Der Fall Franco A.
Terrorprozess um Franco A.: Gab es ein Waffenlager in Franken?
20.5.2021, 20:05 UhrFranco A. war als deutscher Soldat im Rang eines Oberleutnants beim Jägerbataillon 291 in Illkirch im Elsass stationiert, als er Ende 2015 unbemerkt in seiner Heimatstadt Offenbach einen Antrag auf Asyl stellte. Er nannte sich auf dem Amt "David Benjamin" und gab an, syrischer Flüchtling zu sein. Über die Balkanroute sei er nach Deutschland gekommen, Papiere habe er keine.
Obwohl er kein Wort Arabisch sprach, landete er zu Jahresbeginn 2016 in der Erstaufnahme-Einrichtung für Flüchtlinge in Zirndorf, später in einer Unterkunft in Erding. Er bezog regelmäßig Sozialleistungen, und beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Nürnberg schöpfte niemand Verdacht, als die Anhörung des damals 27-Jährigen nur auf Französisch geführt werden konnte.
Pistole auf der Toilette
Sein merkwürdiges Doppelleben flog erst ein Jahr später auf. Eine Reinigungskraft entdeckte Anfang 2017 in einer Toilette des Wiener Flughafens Schwechat eine versteckte Pistole und alarmierte die Polizei. Die nahm Franco A. fest, als er die scharfe Waffe mit Kaliber 7,65 mm abholen wollte. Schon kurz danach übernahm die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen.
Denn Franco A. war nicht nur Elitesoldat einer deutsch-französischen Brigade, sondern er soll als getarnter Asylbewerber Anschläge vorbereitet haben, möglicherweise auf den damaligen Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), die Vizepräsidentin des Bundestages Claudia Roth (Grüne) oder eine Menschenrechtsaktivistin.
Zum Prozessauftakt vor dem Oberlandesgericht Frankfurt warf ihm die Anklage auch vor, Munition und Sprengkörper sowie Waffenzubehör aus Beständen der Bundeswehr an sich genommen und unerlaubt zwei weitere Gewehre sowie die in Wien gefundene Pistole besessen zu haben. Es sei Franco A. auch darum gegangen, sagte die Anklagevertreterin, die geplanten Gewalttaten als Terrorakte eines anerkannten Asylbewerbers darzustellen und das Vertrauen in die Asylpolitik zu erschüttern.
Franco A., ein Rechtsterrorist: Diesen Vorwurf wiesen seine Anwälte zum Prozessauftakt zurück und sprachen stattdessen von "Rufmord" an ihrem Mandaten, der lediglich auf Missstände deutscher Asylpolitik aufmerksam habe machen wollen.
Behörde geriet in Erklärungsnot
Doch Franco A. soll auch in ein extrem rechtes Netzwerk in Deutschland verstrickt gewesen sein. Und gute Kontakte in Bayern gehabt haben. "Er war Teil der Chatgruppe Süd", sagt die Linken-Bundestagsabgeordnete Martina Renner, eine ausgewiesene Rechtsextremismus-Expertin.
Die Telegram-Chatgruppe "Süd" zählte nach Auskunft der Bundesregierung auf Renners Anfragen 59 Mitglieder, vor allem Soldaten und Polizisten, die sich für den "Tag X" rüsten, um dann die Macht an sich zu ziehen. Sie sollen Zugriff auf Kriegswaffen haben.
Besuch beim Waffenhändler in der Oberpfalz
Auch Franco A. soll ein Sturmgewehr besessen haben. Im Sommer 2016, als er bereits in Zirndorf registriert war, hat er zusammen mit einem anderen Chatmitglied ein Zielfernrohr für sein Schnellfeuergewehr bei einem Waffenhändler in Vohenstrauß in der Oberpfalz erworben.
In den Chats der Gruppe "Süd" sei es immer wieder um sogenannte Safe-Houses gegangen, also geheime Treffpunkte und Lagerräume für Waffen und Munition, sagt Robert Andreasch nordbayern.de, der seit Jahren die rechte Szene dokumentiert, als Gutachter gefragt ist und jetzt den Prozess beobachtet.
Auf einer Karte ist nach Andreasch' Angaben auch ein Safehouse eingezeichnet, dessen Koordinaten in Neustadt/Aisch in der Maistraße liegen. In einer dieser Chatnachrichten heiße es, am Treffpunkt in Neustadt an der Aisch seien ausreichend Waffen und Munition vorhanden, um sich "weiter durchzuschlagen".
MdB Martina Renner weist gegenüber unserer Redaktion darauf hin, dass Ermittler oft nur Teile von Waffen, wie Läufe, Griffe oder Zielfernrohre finden. Dies sei eine Methode von Rechtsextremen, um mit einem niedrigeren Strafmaß davonzukommen, sollte das Versteck auffliegen.
Im Zuge der Ermittlungen im verworrenen Fall von Franco A. stießen die Behörden auch auf die rechtsextreme Gruppe "Nordkreuz", die sich ähnlich wie die Gruppe "Süd" für den Umsturz bei einem Katastrophenfall rüstete. Bei "Nordkreuz" entdeckte man Munition, die für die bayerische Polizei bestimmt war. Ein Teil davon war zuvor an Spezialeinheiten in Nordbayern geliefert worden, wie der Bayerische Rundfunk aufdeckte. Wie die Patronen zu Nordkreuz gelangten, ist bis heute unklar.
Für den Prozess gegen Franco A. sind elf Verhandlungstage anberaumt.