechtschaffenen dort, war ebenfalls in Büchenbach zu Gast. Hansueli Diem schätzt Alexander Schuster als Mensch und Zimmerer sehr.

Die Vereinigung unterhält Übernachtungsheime für die Gesellen und dient auch als zentrale Kommunikationsstelle. 13 Zimmerer, Maurer, Dachdecker und Klempner warteten deshalb in Nürnberg auf ihren heimkehrenden Gesellen-Kollegen. Die letzten 25 Kilometer seiner Europa-Tour sollte Alexander Schuster nicht alleine absolvieren müssen.

Einkehr in die Wirtshäuser

In Schwabach stellten sie sich gegen 14 Uhr vor dem Rathaus zu einem Abschiedsfoto auf. Dann machten sie sich auf den Weg nach Büchenbach. Zu Fuß, wie es Tradition ist. Eine andere Tradition ist es, beim Marsch nicht den geraden Weg zu suchen. Häufig werden Abstecher und Umwege gemacht. Kein Wirtshaus bleibt unbesucht. Zuweilen bildet man auch mitten auf der Fahrbahn einen Kreis, um zu singen und Wein kreisen zu lassen.

Gegen 17.30 Uhr kam die Gruppe mit den typischen Uniformen in Sichtweite.

Sie bot auf den letzten 500 Metern ein einzigartiges Schauspiel. Immer wieder lief man in die Felder, kreuzte die Straße und umkreiste Autos.

Walz beendet

Gute 20 Minuten brauchten die Wandergesellen für das letzte Stück und brachten den Verkehr dabei mehrmals zum Stehen. Nach der ersten Begrüßungsfreude bildeten die Gesellen mit ihren Wanderstöcken eine Treppe, auf der Alexander das Ortsschild erklomm. Damit war seine Walz offiziell beendet.

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